Direkt zum Inhalt

Biorhythmus: Haare verraten persönliche innere Uhrzeit

Innere Uhr
Menschen, die ihren Lebensunterhalt in wechselnden Früh- oder Spätschichten erarbeiten, sind nachweislich generell gesundheitsgefährdet: Sie leiden häufiger unter Schlaf- und Stoffwechselstörungen oder sogar an Krebs. Dabei sind die Reaktion des Körpers und seine Toleranz individuell aber sehr verschieden: Manche innere Uhr passt sich besser an als die andere. Warum, ist kaum geklärt und noch weniger leicht vorherzusagen. Japanische Forscher stellen nun aber immerhin eine Methode vor, mit der das Nach- und Vorgehen der persönlichen inneren Uhr von einzelnen Schichtarbeitern einfacher als zuvor bestimmt werden kann: anhand von regelmäßig gezupften Haaren.

Die Forscher um Makoto Akashi von der Universität im japanischen Yamaguchi hatten nach einer kostengünstigeren und praktikableren Möglichkeit gesucht, die Rhythmik der inneren Uhr einzelner Personen bestimmen zu können und die individuellen Auswirkungen von Schichtwechseln oder Jetlag zu ermitteln. Bislang konnte man zu diesem Zweck nur die über den Tag hinweg zyklisch wechselnde Produktionsgeschwindigkeit verschiedener Uhrproteine messen, zum Beispiel aus Zellen der Mundschleimhaut oder des Bluts. Dies sei fehleranfällig – in der Schleimhaut zerfallen die Proteine sehr schnell, im Blut verschiebt sich die Aktivität der Uhreiweiße gegenüber der zentralen Körperuhr manchmal drastisch und unreproduzierbar, erklären die Wissenschaftler.

Wie Akashi und Kollegen nun herausfanden, produziert der Körper aber auch – nach seiner eigenen Rhythmik und von Umwelteinflüssen beeinflusst – in den Haarfollikelzellen zyklisch Uhrproteine. Indem sie die Boten-RNAs dieser Eiweiße bestimmten, konnten die Forscher darin nun individuelle Tag-Nacht-Rhythmen erkennen. Zudem wurde deutlich, wie der Zyklus sich bei Schichtarbeitern verschiebt: In einem Experiment, bei dem sechs Freiwillige sich einem allmählichen Wechsel des Tag-Nacht-Rhythmus unterzogen, hinkte die Anpassung des Uhrproteinzyklus in den Haaren deutlich nach: Der Körper benötige im Durchschnitt rund drei Wochen, um sich von einer Früh- an eine sieben Stunden spätere Nachtschicht umzugewöhnen.

Die Methode eigne sich gut, um den "Chronotyp" einzelner Menschen zu bestimmen: Schon aus fünf dickeren oder 20 dünneren Haaren lasse sich genug Zellmaterial sammeln, um die Proteinanalysen durchzuführen. Regelmäßige Hautbiopsien, die ähnlich genaue Resultate liefern, seien weitaus schmerzhafter für Probanden, so Akashi.

Die innere Uhr des Menschen hängt von verschiedenen dezentralen Uhren in unterschiedlichen Geweben ab, die aber von einer übergeordneten Instanz, einer "Zentraluhr" im suprachiasmatischen Nukleus des Gehirns, koordiniert werden. Sie sorgt auch dafür, dass die endogene, vom Körper vorgegebene Rhythmik von exogenen Reizen wie dem Tageslicht neu justiert werden kann. Viele Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine ständige Neuausrichtung oder dauerhafte Asynchronität des eigenen und des von außen vorgegebenen Zyklus gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen. (jo)

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen
Akashi, M. et al.: Noninvasive method for assessing the human circadian clock using hair follicle cells. In: PNAS 10.1073/pnas.1003878107, 2010.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.