Direkt zum Inhalt

Halogene: Fluor

Symbol: F
Kategorie: Halogene
Ordnungszahl: 9
Relative Atommasse: 18,9984032
Schmelzpunkt: 53,53 K
Siedepunkt: 85,01 K
Dichte: 1,58 g cm-3
Elektronegativität: 4,1
Ionisierungsenergie: 17,422 eV
Konfiguration: [He] 2s2 2p5
Oxidationszahlen: -1
Atomradius: 70,9 pm
Ionenradius: 133 pm (-1)

Der nachfolgende Artikel ist dem Lexikon der Chemie entnommen.

Als am stärksten elektronegatives Element ist Fluor extrem aggressiv: Es reagiert mit den meisten Verbindungen und Elementen, einschließlich der meisten Edelgase, die normalerweise sehr ungern überhaupt Reaktionen eingehen. Das Gas ist deswegen für Lebewesen sehr giftig. Frühe Versuche, das Element in reiner Form herzustellen, scheiterten am plötzlichen Ableben hoffnungsvoller Experimentatoren. Fluor ist im Universum im Vergleich zu anderen leichten Elementen selten, weil es keinen Prozess gibt, durch den es in normalen Sternen entsteht und es außerdem leicht durch Fusionsreaktionen wieder zerstört wird; vermutlich bildet es sich, wenn massereiche Sterne explodieren. In der Erdkruste ist es etwa so häufig wie Kohlenstoff und gehört zu den 20 häufigsten Elementen. Trotz seiner Reaktivität kommt Fluor auch elementar auf der Erde vor, zum Beispiel in Spuren im Mineral Stinkspat, einer speziellen Form von Calciumfluorid. Es entsteht dort, weil das Mineral gemeinsam mit uranhaltigen Gesteinen vorkommt und die davon ausgehende ionisierende Strahlung CaF2 in seine Elemente zersetzt.

Technisch gewinnt man das Gas durch Elektrolyse von Fluorwasserstoff; das Ausgangsmaterial ist meist Fluorit, ein hübsches Mineral aus Kalzium und Fluor. Der klassische Name des Minerals, Flussspat, deutet auf seine frühe Bedeutung für die Metallurgie hin: Man setzte es in der Erzverhüttung als Flussmittel ein, das den Schmelzpunkt der Erze senkt und sie so bei niedrigeren Temperaturen schmelzen lässt.

Fluor hat eine reichhaltige und teils eigenwillige Chemie. Das Element neigt einerseits, wie die anderen Halogene, wegen seiner hohen Elektronegativität zur Oxidationszahl -1 und bildet mit vielen Metallen Salze. Andererseits bildet Fluorwasserstoff ein Netzwerk aus Wasserstoffbrückenbindungen und ähnelt damit chemisch mehr dem Wasser als dem Chlorwasserstoff. Durch seine Reaktivität bildet Fluor einen großen Teil der bekannten Verbindungen mit Edelgasen; das sehr reaktive Molekül Chlortrifluorid steht in dem Ruf, nahezu jedes Material anzünden zu können.

Fluorierte organische Substanzen bilden eine eigene Stoffklasse mit spezifischen Eigenschaften: Das Fluoratom ist im Molekül nicht viel größer als Wasserstoff in der gleichen Position, macht das Molekül aber deutlich fettlöslicher. Deswegen spielt das Element in der organischen Chemie und speziell der Medikamentenentwicklung eine große Rolle. Zum einen lassen sich dadurch die pharmakologischen Eigenschaften von Stoffen feintunen, zum Beispiel dringen fluorierte Verbindungen leichter durch Zellmembranen und die Blut-Hirn-Schranke. Zusätzlich passen sie oft besser in wasserabweisende Bindungstaschen mancher Enzyme als normale Kohlenwasserstoffe. In technischen Anwendungen weisen perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC), je nachdem, wie viel Fluor sie enthalten, sowohl Wasser als auch Fett ab und sind deswegen zum Beispiel für Verpackungen interessant, aber auch zum Imprägnieren von Textilien. Allerdings sind viele PFC potenziell gesundheitsschädlich und reichern sich in der Umwelt an. Ihre Nutzung ist deswegen in der Kritik.

Bis in die 1980er Jahre waren Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) die bedeutendste Anwendung fluorierter Moleküle. Man setzte sie als Kühlmittel, Treibgase, Löschgase, Lösungsmittel und zum Aufschäumen von Kunststoffen ein, bis sie wegen ihrer Wirkung auf die Ozonschicht weitgehend verboten wurden. Offenbar setzen chinesische Fabriken aber seit einigen Jahren illegal FCKW frei. Das wichtigste Einsatzgebiet für Fluor ist heutzutage auch das älteste, nämlich als Flussmittel in der Metallurgie – bei der Herstellung von Eisen und Aluminium werden jeweils mehrere Kilo Fluorverbindungen pro Tonne benötigt, um den Schmelzpunkt zu senken. Das Element in Reinform nutzt man überwiegend in der Kerntechnik: Man verwendet es, um Uran für Reaktoren anzureichern. Gaszentrifugen sortieren Uranhexafluorid nach der Masse des jeweiligen Uranisotops – ein langwieriger Prozess.

Die chemische Industrie produziert jährlich weit über 100 000 Tonnen hitzebeständige fluorierte Polymere wie Teflon für eine große Bandbreite von Anwendungen, fluorierte Tenside und maßgeschneiderte Wirkstoffe wie Pharmazeutika und Pestizide. Im menschlichen Körper kommt Fluor in Zähnen und Knochen vor, Fluorzufuhr stärkt den Zahnschmelz und mutmaßlich auch die Knochen. Dager enthält Zahnpasta Fluorid. Das Element ist für Menschen und Tiere nicht essenziell, aber diverse Pflanzengattungen und Mikroorganismen produzieren fluorierte organische Moleküle. Elementares Fluor und einige Fluorverbindungen sind hochgiftig. Zwischen 32 und 64 Milligramm Fluorid pro Kilogramm Körpergewicht sind für Erwachsene tödlich, da es den Ionenhaushalt des Körpers durcheinander bringt, was zum Herzstillstand führen kann.

© Spektrum Akademischer Verlag

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.