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Ganz Spanien von Römern besetzt ... ganz Spanien?

Im Asterix-Band XIV – "Asterix in Spanien" – hat Caesar im Jahr 45 v. Chr. nach seinem Sieg in der Schlacht bei Munda (Montilla in Andalusien) gerade den römischen Bürgerkrieg gegen Pompeius für sich entschieden und war in Siegerlaune. Doch da musste er feststellen, dass sich die Bewohner der Iberischen Halbinsel noch längst nicht mit der römischen Herrschaft abgefunden hatten. Ein iberischer Fürst mit dem bezeichnenden Namen "Costa y Brava" leistete mit seinem Dorf der römischen Macht erbitterten Widerstand – natürlich mit gallischer Nachbarschaftshilfe in Gestalt von Asterix und Obelix. In der historischen Realität sah der Sachverhalt etwas anders aus: Es sollte nach Caesars beiden Feldzügen 49 und 45 v. Chr. noch Jahrzehnte – bis in die späte Regierungszeit des Augustus hinein – dauern, ehe sich die Römer als neue Herren auf der Iberischen Halbinsel etabliert hatten.

Martin Luik konzentriert sich in seinem Buch "Der schwierige Weg zur Weltmacht" auf den Zeitraum zwischen 218 und 19 v. Chr. Zu Beginn stand weniger das Interesse an einer Eroberung der Iberischen Halbinsel im Zentrum der römischen Politik, als vielmehr die Auseinandersetzung mit der zweiten Macht im westlichen Mittelmeer: Karthago. Ziel war die Beseitigung der phönizischen Machtbasen auf der Halbinsel und die Vernichtung vorhandener Ressourcen. Die Phöniziern hatten seit Jahrhunderten von dem herrschenden Rohstoffreichtum profitiert, und dies war wiederum ein Grund, dass sich die Römer nach dem Friedensschluss mit Karthago nicht zurückzogen. Das Konfliktpotential wuchs, und am Ende blieb nur mehr ein Ausweg: die Okkupation der ganzen Halbinsel.

Nirgendwo sonst im Mittelmeerraum hatte Rom so lange gebraucht, um seinen Herrschaftsanspruch durchzusetzen wie hier. Konnten Kriege andernorts meist mit Hilfe schnell rekrutierten Truppen aus der eigene Bauernbevölkerung und dank Hilfsleistungen lokaler Verbündeter schnell entschieden und große Gebiete kontrolliert werden, hatte die komplizierte Eroberung der Iberischen Halbinsel weit reichende Folgen, die letztendlich nicht unerheblich zum Untergang der Republik beitrugen.

Die Erfahrungen in Spanien führten zur Entwicklung von Herrschaftsinstrumenten, die zwar in der Kaiserzeit zum Aufstieg Roms zur imperialen Weltmacht beitrugen, aber für die weitere Entwicklung der römischen Republik gravierende Auswirkungen hatten. Die neu entstandenen stehenden Heere bedeuteten nämlich für den jeweiligen kommandierenden Offizier einen enormen Machtzuwachs. Und diese römischen Berufsarmeen waren es dann auch, die im ersten Jahrhundert vor Christus die Bürgerkriege ermöglichten und am Ende zur Diktator des Caesar und dem Prinzipat des Augustus führten.

Martin Luik, Privatdozent an der Ludwigs-Maximilians-Universität München, zeigt in seinem schmalen Band einige wichtige Stationen der römischen Machtergreifung auf der Iberischen Halbinsel auf. Vorteilhaft ist dabei die relativ gute Quellenlage in Spanien – sie lässt erahnen, was andernorts, etwa in Germanien, an Information verloren gegangen ist –, auch wenn es sich in erster Linie um römische Hinterlassenschaften handelt und so die Überlieferung einseitig ist. Der Autor erläutert jedoch auch anhand der neuesten Forschungsergebnisse der provinzialrömischen und klassischen Archäologie sowie Vor- und Frühgeschichte die Ereignisse und Fundorte.

Der Band ist nach chronologischen Gesichtspunkten gegliedert: Nach kurzer Quellenübersicht geht es zunächst um die Geschichte der Iberischen Halbinsel bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts vor Christus: angefangen mit Phöniziern und Iberern über die Rolle der Griechen, Kelten, Keltiberer bis hin zu den ersten römischen Spuren. Breiter Raum – etwa die Hälfte des Buches – wird dann dem Zweiten Punischen Krieg und dem zweiten Jahrhundert vor Christus eingeräumt, denn hier begann Roms Ausgreifen auf die Iberische Halbinsel.

Am Ende geht es um die Rolle der Halbinsel in den römischen Bürgerkriegswirren bis hin zur endgültigen Eroberung der Region, die mit der Unterwerfung des Nordens zwischen 29 und 19 v. Chr. endete. Ein kurzer Ausblick auf die Kaiserzeit und die Anfänge der Romanisierung runden das Buch ab.

Zahlreiche Karten von unterschiedlicher Qualität – je nach benutzten Vorlagen, wobei auf einige besser hätte verzichtet werden können – und zahlreiche Abbildungen von Ruinen und Fundstücken sowie Landschaftsaufnahmen, machen aus dem dünnen Band ein gut illustriertes Werk, das einen kurzen und dennoch umfassenden Einblick in eine wichtige Epoche der antiken Geschichte gibt. Der Anhang besteht aus einer prägnanten Literaturliste und einem Bildnachweis. Was fehlt, sind Anmerkungen, aber noch schmerzlicher vermisst man ein Register – Zusätze, die bei diesem Preis sicher angemessen gewesen wären.

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