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Lexikon der Biochemie: DNA-Methylierung

DNA-Methylierung, Methylierung von Adenin- und Cytosinresten der DNA unter Bildung von N6-Mehyladenin (m6A), 5-Methylcytosin (m5C) und N4-Methyladenin (m4A), wobei unterschiedliche Methylierungsgrade und -muster entstehen, die für die Ursprungsarten spezifisch sind. Die Methylgruppen ragen in die große Furche der B-DNA hinein. Bei eukaryontischer DNA ist in der Regel m5C die einzige methylierte Base. Sie kommt meistens in den CG-Dinucleotiden von Palindromsequenzen vor. Bei bestimmten Pflanzen können über 30 % der C-Reste methyliert vorliegen, bei der Säugetier-DNA ungefähr 70 %. Die Methylgruppen von m6A, m5C und m4A rühren bei allen Organismen von einem Transfer aus S-Adenosyl-L-methionin her.
 Restriktions-Modifikation. In Bakterien dienen die artspezifischen DNA-Methylierungsmuster dazu, die DNA der Zelle vor ihren eigenen Restriktionsendonucleasen zu schützen. Bei E. coli erfolgt die DNA-Methylierung hauptsächlich durch 1) die dam-Methyltransferase [Produkt des dam(DNA-Adenin-Methylierungs)-Gens; methyliert A in der Palindromsequenz GATC] und 2) die dcm-Methyltransferase [Produkt des dcm(DNA-Cytosin-Methylierungs)-Gens; methyliert C in den Palindromsequenzen CC(A oder T)GG]. Die DNA-Methyltransferase (M.HhaI) von Haemophilus haemolyticus methyliert einen C-Rest in der Sequenz 5'-GCGC-3' in der Doppelstrang-DNA unter Bildung von 5'-G-m5C-GC-3'. Die Röntgenstrukturanalyse des Komplexes von M.HhaI mit der selbstkomplementären Sequenz d(TGATAGCGCTATC) zeigt, dass die DNA in einer Spalte zwischen zwei Enzymdomänen gebunden wird. Das Zielcytosin bewegt sich aus der kleinen Furche heraus und fügt sich in das aktive Zentrum des Enzyms ein, wo es durch S-Adenosyl-L-methionin methyliert wird. Wenn das Zielcytosin sich aus seiner Position entfernt, hinterlässt es auf dem komplementären Strang ein exponiertes G. Die entstehende Lücke wird vorübergehend durch Gln237 der Enzymseitenkette ausgefüllt.
 Reparatur einer Fehlpaarung. In prokaryontischen Systemen spielt die DNA-Methylierung bei der Korrektur von falsch gepaarten Basen eine Rolle. Dieser Prozess ist als Fehlpaarungsreparatur (engl. mismatch repair) bekannt. Bei E. coli wird das Fehlpaarungsreparaturenzym durch die Gene mutH, mutL und mutS codiert. Das Enzym tastet neu replizierte DNA nach falsch gepaarten Basen ab, entfernt das Einzelstrangsegment, das das falsche Nucleotid enthält und die DNA-Polymerase fügt ein neues Segment ein, das die richtige Base enthält. Es ist aber außerdem ein Mechanismus zur Identifizierung der falschen Base eines fehlgepaarten Paares erforderlich. Dieser Mechanismus basiert darauf, dass die Methylierung hinter der Replikation zurückbleibt, so dass ein neu replizierter Tochterstrang für eine kurze Zeitspanne (Sekunden bis Minuten) vorübergehend weniger methyliert ist als sein Parentalstrang. Das Korrekturenzym kontrolliert den Methylierungsgrad jedes Strangs, indem es die unmethylierte Sequenz GATC erkennt, jedoch nicht ihr nachfolgendes Methylierungsprodukt G-m6A-TC.
 Eukaryontische Genregulation. Für die eukaryontische Genregulation ist die Methylierung von C-Resten in spezifischen CG-Dinucleotiden von Palindromsequenzen wichtig. CG-Dinucleotide kommen im eukaryontischen Genom nur 20 % häufiger vor, als sie bei einer zufälligen Verteilung vorliegen würden. Die Regulationsregionen vieler Gene strangaufwärts enthalten dagegen Inseln normaler CG-Frequenz. Durch Transfektion, Mikroinjektion und zellfreie Transcription konnte gezeigt werden, dass die spezifische Methylierung von C in den CpG-Dinucleotidresten in diesen Regulationsregionen strangaufwärts (sowohl das Muster als auch die Dichte der Methylierung sind wichtig) eine Inhibierung oder Inaktivierung des Promotors zur Folge hat, woraus eine Repression der Transcription resultiert.
 Repetitiv induziertes Stilllegen eines Gens (engl. gene silencing). Ein Hinweis auf das Vorkommen dieses Regulationsphänomens ergab sich erstmals als beobachtet wurde, dass eine konstruierte Markierungssubstanz in Nicotiana tabacum reversibel methyliert und inaktiviert wurde, nachdem ein zweites rekombinantes Gen, das die gleichen Homologien besitzt wie das inaktivierte Markergen, eingeführt wurde. Das Phänomen wurde bei mehreren anderen Pflanzen und bei filamentösen Pilzen beobachtet.
Die trans-Inaktivierung des Markergens hängt von der Gegenwart seines homologen Gegenstücks ab, das an einer anderen Stelle des Genoms inkorporiert wird. Wenn die beiden Transgene durch Segregation getrennt werden, wird die trans-inaktivierte Kopie in nachfolgenden Generationen reaktiviert. Dies impliziert, dass das still gelegte Transgen epigenetisch modifiziert wird und dass dieser Prozess durch den homologen Stilllegelocus initiiert wird. Wie empfindlich die Transgene in Bezug auf die homologieinduzierte Stilllegung reagieren, hängt von der Anordnung, Modifikation, Sekundärstruktur und dem Genomort der transgenen Sequenzen ab. Dieser Stilllegemechanismus hat klare Auswirkungen auf die Regulation der Genexpression in transgenen Pflanzen. 1987 wurde von einer inversen Korrelation zwischen der Kopienzahl des Transgens und der Genaktivität berichtet.
Ein gemeinsames Merkmal der transcriptionellen Stilllegung bei Pflanzen und prämeiotischer Geninaktivierung in filamentösen Pilzen ist die Methylierung von Cytosinresten in repetitiven DNA-Sequenzen. Zusätzlich zu der Möglichkeit, dass die DNA-Methylierung durch Konformationsänderungen induziert wird, ist es wahrscheinlich, dass auch fremde Sequenzen gezielt methyliert werden. Die Methylierung von repetitiven DNA-Sequenzen und von fremder DNA könnte dem Genom sowohl einen evolutionären Vorteil verleihen, als auch die Toleranz des Genoms gegenüber inkorporierten fremden Sequenzen erhöhen. Die Hypermethylierung verhindert die somatische Rekombination zwischen homologen Sequenzen, erzeugt still gelegte epigenetische Zustände (die unter begünstigenden Umweltbedingungen reaktiviert werden können) und erleichtert die evolutionäre Sequenzdivergenz durch Desaminierung von m5C, woraus die Mutation C→T folgt. [R.L.P. Adams Biochem. J. 265 (1990) 309-320; A. Razin u. H. Cedar Microbiol. Reviews 55 (1991) 451-458; A.P. Bird Cold Spring Harbor Symp. Quant. Biol. 58 (1993) 281-285; J.P. Jost u. H.P. Saluz (Hrsg.) DNA Methylation: Molecular Biology and Biological Significance, Birkhäuser, Basel, Boston, Berlin, 1993; E. Li et al. Nature 366 (1993) 362-365; G.L. Verdine Cell 76 (1994) 197-200; A. Razin u. T. Kafoi "DNA methylation from embryo to adult" Prog. Nucl. Acid Res. Mol. Biol. 48 (1994) 53-81; S.S. Smith "Biological Implications of the Mechanism of Action of Human DNA (Cytosin-5)methyltransferase" Prog. Nucl. Acid Res. Mol. Biol. 49 (1994) 65-111; A.J.M. Matzke et al. "Homology-dependent gene silencing in transgenic plants – epistatic silencing loci contain multiple copies of methylated transgenes" Molecular and General Genetics 244 (1994) 219-229; X. Cheng "Structure and Function of DNA Methyltransferases" Annu. Rev. Biophys. Biomol. Struct. 24 (1995) 293-318; F. Radtke et al. Biol. Chem. Hoppe-Seyler 377 (1996) 47-56; P. Meyer "Repeat-Induced Gene Silencing: Common Mechanisms in Plants and Fungi" Biol. Chem. Hoppe-Seyler 377 (1996) 87-95; S. Prösch et al. Biol. Chem. Hoppe-Seyler 377 (1996) 195-201]

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