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News: Die Sonne im Visier

Anfang des Jahres hat Schweden auf der kanarischen Insel La Palma ein neues Teleskop zur Sonnenbeobachtung in Betrieb genommen. Die ersten Bilder zeigen erstaunliche Details von weniger als 100 Kilometer Größe.
Sonnenflecken
"Mit dem Wissen wächst der Zweifel", sprach einst Johann Wolfgang von Goethe und trifft auch heute den Nerv derer, die kürzlich auf der kanarischen Insel La Palma das allerbeste Sonnenteleskop in Betrieb nahmen. Über 20 Jahre lag das Ziel der Sonnenbeobachtung bei einer Auflösung von 0,1 Bogensekunden. Jetzt wurde es erreicht: mit dem Swedish 1-m Solar Telescope auf dem 2400 Meter hohen Roque de los Muchachos. Die neuen Einblicke sind spektakulär - und werfen mehr Fragen auf als sie beantworten.

Ziel der ersten Beobachtungen waren die Sonnenflecken, die Forscher schon vor 400 Jahren studierten, die aber bis heute in vielerlei Hinsicht geheimnisvoll sind. Bekannt ist, dass sie ungefähr 2000 Grad Celsius kühler sind als ihre Umgebung, weil in ihnen konzentrierte Magnetfelder den Aufstieg heißer Gase aus der Tiefe behindern. Aus diesem Grund erscheinen sie auf der Sonnenoberfläche als dunkle Flecken.

Ab einer Sonnenfleckengröße von einigen Tausend Kilometern sehen diese ein wenig aus wie Sonnenblumen, dann ist eine solche Umbra von einem Vorhof, einer Penumbra, umgeben. Alles, was man über diese Strukturen bislang wusste, ist, dass sie aus sich ständig verschlingenden, fadenförmigen Schläuchen zu bestehen scheinen, entlang derer heiße Gase strömen. Bei sehr großen Sonnenflecken mit über 20 000 Kilometer großen Umbrae können diese Filamente leicht 200 000 Kilometer weit reichen.

Diese Filamente haben Durchmesser von 150 bis 180 Kilometer und sind somit für herkömmliche Teleskope zu fein. Nicht so jedoch für das Swedish 1-m Solar Telescope, dessen ein Meter großer Spiegel aus 19 Segmenten besteht, die das Kernstück der adaptiven Optik sind. 1000 Mal lassen sich diese in jeder Sekunde so bewegen, dass das Flirren der Atmosphäre beinahe gänzlich ausgeglichen werden kann.

Im Gegensatz zur nächtlichen Sternenbeobachtung, bei der die atmosphärischen Störungen mithilfe eines "Standardsterns" ausgeglichen werden, kann dies bei der Erforschung der Sonne nur mithilfe von Strukturen auf der Sonne selbst erfolgen - in diesem Fall werden dazu die Granulen genutzt, denen die Photosphäre ihr körniges Erscheinungsbild verdankt.

Schließlich waren Göran Scharmer und seine Mitarbeiter auf diese Weise in der Lage, die Sonnenflecken in nie zuvor gekannter Auflösung von 0,1 Bogensekunden zu studieren und konnten somit Strukturen erkennen, die kleiner sind als 100 Kilometer.

Und davon gibt es offenbar eine ganze Reihe. So entdeckten die Wissenschaftler beispielsweise feine haarförmige Gebilde, die sich von einer Granule in die andere bewegen, und die vermutlich magnetische Pfade markieren. Zudem verfügen jene Filamente der Penumbra offenbar über dunkle Kerne, über deren Ursprung die Arbeitsgruppe nicht einmal richtig mutmaßen mag. Irgendwie dürften sie wohl durch das Wechselspiel von Magnetfeld und schnell strömenden Gasen entstehen.

Nicht nur die Erkenntnisse, die das neue Teleskop bislang erbrachte, sind faszinierend, sondern die Aussicht auf ein neues Zeitalter der Sonnenbeobachtung. Schon sind Freiburger Forscher dabei, mit GREGOR ein Sonnenteleskop mit einem 1,5 Meter weiten Spiegel herzurichten, und das Advanced Technology Solar Telescope soll ab 2010 sogar mit einem 4-Meter-Spiegel, ganz gemäß Goethe, noch mehr Verwirrung stiften.

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