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News: Künstliche Polarlichter

Polarlichter sind farbige Leuchterscheinungen am Nachthimmel, die unter günstigen Verhältnissen in der oberen Atmosphäre auftreten - aber um die Atmosphäre zu studieren, können Forscher nun auch künstliche Polarlichter erzeugen. Dafür sendeten sie nachts starke Radiowellen in den Himmel und fotografierten ihn, als niedrige Wolkenschichten aus ionisierten Atomen grün zurückstrahlten. Sie versprechen sich von dieser Technik genauere Beobachtungen der Ionosphäre - einer turbulenten und bisher schlecht verstandenen Athmosphärenschicht, welche Satelliten- und Radioübertragungen stören kann.
Wenn unsere Augen empfindlicher wären, würden wir ein schwaches rotes und grünes Glühen im Nachthimmel sehen, das von angeregtem Stickstoff und Sauerstoff in Hunderten von Kilometern Höhe herrührt. Im Hauptteil der Ionosphäre, der so genannten F-Schicht bei 200 bis 500 Kilometern Höhe, sind reichlich und ausreichend langlebige Ionen vorhanden, die sich empfindlichen Detektoren als Glimmen offenbaren. Aber um die darunterliegende E-Schicht zu messen, die für die Reflexion von Radiowellen bekannt ist, müssen die Forscher normalerweise Raketen abschießen oder fein fokussierte Radarstrahlen verwenden, die allerdings nur einen beschränkten Einblick in diese Himmelsregion gestatten. Weil die Ionendichte geringer ist, "glüht die E-Region nicht, und deshalb benötigt man ein Blitzlicht", meint Paul Bernhardt vom Naval Research Laboratory in Washington, D.C.

Das "Blitzlicht" von Bernhardt und seinen Kollegen bestand aus einem Aufgebot von Radiosendeantennen in der Nähe von Arecibo, Puerto Rico. Die Forscher beabsichtigten mit den Radiowellen Ionen in der F-Region anzuregen. Eines Nachts jedoch zog eine halbe Stunde lang eine Wolkenreihe mit ionisierten Metallatomen in einer Höhe von 85 bis 90 Kilometern auf und führte so zu einer ungewöhnlich hohen Dichte an Ionen in dieser geringen Höhe. Solch "sporadische E-Schichten" entstehen regelmäßig, wenn Meteoriten in der Erdatmosphäre verglühen. Die elektromagnetischen Wellen wandelten sich in der Ionosphäre in elektrische Feldwellen um und regten freie Elektronen zu einem so hohen Energieniveau an, dass sie mit Sauerstoffatomen kollidierten und diese dann grün fluoreszierten. Dieser Vorgang ist ähnlich zu einem natürlichen Polarlicht, mit der Ausnahme, dass die Energie eher von dem Radiosender stammte als vom Erdmagnetfeld oder dem Sonnenwind. Das grünliche Fluoreszieren ermöglichte den Forschern, die ersten Bilder von Strukturen in der unteren Ionosphäre zu fotografieren, mit einigen Wolken, die sich 25 bis 50 Kilometern über dem Himmel erstreckten. Michael Kelley von der Cornell University beabsichtigt nun, das Experiment während einer Zeit zu wiederholen, wenn Ionenwolken häufiger vorkommen. Dies soll den Forschern ermöglichen, die Hauptbestandteile und Wechselwirkungen in der E-Schicht mit einer kontrollierten Quelle von "Polarlicht-Energie" zu untersuchen. "Das ist eine Art von Mini-Polarlicht-Labor", meint er.

Michael Gordon von der Rice University in Houston hält die Studie für hervorragend. Er meint, dass es sehr wichtig sei, eine Methode für die Abbildung von Ionenwolken gefunden zu haben, weil diese erhebliche Effekte auf die Übertragung von zivilen und militärischen Radiosendungen und satellitengestützter Navigation mit dem Global Positioning System (GPS) hat. So können beispielsweise GPS-Signale, die durch eine sporadische E-Schicht empfangen werden, ihre Geschwindigkeit verringern, wodurch die Genauigkeit der Positionsdaten herabgesetzt wird. Bernhardt fasst seine Arbeit mit den Worten zusammen: "Jetzt haben wir eine neue Technik, um diese Schichten zu studieren, indem wir sie einfach fotografieren".

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