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Lexikon der Chemie: Tenside

Tenside, Surfactants (von engl. ›surface active agent‹), nieder- bis mittelmolekulare amphiphile grenzflächenaktive Verbindungen, die als hydrophoben Molekülteil mindestens einen Kohlenwasserstoffrest mit 8 bis 20 Kohlenstoffatomen und als hydrophilen Molekülteil geladene oder ungeladene polare Gruppen enthalten.

1) Anionische T. (Anionics) haben negativ geladene hydrophile Gruppen, wie Carboxy-, Sulfonat-, Sulfat-, Phosphonat- und Phosphatgruppen. Die wichtigsten anionischen T. sind Seifen, Alkylbenzolsulfonate, Alkylethersulfate, Alkansulfonate und Alkylsulfate sowie Lignin- und Petroleumsulfonate.

2) Kationische T. (Kationics) haben positiv geladene hydrophile Gruppen, wie Ammonium-, Phosphonium- oder protonierte Amin-N-oxid-Gruppen. Wichtig sind quartäre Ammoniumsalze mit einem langkettigen Alkylrest als Desinfektionsmittel und mit zwei langkettigen Alkylresten als Weichspüler. Die Ammoniumgruppe kann auch Teil eines Heterocyclus sein, z. B. eines Imidazolinium-Ions.

3) Nichtionische T. (Nonionics, Niotenside) haben als hydrophilen Molekülteil Ethergruppen, insbesondere Oxoethylengruppen, Amin-N-oxid- oder Sulfoxidfunktionen. Die wichtigsten nichtionischen T. sind Alkylphenolethoxylate, Fettalkoholethoxylate und Fettsäurealkanolamide sowie Ethenoxid-Propenoxid-Blockcooligomere, Alkylpolyglycoside (Zuckertenside) und langkettige Amin-N-oxide.

4) Amphotere T. (Amphotenside) enthalten in einem Molekül mindestens eine zwitterionische Gruppe. Wichtig sind Carbo- und Sulfobetaine mit jeweils einer Ammonium- und einer Carboxy- bzw. Sulfonsäuregruppe sowie mindestens einem hydrophoben Molekülteil.

5) Spezialtenside. Eine gewisse Bedeutung haben Fluortenside, die einen (per)fluorierten Kohlenwasserstoffrest aufweisen, aufgrund der erreichbaren besonders niedrigen Oberflächenspannung in wäßrigen Lösungen und Siliciumtenside.

Eigenschaften. T. werden an Grenzflächen orientiert adsorbiert, verringern dadurch die Grenzflächenspannung und bilden in Lösung oberhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration Assoziationskolloide, die Mizellen, die in wäßrigen Lösungen wasserunlösliche Stoffe zu solubilisieren vermögen. Mit steigender Konzentration ergeben T. anisotrope Strukturen und nichtnewtonsches Fließverhalten. Über stäbchen- oder walzenförmige Mizellen entstehen laminare und lyotrope kristallin-flüssige Phasen, denen neuerdings Bedeutung für das Waschvermögen der T. zugeschrieben wird.

Verwendung. Die durch das Adsorptionsverhalten der T. bedingte Verminderung der Grenzflächenspannung Wasser/Öl bzw. Luft und Benetzung von Festkörpern, wie Fasern und harten Oberflächen, und die Solubilisierung begründen den Wirkstoffcharakter der T., der in der Formulierung funktioneller Chemieerzeugnisse immer breiter genutzt wird. T. werden vor allem in Kombination untereinander sowie mit nichttensidischen Begleit- und Hilfsstoffen zu Produkten für das Waschen und Reinigen, die Körperreinigung und Kosmetik, die Textil- und Lederveredlung, Emulsionspolymerisation, die Formulierung von Lacken und Farben, Pestiziden und Pharmaka, das Bau- und Feuerlöschwesen und die Erdölförderung (Tensid-Polymer-Fluten) verarbeitet.

Der Begriff Detergens ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff T.

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