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Wieso wird der Klang beim Umrühren meines heißen Kaffees mit Milch und Zucker nach und nach heller?

Achten Sie in der nächsten Tee- oder Kaffeepause mal darauf: Sie können das Auflösen des Würfelzuckers förmlich hören. Warum das so ist, erläutert der Physiker Dirk Ronneberger von der Universität Göttingen.

Eine Tasse – ob gefüllt oder nicht – ist ein kompliziertes Schwingungssystem, das in verschiedenen Formen schwingen kann. So kann sich der Rand der Tasse beispielsweise ellipsenartig verformen und um die kreisförmige Ruhelage schwingen, wobei vier Punkte des Tassenrandes (Knoten) in Ruhe bleiben. Ebenso gibt es Schwingungsformen (Moden) mit sechs, acht oder mehr Knoten.

Diese Knoten muss man sich als Endpunkte von Knotenlinien auf der Tassenwand vorstellen, die im Detail von der Form der Tasse und der Verteilung ihrer Wandstärke abhängen. Jede Mode hat eine eigene Resonanzfrequenz, die im Allgemeinen mit der Zahl der Knoten beziehungsweise der Dichte der Knotenlinien ansteigt.

Die Flüssigkeit in der Tasse muss den Schwingungen der Tassenwand folgen, und die dazu notwendigen Beschleunigungskräfte führen dazu, dass es in einer gefüllten Tasse länger dauert als in einer leeren, bis sich während einer Schwingung die Schwingungsrichtung umkehrt. Die Resonanzfrequenzen sinken also im Allgemeinen mit der Füllhöhe.

Befinden sich Blasen in der Flüssigkeit, so reagiert nicht mehr die gesamte Flüssigkeit auf die Schwingungen der Tasse. Vielmehr passt sich das Volumen des Gemisches aus Flüssigkeit und Blasen leicht an die Verformung der Tasse an, und nur eine wandnahe Schicht muss die Wandbewegung mitmachen. Das führt dazu, dass die Resonanzfrequenzen durch die Blasen wieder nach oben verschoben werden.

Bei dem hier zu diskutierenden Kaffeetassen-Effekt spielt diese Frequenzverschiebung allerdings keine ausschlaggebende Rolle. Wichtig ist, dass die Blasen der Schwingung auch Energie entziehen können – sie gleichsam wie ein Stoßdämpfer abpuffern. Das führt dazu, dass die Schwingung schneller abklingt. Deshalb klingen mit Sekt gefüllte Gläser nicht so gut wie mit Wein gefüllte.

Löst man Zucker (besonders Würfelzucker) im Kaffee, so werden dabei kleine Bläschen freigesetzt, die zunächst beim Eintauchen der Zuckerkristalle an deren Oberfläche haften. Auch beim Eingießen von Milch können Blasen in die Flüssigkeit gelangen. Sie steigen auf und verlieren an der Flüssigkeitsoberfläche ihre dämpfende Wirkung.

Der Klang beim Umrühren ist seinerseits ein komplexes Phänomen: Beim Anstoßen des Löffels an die Tassenwand werden Schwingungen angeregt, die mehrere Moden betreffen. Der abgestrahlte Schall besteht deshalb aus einem Frequenzgemisch.

Als "heller" wird der Klang empfunden, wenn die hohen Frequenzen stärker vertreten sind und wenn die Schwingungen insgesamt langsamer abklingen. Durch die Blasen werden die hochfrequenten Schwingungsmoden besonders stark gedämpft und sind daher besonders schnell aus dem Klangspektrum verschwunden. Es bleibt ein dumpfer Klang, der durch das Verschwinden der Blasen nach und nach heller wird. Die Frequenzverschiebung, die dabei in die "falsche" Richtung geht, wird kaum wahrgenommen.

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