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Mikrobiologie: Bakterien-Immunabwehr mit Gedächtnis

Bakterielle DNA-Abwehr
Bakterien können sich mit einem Werkzeugkasten aus Proteinen und spezialisierten Erbgutschnipseln gegen attackierende Viren oder schädliche Plasmid-Fremdgene verteidigen. Herzstück dieser Abwehr ist eine kurze RNA, die eingedrungene DNA-Sequenzen basengenau erkennt und für Schnittenzyme zur Zerstörung markiert, fasst ein Team um Sylvain Moineau von der Université Laval in Quebec neue Erkenntnisse zusammen.

Die Forscher haben in Streptococcus-Keimen untersucht, wie der schon vorher bekannte Viren- und Plasmid-Vernichtungsmechanismus der Bakterien genau arbeitet. Im Bakterienerbgut sind als immunologisches Gedächtnis Teilsequenzen von bereits früher als schädlich erkannten und unschädlich gemachten extrachromosomalen DNA-Abschnitten abgespeichert. Von dieser genetischen Blaupause werden Kopien mit komplementärer Sequenz produziert, so genannte crRNAs, die durch die Zelle patrouillieren. Stoßen sie dabei auf ihre schädliche Zielsequenz – also etwa auf die DNA eines Virus –, dann binden die crRNA-Immunverteidiger direkt daran, erkannte Moineaus Team. Der entstandene Komplex alarmiert dann die Zellabwehr, um die eingedrungene DNA zu zerhäckseln.

Bakterielle DNA-Abwehr | Der "crRNA"-gesteuerte DNA-Zerhäckselvorgang von Bakterien: In den komplex aufgebauten "CRISPR"-Loci des Bakterienerbguts finden sich Sequenzen, die das Bakterium oder seine Ahnen als feindlich erkannt haben. Werden diese Genabschnitte abgelesen, so entstehen crRNAs. Diese binden an die basenkomplementäre Sequenz von Fremdgenen – etwa Viren- oder Plasmid-DNA, sobald diese (erneut) in die Bakterienzelle gelangt. Der entstehende Effektorkomplex beinhaltet Schnittenzyme, die die Gefahr beseitigen.
Zuvor waren Mikrobiologen uneins gewesen, wie sehr dieses System der RNA-Interferenz von Tieren und Pflanzen ähnelt, bei der ein komplexes Zusammenspiel von Nukleinsäuren und Enzymkomplexen etwa Viren stumm schalten kann. Die neue Studie legt nahe, dass das crRNA-System direkter und einfacher funktioniert. Moineau und Co hoffen, das Immungedächtnis von Bakterien bald gezielt manipulieren zu können. So ließe sich eine unerwünschte Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen verhindern, wenn dem Bakterium beigebracht wird, ein resistenzübertragendes Plasmid als schädlich zu behandeln. (jo)

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  • Quellen
Garneau, J.E. et al.: The CRISPR/Cas bacterial immune system cleaves bacteriophage and plasmid DNA. In: Nature 10.1038/nature09523, 2010.

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