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Gibraltar: Felsgravur könnte von Neandertalern stammen

In einer Höhle in Gibraltar haben Forscher ein Muster aus Ritzungen entdeckt. Sein Alter legt nahe: Hier könnte sich ein Neandertaler verewigt haben.
Höhleneingang

In Gorham's Cave, einer einst von Neandertalern bewohnten Höhle in Gibraltar, sind Forscher auf eine Felsgravur gestoßen: ein Muster aus fünf bis sechs deutlichen, senkrecht zueinander stehenden Linien, die eine Art Schachbrettmuster bilden. Es könnte den ersten Nachweis dafür liefern, dass auch der Neandertaler sich im weitesten Sinne künstlerisch betätigte.

Höhleneingang | Gorham's Cave liegt direkt am Mittelmeer – heute befindet sich der Meeresspiegel nahezu auf Höhe des Eingangs. Die mutmaßliche Neandertalergravur befindet sich ganz an ihrem hinteren Ende.

So jedenfalls interpretiert das Forscherteam um Clive Finlayson vom Gibraltar Museum seinen Fund. Die Materialschichten, die der Künstler durchschnitt, als er im hintersten Winkel der Höhle die Gravur in den Fußboden ritzte, legen den Wissenschaftlern zufolge nahe, dass das Muster rund 39 000 Jahre alt ist. Damit stammt es aus einer Zeit, zu der der moderne Mensch die Südspitze des heutigen Spaniens noch nicht erreicht hatte.

Mit nachgebauten Steinwerkzeugen versuchten die Forscher außerdem, in einem Felsbrocken aus der Höhle ähnliche Spuren zu hinterlassen. Dabei zeigte sich, dass das Ritzmuster nicht nebenbei oder per Zufall entstanden sein dürfte: Für einen vergleichbar deutlichen Strich muss man mehr als 50-mal kräftig über den Fels kratzen.

Felsgravur eines Neandertalers? | Mit viel Geduld wurde hier ein Muster aus erkennbar regelmäßigen Linien in den Höhlenboden gegraben. Nach Meinung des Forscherteams diente es keinem unmittelbar praktischen Zweck und hat daher womöglich symbolische Bedeutung.

Seit Jahren tobt in der Forschergemeinde ein Streit um die kognitiven Fähigkeiten des Neandertalers. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Finlaysons Ergebnisse in Fachkreisen angezweifelt werden. Leider sind die zur Datierung dienenden Schichten an Ort und Stelle nur millimeterdünn, entsprechend anfechtbar ist die Altersbestimmung von Finlayson und Kollegen.

Vor demselben Problem stehen Forscher bei einfachen Felsmalereien in der nordspanischen Höhle El Castillo. Auch hier hatte eine Datierung nahegelegt, dass sie aus der Zeit vor Ankunft des anatomisch modernen Menschen stammen könnten und folglich auf den Neandertaler zurückgehen müssten. Für ein solches "symbolisches Denken", wie es für Kunst und Sprache gefordert ist, sprechen auch Muscheln mit Anhaftungen von Ocker, die vom Neandertaler womöglich verziert oder als Werkzeug zur Körperbemalung benutzt worden sein könnten.

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