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News: Wasser in Schüben

Winzig kleine Kanäle lassen Wasser in das Innere einer Zelle strömen. Doch von "strömen" kann nicht unbedingt die Rede sein, wie Wissenschaftler nun herausfanden.
Wasserporen
Früher waren Regenjacken grundsätzlich gelb, schwer und irgendwie unangenehm auf der Haut. Zwar hielten sie den Regen fern, doch feucht wurde es meist trotzdem – durch den Schweiß, der unter dem Plastik nicht mehr richtig verdunsten konnte. Heute ist die Allwetterkleidung glücklicherweise optisch etwas abwechslungsreicher, das Material leichter und nicht zuletzt "atmungsaktiv" – der Dunst kann also prima entweichen, Wassertröpfchen müssen jedoch draußen bleiben.

Ähnliches, nur viel ausgeklügelter, vollbringen auch die Kanal- und Transportproteine von Zellmembranen. Denn die winzigen Löcher versperren zum Teil sogar Ionen den Weg, während sie reines Wasser hindurchlassen. Solche Aquaporine sind bis zu zwei Nanometer lang und gerade mal 0,3 Nanometer im Durchmesser. In den schmalen Hohlräumen verhält sich Wasser mitunter gar nicht mehr wie Wasser – zumindest nicht unbedingt wie flüssiges. So stellten Wissenschaftler bereits fest, dass die feinen Röhrchen manchmal lediglich mit Wasserdampf gefüllt sind, die Moleküldichte also entsprechend gering ist.

Mit Computersimulationen fanden Oliver Beckstein und seine Kollegen von der University of Oxford vor zwei Jahren heraus, dass Kanäle, die größer als 1,4 Nanometer sind, Wasser enthalten, während 0,8 Nanometer kleine weitgehend leer sind – allerhöchstens ein paar Wassermoleküle halten sich hier auf. So richtig erbaulich fanden die Forscher dieses Ergebnis wohl noch nicht, zumal sich die Kanäle im Bereich zwischen diesen Grenzgrößen sehr wankelmütig verhielten. Mal waren sie Wasser gefüllt, mal nicht.

Offenbar waren sechs Nanosekunden simulierte Zeit noch etwas knapp bemessen, und so ließen Beckstein und Mark Sanson, ebenfalls aus Oxford, nun erneut ihre Rechner arbeiten. Diesmal sollten immerhin 50 Nanosekunden simuliert werden. Dazu modellierten die Forscher Poren mit einem Radius zwischen einem und 0,4 Nanometern und errechneten dort die Zahl der Wassermoleküle in Abhängigkeit von der Zeit. Diese Anzahl wurde dann durch das Porenvolumen geteilt, um schließlich die Teilchendichte zu bestimmen.

Das Ergebnis der Simulationen war erstaunlich. Denn die Poren waren nicht einfach nur mit Wasser gefüllt oder leer, sondern ihr Zustand wechselte periodisch zwischen diesen beiden Extremen hin und her. Dabei war die Wasserdichte der voluminösen Poren im Mittel größer, was sich schlichtweg dadurch ergab, dass sie länger mit Wasser gefüllt waren. Jenseits von 0,55 Nanometer Öffnungsradius waren sie fast ständig geflutet.

Beckstein und Sansom erklären das wechselhafte Verhalten der Poren mit kapillarer Verdunstung und Kondensation, die durch den Druck des Wasserreservoirs außerhalb der Poren angetrieben werden. So füllen sich Hohlräume in porösen Materialien häufig schon unterhalb des Sättigungsdampfdruckes mit Kondensat, da der Dampfdruck über einer konkav gewölbten Flüssigkeitsoberfläche geringer als der Sättigungsdampfdruck ist.

Inwieweit sich dieser simulierte, in Schüben stattfindende Wassertransport tatsächlich auch in der Natur wiederfindet, ist noch ungewiss. Die Wissenschaftler geben sich diesbezüglich noch vorsichtig. Jetzt sind also die Experimentatoren gefragt, den Effekt nachzuweisen.

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