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News: Wärme lockt das Spermium

Um dem winzigen Spermium den Weg zu weisen, verlässt sich die Eizelle nicht nur auf die Ausschüttung eines chemischen Lockstoffes. Stattdessen lockt es auch mit Wärme.
Auf dem Weg zur wartenden Eizelle hat ein Spermium einen beschwerlichen weiten Weg vor sich. Nachdem es über die Vagina die Gebärmutter erreicht hat, gelangt es als nächstes in einen der beiden Eileiter. Hier muss es erst einmal einen Zwischenstopp einlegen, für den es sich an die Wand des Eileiters heftet. Während der vorübergehenden Pause durchläuft das Spermium seine Reifung, durch die ihm erst die anschließende Penetration der Eizelle gelingen kann.

Ist die Reifung vollendet, löst sich das Spermium von der Eileiterwand, verlässt den Pausenplatz und macht sich auf den zweiten Teil seiner langen Reise mit ungewissem Ausgang. Doch wie findet die herumirrende Samenzelle die wartende Eizelle? Anhand von chemischen Lockstoffen, welche die Eizelle aussendet und damit den Winzling herbeidirigiert, wie Michael Eisenbach vom Weizmann Institute bereits vor mehr als einem Jahrzehnt herausfand.

Da die Eileiter aber selten statisch sind, sondern sich permanent rhythmisch zusammenziehen und wieder entspannen, wird der richtungsweisende Konzentrationsgradient des Lockstoffes schneller zerstört, als Eizelle und Spermium lieb ist. Und so hat der Körper ein zweites Sicherheitsnetz aufgespannt. Statt nur mit Duftstoffen zu locken, nutzt er außerdem einen Wärmeunterschied als Wegweiser. Bis zu zwei Grad Celsius kann diese Temperaturdifferenz betragen. Und dies scheint dem Spermium erneut die Orientierung zu verleihen. Nun weiß es wieder genau, wo sein angepeiltes Ziel liegt und schwimmt eifrig darauf zu.

Um diese Theorie zu bestätigen, haben Eisenbach und seine Kollegen Teile des weiblichen Geschlechtsapparats im Labor nachgebaut. So installierten sie sowohl einen Lagerungsort des Spermiums als auch den Reifungsort der Eizelle und zu guter Letzt den Eileiter als Verbindungsglied zwischen den beiden. In diesem System testeten sie das Verhalten von Kaninchenspermien und beobachteten, dass diese tatsächlich empfindlich auf den Temperaturunterschied reagierten.

Sie wanderten von der relativ kühlen Region ihrer Verschnaufpause, wo die Temperatur lediglich 37 Grad Celsius betrug, zum wesentlich wärmeren Aufenthaltsort der Eizelle, um die herum immerhin 39 Grad Celsius herrschten. Als die Wissenschaftler den Temperaturunterschied Schritt für Schritt reduzierten, stellte sich ein halbes Grad Unterschied als ausreichend attraktiv für die Spermien heraus. Darüber hinaus entdeckten sie, dass nur die gereiften Samenzellen, also solche, die überhaupt in eine Eizelle eindringen können, vom Temperaturgefälle angezogen werden.

Solch temperaturgesteuerte Lockkraft war bisher lediglich in Mikroorganismen und Würmern beobachtet worden. Eisenbach und sein Team sind mit ihrer Entdeckung die ersten, die auch bei Säugetieren eine Thermotaxis der Spermien aufzeigen konnten. Und wie sie in weiteren Untersuchungen inzwischen zeigen konnten, wandern auch menschliche Spermien gern in wärmere Gefilde.

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