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Frühmenschliche Gewalt: Der erste bekannte Mord der Menschheitsgeschichte?

Gewalt und Totschlag begleiten uns Menschen wohl seit Anbeginn. Nun haben Archäologen wahrscheinlich den bislang ältesten Mord aufgespürt.
Schädelknochen mit Schlagwunden

Vor 430 000 Jahren starb ein Mensch im Umfeld oder in der Nähe der spanischen Höhle Sima de los Huesos – und alle Spuren deuten darauf hin, dass der Angehörige der Gattung Homo durch rohe Gewalt ums Leben gekommen ist. Das schließen Archäologen um Nohemi Sala vom Zentrum für Evolution und Verhaltensforschung in Madrid aus einem Schädelknochen, der zwei tiefe Brüche aufweist, die nur durch heftige Schläge entstanden sein können. "Die Verletzungen legen nahe, dass sie töten sollten", so die Forscher: Nach 20-jähriger Ausgrabungszeit hatten sie in der Höhle die Überreste von 28 Menschen gefunden und aus 52 Einzelteilen den untersuchten Schädel zusammengesetzt. Eine virtuelle Rekonstruktion zeigte dann, dass die Schläge vom jeweils gleichen Gegenstand herrührten, was folglich gezielt und absichtlich passiert sein muss.

Schädelknochen mit Schlagwunden | Die Spuren scheinen eindeutig: Dieser Mensch wurde erschlagen – davon zeugen die Löcher in der Schädeldecke.

Andere Todesursachen wie etwa einen Sturz in den Höhlenschacht schließen die Archäologen auf Grund der Verletzungen aus. Posthumes, kannibalistisches Öffnen des Schädels fand wohl ebenfalls nicht statt, da man sonst auch Schnittspuren am Knochen sehen müsste, so die Forscher. Dass die Wunden tödlich waren, zeige sich zudem darin, dass Spuren eines Heilungsprozesses fehlen: Das Opfer starb also rasch an den Verletzungen. Als Tatwaffe komme ein spitzes Steinwerkzeug in Frage, wie sie damals von frühen Menschen verwendet wurden. Auch sei die Tat wahrscheinlich von einem Rechtshänder ausgeübt worden, da ein entsprechender Schlag mit hoher Treffsicherheit oberhalb der linken Augenbraue des Opfers enden würde – so wie bei "Cranium 17", dem Namen des Toten. Für Sala und Co ist dieser Fall daher die früheste bekannte Gewalttat mit Tötungsabsicht, die anhand von Knochenfunden analysiert werden konnte. Die beiden anderen bislang vermuteten Fällen – genannt "Shanidar 3 Neandertal" sowie ein jungsteinzeitlicher Jäger aus Sibirien – sind deutlich jünger beziehungsweise starben nicht direkt nach ihren Verletzungen. Und deren Wunden stammten womöglich auch von Unfällen. Die Knochen aus der spanischen Höhle werden von Wissenschaftlern den frühen Neandertalern zugeordnet, nachdem sie zuvor lange als Homo heidelbergensis galten: Der Übergang zwischen beiden Hominiden wird ohnehin fachlich stark diskutiert.

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