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Arzneimittelentwicklung: Blut bremst zielgerichteten Transport von Medikamenten

Nicht jede in der Theorie brillante Idee funktioniert in der Praxis wie geplant - zum Beispiel der zielgerichtete Transport von Medikamenten im Körper. Das kann an zu simplen Vortests liegen.
Rote Blutkörperchen

Seit geraumer Zeit tüfteln Mediziner an einer guten Idee: Sie entwickeln Methoden, mit denen Medikamente zell- oder gewebegenau in ihr Einsatzgebiet im Körper dirigiert werden. So sollen am Ende die Dosis von gefährlichen Wirkstoffen deutlich gesenkt und ihre möglichen Nebenwirkungen auf nicht erkrankte Partien des Organismus minimiert werden. In der Praxis kämpfen Forscher dabei aber immer mit allerlei Schwierigkeiten. Vor allem kommt es häufig vor, dass im Laborexperiment viel versprechende Medikamentenfähren im lebenden Organismus nicht annähernd so wirksam sind wie theoretisch vorhergesagt. Eine bislang wenig beachtete mögliche Ursache für dieses Problem haben nun Bioingenieure der University of Oxford aufgedeckt: In echtem, strömendem Blut kommen viele Medikamentenfähren unerwartet schlecht voran.

In ihren Experimenten hatten die Forscher nun Mikrosphären getestet, einen der innovativen Ansätze für den gezielten Transport von Wirkstoffen zu einem genau definierten Einsatzziel. Krebsforscher wollten mit solchen membranumhüllten Mikrobläschen zum Beispiel hochwirksame, aber eben auch sehr toxische Krebsmedikamente exakt zu ihrem Einsatzort dirigieren, wo die Bläschen durch Ultraschall zum Platzen gebracht werden. Gerade der Transport funktioniert aber im Körper viel schlechter als im Labor. Denn tatsächlich hat die Dicke des Blutgefäßes, das Strömungsverhalten von Blut und der Hämatokritwert (also die Konzentration der im Blut enthaltenen roten Blutkörperchen) eine enorme Auswirkung auf die Effizienz des gezielten Wirkstofftransports, wie die neue Studie zeigt.

Alle diese Faktoren würden aber bisher in präklinischen Tests oder vor Experimenten mit Versuchstieren kaum jemals berücksichtigt, beklagen die Autoren: Es werde versäumt, die "wichtigsten In-vivo-Voraussetzungen", also die tatsächlichen Bedingungen im Körper, korrekt einzuplanen, etwa jene im Blutkreislauf: Oft simuliert man die Bewegung der Mikrobläschen aus Gründen der Einfachheit zunächst in einer Salzlösung und extrapoliert aus den dabei gemachten Messungen dann auf die erwartete Wirkung im Körper. Dabei komme es, so zeigen die Tests, in der Realität dann wohl vor allem zu ständigen Kollisionen der Bläschen mit Blutzellen sowie zu anderen, noch nicht eindeutig definierten Effekten, die mit den Strömungseigenschaften im Blut zu tun haben dürften. Unbedingt müssten neue experimentelle Verfahren dem Rechnung tragen, um Enttäuschungen bei klinischen Tests von im Labor zuvor gut funktionierenden Ansätzen zu vermeiden.

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