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Kompaktlexikon der Biologie: Carotinoide

Carotinoide, Lipochrome, gelbe, rote oder purpurfarbene, im Pflanzen- und Tierreich weit verbreitete lipophile Pigmente, die meist aus acht Prenyl-Einheiten aufgebaut sind und daher zur Klasse der Tetraterpene (C40-Körper) zählen. Die meisten C. lassen sich formal von dem azyklischen Lycopin (C40H56) ableiten ( vgl. Abb. ) und entstehen durch Zyklisierung der Endgruppen, Hydrierung oder Dehydrierung oder auch Einführung von Sauerstoff. Die C., die keinen Sauerstoff enthalten, werden als Carotine bezeichnet, im Unterschied zu den sauerstoffhaltigen Xanthophyllen. Die Farbigkeit der C., die wegen ihrer Fettlöslichkeit auch Lipochrome genannt werden, beruht auf dem System mehrerer konjugierter Doppelbindungen, durch die je nach Anzahl und Lage der Doppelbindungen Licht der Wellenlängen bis über 500 nm absorbiert (Absorption) wird, meist mit mehreren Absorptionsmaxima.

Die Biosynthese der C. ( vgl. Abb. ) höherer Pflanzen findet in den Chloroplasten bzw. Chromoplasten und zunächst gemeinsam mit der Synthese anderer Isoprenoide statt. Ausgehend von 3 – Isopentenylpyrophosphat („aktives Isopren“) wird über mehrere Zwischenstufen schließlich Lycopin gebildet, aus dem erst durch Zyklisierungsreaktionen weitere C. gebildet werden, die wiederum Ausgangssubstanzen für die Vielzahl der C. sind. Da nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. Ergrünen von Keimlingen, Fruchtreifung) größere Mengen an C. gebildet werden, muss eine Regulation ihrer Biosynthese erfolgen. Im Mycel des Pilzes Fusarium aquaeductuum z.B. wird die Biosynthese der Carotinoide durch Licht (Blaulicht, unter 520 nm Wellenlänge) induziert, gesteuert durch das Phytochrom-System.

Die C. der Höheren Pflanzen kommen in Laubblättern, Früchten, im Spross, den Wurzeln, den Antheren, Pollen und den Samen in Plastiden vor. Die C. der Thylakoidmembran in Chloroplasten grüner Laubblätter sind stets β-Carotin, Lutein, Violaxanthin und Neoxanthin. Ihre Farbe tritt im Herbstlaub hervor (Herbstfärbung), wenn im Verlauf der Seneszenz der Laubblätter das Chlorophyll verschwindet und die Chloroplasten in Chromoplasten umgewandelt werden. Ähnliches geschieht bei der Fruchtreifung, bei der die Umwandlung von Chloroplasten mit einer Synthese und Akkumulation von C. einhergeht. Die C. der Chromoplasten können membrangebunden, in Lipidtropfen oder als Kristalle vorliegen, wobei letztere schließlich als Kristalle ins Cytoplasma ausgestoßen werden (z.B. die Carotin-Kristalle im Speichergewebe der Möhre). Die C. der Algen, aus deren charakteristischem Muster des Auftretens in den einzelnen Algenklassen sich ein Evolutionsschema aufstellen ließ, sind in Chromatophoren enthalten, die dadurch orange bis leuchtend rot gefärbt sind (z.B. Augenfleck von Euglena.) Auch Cyanobakterien besitzen C., insbesondere β-Carotin und bei Bakterien findet man eine Reihe von C. mit ungewöhnlichen Strukturen.

Tierische Organismen können C. nicht selber synthetisieren, daher stammen deren C. alle aus pflanzlicher Nahrung. Sie können die aufgenommenen C. jedoch umwandeln (z.B. Zeaxanthin in Astaxanthin). C. finden sich bei tierischen Organismen z.B. in der Haut, in Schalen und im Panzer, in Schnabel und Gefieder von Vögeln, im Eidotter, in der Milch, im Blutplasma, in den Keimdrüsen (z.B. Gelbkörper) sowie in den Augenpigmenten.

Die Funktion der C. hängt mit ihrer Fähigkeit zur Lichtabsorption im Blau- und UV-Bereich zusammen. Hauptaufgabe der C. in fotosynthetischen Systemen ist neben der Lichtabsorption (Antennenpigmente) der Schutz vor Sauerstoffradikalen, die entstehen, wenn bei der Fotosynthese die Energie des angeregten Chlorophylls nicht schnell genug weitergeleitet wird. Die C. leiten die überschüssige Lichtenergie durch Umwandlung in Wärme ab. Auch in nicht-fotosynthetischen Geweben höherer Pflanzen, in Pilzen und nicht-fotosynthetischen Bakterien dienen C. als Schirmpigmente. In Blütenblättern und Früchten haben C. als Lockfarben für Tiere Bedeutung. Sehr wichtig ist die biologische Funktion einiger C. als Provitamin (β-Carotin als Provitamin A).



Carotinoide: Die obere Formel zeigt Lycopin (C40H56), das die Grundstruktur der C. bildet, die untere zeigt β-Carotin, das im Tier- und Pflanzenreich häufigste Carotinoid

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Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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