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Kompaktlexikon der Biologie: Evolutionstheorien

Evolutionstheorien, Theorien über die Entwicklung der Vielfalt der Lebewesen, über ihre (gemeinsame) Abstammung und die Ursachen des evolutiven Wandels der belebten Welt. Zweifel an der Konstanz der Arten äußerte bereits C.v. Linné in der letzten Auflage seiner „Systema naturae“. Jedoch war J.B.de Lamarck der Erste, der (seit 1800) eine Theorie der Abstammung der Organismen von einfacheren Formen in seinen Vorlesungen vertrat. Triebfeder sollte eine Art Vervollkommnungstrieb sein, der den Organismen innewohnt, und Organe sollten sich durch Gebrauch bzw. Nichtgebrauch ändern. (Lamarckismus). Einen Gegenpol zur Lamarck'schen Abstammungstheorie bildete die Katastrophentheorie des Zoologen G. Baron de Cuvier. Er vertrat weiterhin die Konstanz der durch Schöpfung entstandenen Arten und hielt Fossilien für die Opfer von Katastrophen, die einige Tausend Jahre zurücklägen. C. Darwin war es, der mit seinem Buch „On the Origin of Species“, das etwa zeitgleich mit den unabhängig entstandenen, ähnlichen Erkenntnissen von A.R. Wallace veröffentlicht wurde, dem Evolutionsgedanken zum Durchbruch verhalf (Darwinismus). Er war es auch, der später den Menschen konsequent in seine Evolutionstheorie mit einbezog und die Abstammung des Menschen und der Menschenaffen von gemeinsamen Vorfahren postulierte, ein Gedanke, der zu jener Zeit eine Welle der Empörung auslöste. Die Wiederentdeckung der Mendel-Regeln um 1900 verhalf zu einem besseren Verständnis der Variation in einer Population: Mutation und Rekombination wurden als Ursache der Variabilität erkannt. Doch erst die in den 1940er-Jahren entwickelte Synthetische Theorie der Evolution, die populationsgenetische Evolutionsfaktoren wie Gendrift, Genfluss, Meiotic drive mit in die E. einbezog, ließ die Rolle der Selektion im Evolutionsprozess klarer werden. Die Systemtheorie der Evolution geht noch einen Schritt weiter, indem sie die gegenseitige Beeinflussung von Strukturen und Funktionen in einem Organismus mitberücksichtigt. Sie betrachtet Evolution als das Resultat von inneren und äußeren Mechanismen der Selektion, wobei unter innerer Selektion die Gesamtheit der Selbstregulationsvorgänge in einem Organismus verstanden wird. Nach einem Konzept der vernetzten Kausalität sollen nicht nur die Gene Merkmale bedingen, sondern diese auch auf die Gene zurückwirken.

Die Theorie des Punktualismus (punctuated euqilibrium, unterbrochenes Gleichgewicht) geht von einer stoßweisen Evolution aus: Auf lange Perioden, in denen eine Art unverändert blieb, folgten solche, in denen abrupte Änderungen erfolgten. Hauptargument sind Sprünge oder Lücken in den Fossilfunden. Gradualisten (Gradualismus) hingegen führen Sprünge im Fossilbefund auf fehlendes fossiles Material zurück und gehen von einem graduellen Wandel der Arten aus (additive Typogenese).

In der jüdisch-christlichen Kultur begründet liegt die Theorie des heute vor allem in den USA noch (oder wieder) verbreiteten Kreationismus, der am Schöpfungsgedanken festhält und jede Evolution im Sinne Darwins ablehnt. (Evolution)

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  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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