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Kompaktlexikon der Biologie: Zähne

Zähne, echte Zähne, Dentin-Zähne, Dentes (Singular Dens), Zellprodukte ekto- und mesodermaler Herkunft im Bereich der Mundhöhle (Mund) von Wirbeltieren einschließlich des Menschen, die phylogenetisch auf den Bauplan von Plakoidschuppen (Schuppen) zurückgehen und diesen homolog sind. Zahnbein, Zahnmark (Zahnpulpa, Pulpa dentis), Zahnzement (Substantia ossea) und der umgebende Alveolarknochen stammen aus dem Mesoderm, der Zahnschmelz (Substantia adamantina) aus dem Ektoderm. Bei ursprünglichen Wirbeltieren (Fische, niedere Tetrapoda) können Z. an vielen Knochen der Mundhöhle und in der Speiseröhre vorkommen. Typisch für diese Tiergruppen ist die große Anzahl Z. und ihre z.T. unbeschränkte Regenerationsfähigkeit. Beide Merkmale werden im Laufe der Stammesgeschichte eingeschränkt zugunsten höherer Differenzierung und Leistungsfähigkeit des Einzelzahns. Bei känozoischen Säugern tragen schließlich nur noch die Kieferbögen Zähne, i.d.R. maximal 44 in höchstens zwei Generationen und in Gestalt von funktionsbestimmten Gebissen (Gebiss).

Die Zahnbildung (Odontogenie, Odontogenese) läuft ontogenetisch (z.B. beim Menschen) in der Weise ab, dass sich ab dem zweiten Embryonalmonat im Ober- und Unterkiefer je eine bogenförmige Zahnleiste (Schmelzleiste, Dentallamina) ektodermaler Abkunft in das umgebende Bindegewebe einsenkt. Aus der Zahnleiste knospen dann, entsprechend der Anzahl auszubildender Milchzähne, glockenförmige Schmelzorgane (Schmelzglocken) heraus, die innen die Gestalt der späteren Zahnkronen als Negativform vorzeichnen. Vom Innenraum (Pulpahöhle, Zahnhöhle, Cavum dentis) wächst embryonales Bindegewebe mit Nerven und Blutgefäßen in die Schmelzorgane ein, deren inneres Epithel den Zahnschmelz absondert. Die Ausbildung der zweiten Zahngeneration folgt bereits ab dem fünften Monat nach Empfängnis durch Verlängerung der Zahnleiste zur Ersatzzahnleiste.

Der aus dem Kieferknochen und Zahnfleisch (Gingiva) herausragende, meist schmelzüberzogene und selten noch zusätzlich zementbedeckte Teil der Zähne heißt Zahnkrone (Corona dentis); diese ist primär niederkronig (brachyodont), bei stärkerer Beanspruchung (z.B. bei Grasfressern) kann sie stammesgeschichtlich hochkronig (hypsodont) ausgestaltet werden. Die Kronen heterodonter (heterodont) Säuger weisen eine ihrer Funktion bei Nahrungsaufnahme und -zerkleinerung angepasste ein- oder mehrhöckerige Form auf. Frontzähne (Schneidezähne, Stoßzähne) und Praemolaren (vordere Backenzähne) sind allg. einfacher gebaut als die hinteren, echten Backenzähne oder Molaren. Durch Abkauung entstehen typische Kauflächenmuster (Usuren). Zwischen Krone und Wurzel vermittelt manchmal ein Zahnhals (Collum dentis, Cervix dentis). Die Zahnwurzel (Radix dentis), ein- oder mehrzählig ausgebildet und mit Zement bedeckt, dient bei Säugern und manchen Reptilien der (thecodonten) Befestigung der Zähne in (Zahn-)Alveolen (Zahnfächer, Zahngruben, Alveoli dentales) der Kiefer mittels ihrer Wurzelhaut (Zahnperiost, Parodontium). Bei Fischen, Amphibia und niederen Reptilia kann die Befestigung einfacher sein (pleurodont) oder akrodont, d.h. auf der Kante des Kiefers befestigt. Zumeist verschließt sich die primär weit offene Pulpahöhle am Ende des Wurzelwachstums bis auf eine enge Öffnung des Zahnwurzelkanals. Bei hypsodonten Zähnen tritt der Verschluss erst spät (z.B. Pferd) oder niemals mehr ein (z.B. bei Stoßzähnen und Nagezähnen); die Folgen sind Wurzellosigkeit und Dauerwachstum.

Zahnformen. Bei Fischen, Amphibien und Reptilien finden sich primitive wurzellose Z., die kegelfömig spitz (Kegel-Z.) oder bei vielen Fischen und Reptilien pflastersteinförmig (Pflaster-Z.), bei Haien kantig oder auch mehrzackig geformt sein können, in ihrer Gesamtheit jedoch immer weitgehend gleich gestaltet sind und ein homodontes Gebiss bilden. Bei den Säugetieren inklusive des Menschen ist das Gebiss heterodont. Es gliedert sich in Schneidezähne (Incisivi), Eckzähne (Canini), Vorbackenzähne (Prämolaren) und Backenzähne (Mahlzähne, Molaren), Die nicht wechselnden Backenzähne besitzen meist besonders geformte Kronenoberflächen, wobei beim Kieferschluss die Höcker und Kanten der Ober- und Unterkieferzähne genau ineinander passen, was das Zermahlen der Nahrung in kleinste Teile ermöglicht. In Anpassung an die Ernährungsweise können vielfältige Abwandlungen im Gebiss der einzelnen Tiergruppen auftreten. Bei Pflanzenfressern können die Backenzähne sehr kompliziert gebaut sein, bei den Zahnwalen (Odontoceti) sind sie sekundär wieder zu Kegel-Z. umgebildet. Raubtiere (Carnivora) benutzen Schneidezähne und Eckzähne, um die Beute zu fassen und zu töten, dementsprechend sind die Eckzähne oft besonders stark ausgebildet (Reiß-Z.). Paarhufer (Artiodactyla) haben im Oberkiefer überhaupt keine Schneidezähne, sondern eine Hornplatte, dafür trägt der Unterkiefer sechs Schneidezähne, die nach vorne gerichtet sind und mit den Eckzähnen zusammen eine Schneide bilden. Nagetiere (Rodentia) besitzen in Unter- und Oberkiefer je ein Paar großer meißelartiger Schneidezähne (Nagezähne), die stark gebogen und sehr lang sind und zeitlebens nachwachsen.

So genannte Hornzähne, die im Maul der Rundmäuler und als Larvalorgane der Froschlurche (Kaulquappe) vorkommen, entstehen im Gegensatz zu echten Z. aus verhornten Epidermiszellen. (Zahnkaries)



Zähne: 1 Längsschnitt durcch einen Schneidezahn; a Zahnschmelz, b Zahnbein, c Zementschicht, d Zahnmark, e Wurzelloch, f Zahnfleisch, g Wurzelhaut, h Kieferknochen. 2 Anordnung der Zähne im Oberkiefer des Menschen und die Reihenfolge des Zahndurchbruchs, a der Milchzähne, b der bleibenden Zähne; die rechts stehenden Zahlen geben die Zeiten des Durchbruchs, die links stehenden die Reihenfolge an. 3 Zahnformel des bleibenden Gebisses des Menschen

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Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
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Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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