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Verhaltensbiologie: Schimpansen töten Nachbarn und besiedeln deren Land

Schimpansen
Dass Männchen einer Schimpansengruppe regelmäßig Patrouillengänge durch die Randbereiche ihres Territoriums unternehmen, ist bereits ebenso bekannt wie die Tatsache, dass sie dabei Mitglieder anderer Gruppen angreifen und töten. Die Vermutung: Schimpansen attackieren, um das Territorium ihrer Nachbarn zu erobern. Nun wollen Forscher um John Mitani von der University of Michigan in Ann Arbor den ersten stichhaltigen Beleg für diese These gefunden haben.

Über rund ein Jahrzehnt haben Forscher eine ungewöhnlich große Schimpansengruppe im ugandischen Kibale-Nationalpark beobachtet. Dabei kam es zu 21 tödlichen Angriffen, 13 davon gegen Mitglieder einer der Nachbarhorden. Außerdem beobachteten die Forscher, dass sich ihre 150 Mitglieder starke Gruppe zusehends Teile des nun dünn besiedelten Nachbargebiets einverleibte.

Mitani und Kollegen gehen davon aus, dass die Gewalt der Männchenverbände tatsächlich das Ziel hatte, neue Gebiete und damit weitere Nahrungsressourcen nutzbar zu machen. Streng genommen sei aber nicht auszuschließen, dass Attacken und Expansion lediglich durch Zufall zusammenfielen. Dass Weibchen aus der ausgedünnten Gruppe in die der Aggressoren hinüberwechselten – was ebenfalls als Grund für die Aggression diskutiert wird –, wurde nicht beobachtet.

Auch wenn sich der Vergleich geradezu aufdrängt, Rückschlüsse auf den Ursprung menschlicher Kriegsführung will das Team um Mitani nicht ziehen. Wohl aber könnte das Verhalten eine Erklärung dafür bieten, warum Menschen und Schimpansen eine so außergewöhnliche Kooperationsfähigkeit an den Tag legten. Das gemeinsame Vorgehen gegen Nachbarn belohne den Sieger mit einer verbesserten Nahrungsversorgung und schlage sich daher als Selektionsfaktor nieder, der soziales Miteinander stärke. Ob die Vorteile eines Geländegewinns wirklich die Nachteile einer Unterordnung unter das Kollektiv aufwiegen können, sei eine Frage, der sich Forscher in Zukunft stellen müssten.

Die Menschenaffen zeigen auf ihren Patrouillengängen ein ganz eigenes Verhaltensrepertoire. Beispielsweise bewegen sie sich, einer hinter dem anderen, so lautlos wie möglich, während sie Ausschau nach Anzeichen fremder Schimpansen halten. Einen Angriff würden sie laut Mitani aber nur starten, wenn sie zahlenmäßig stark überlegen sind. (jd)

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  • Quellen
Mitani, J.C et al.: Lethal intergroup aggression leads to territorial expansion in wild chimpanzees. In: Current Biology 20 (12), 2010.

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