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News: Pfiffige Bienchen

Mit dem sprichwörtlichen Bienenfleiß fliegen die braun-schwarz gestreiften Insekten eine Blüte nach der anderen an. Daheim im Stock erweisen sich die Honigbienen als recht tüchtige Chemiker, indem sie den gesammelten Nektar zu Honig veredeln. Doch die Meister des klebrigen Süßmittels verfügen über weitere erstaunliche Fähigkeiten: Sie können riechen, Farben sehen und beeindruckend tanzen, um ihren Artgenossen ergiebige Futterquellen mitzuteilen. Wen wundert es da, dass diese kleinen Brummer auch in der Lage sind, abstrakt zu denken?
Die Arbeit der Sammelbienen ist kein Honiglecken: Getreu dem strengen Dienstplan verrichten die weiblichen Mitglieder des Staates etwa ab dem 21. Lebenstag ihre "Sisyphusarbeit" und suchen in voller Blüte stehende Pflanzen auf. Ihr Ertrag bei einem einzigen Blütenbesuch ist äußerst gering. Durchschnittlich 100-mal fliegt die Honigbiene (Apis mellifera) aus und besucht dabei 150 000 Blüten, um drei Gramm Nektar zu sammeln, der nach dem Umwandlungsprozess circa ein Gramm Honig ergibt. Kein Weg ist ihr zu weit, um neue lohnende Nahrungsquellen zu ergründen, und bei ihrer Rückkehr in den Bienenstock berichtet sie den Stockgenossen in raffinierter, verschlüsselter Körpersprache über ihre Entdeckung. Besitzen diese bemerkenswerten Insekten vielleicht noch weitere ungeahnte Fähigkeiten, die uns in Erstaunen versetzen?

Frühere Ergebnisse deuteten bereits darauf hin, dass Honigbienen Muster erkennen sowie sich einprägen können. Doch bislang vernachlässigten Wissenschaftler Wirbellose, wenn sie anspruchsvollere Qualifikationen bei Tieren erforschten. Von Tauben und Delphinen ist bekannt, dass sie "gleich" und "verschieden" erkennen können, doch wie steht es mit Honigbienen? Vermögen sie Entscheidungen zu treffen, die auf abstrakten Konzepten beruhen?

Martin Giurfa und sein Team von der Freien Universität Berlin entwickelten nun einen ausgeklügelten Versuch, um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Zunächst trainierten sie ihre kleinen Versuchstiere darauf, bestimmte Reize mit einer süßen Belohnung zu assoziieren. Dazu hatten die Forscher eine Y-förmige Röhre vorbereitet, deren Eingangsbereich sie mit blauer Farbe markiert hatten. Die Bienen konnten sich in dem "Tunnelsystem" zwischen zwei Wegen entscheiden: Eine Abzweigung endete in einem blauen Zielfleck, während die andere einen gelben Farbpunkt aufwies. Da in dem "blauen" Seitenarm Zucker auf die Versuchsteilnehmer wartete, lernten die Bienen schnell, ihre Schritte in die "blaue" Richtung zu lenken.

Anschließend untersuchten die Wissenschaftler, ob die Insekten in der Lage sind, das Gelernte zu übertragen. Die Y-förmige Röhre enthielt nun statt der bunten Farbflecke Muster aus senkrechten und waagerechten Streifen. Umgehend spazierten die meisten Bienen in die Richtung, deren "Strichcode" mit dem am Eingang übereinstimmte. Demnach entwickelten die Tiere eine Vorstellung von "Gleichheit", die sie auf die neue Situation anwendeten. Umgekehrt entschieden sich Bienen, die auf verschiedene Farbflecke trainiert wurden, ebenfalls für unterschiedliche Streifenmuster.

Erstaunlicherweise vermochten die schlauen Insekten ihre neu erworbenen Qualifikationen sogar auf andere Sinne übertragen: Honigbienen, die in der Röhre zunächst auf Zitronen- und Mangoduft "dressiert" wurden, wendeten ihre erlernten Fähigkeiten erfolgreich auf die Farben "blau" und "gelb" an. Diese Ergebnisse sind "neu, raffiniert und extrem elegant", betont Reuven Dukas von der Simon Fraser University. Als nächstes hoffen die Forscher, die neuronalen Grundlagen für derartige Leistungen aufzudecken. Honigbienen besitzen weniger als eine Million Nervenzellen, und somit "ergibt sich eine interessante Kombination aus einem äußerst reichhaltigen Verhaltensrepertoir und einem einfachen Nervensystem", hebt Giurfa hervor.

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  • Quellen
ScienceNow
Nature 410: 930–933 (2001)

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