Eine stilistisch amüsante Kampfschrift
Dem treuen Spektrum-Leser ist der Theologe
Ulrich Lüke kein Unbekannter. Im
Streitgespräch mit dem Philosophen Bernulf
Kanitscheider verteidigte er den Anspruch
der Religion auf eine Wahrheit jenseits der
empirischen Naturforschung (Spektrum der
Wissenschaft 6/2000, S. 82). Nun legt er einen
breit angelegten Essay vor, der schon im
Titel den Anspruch verkündet, biologisch-anthropologisches
Wissen mit religiöser Offenbarung
zu vereinen.
Um dieses Ziel zu erreichen, stellt Lüke den zeitgenössischen Kenntnisstand über die Evolution des Menschen so dar, als müsste jeder unvoreingenommene Betrachter ganz von selbst zu dem Schluss kommen, hier sei etwas Höheres im Spiel als bloß naturgeschichtliche Menschwerdung. Mit recht giftiger Polemik baut Lüke den Popanz eines Naturalismus auf, den er auf reduktionistischen Plattfüßen ideologisch blind durchs gesamte Buch stolpern lässt. Wer als Anthropologe keinen Anlass findet, in frühen kultischen Artefakten mehr zu sehen als den verständlichen Wunsch nach Jagderfolg, reicher Ernte und langem Leben, den vergleicht Lüke mit einem Gehörlosen, der Notenschrift mit Musik verwechselt. An anderer Stelle kommt ihm so ein dummer Naturalist vor wie jemand, der einen Zehn-Euro-Schein als bedrucktes Papier analysiert, ohne dessen Tauschwert zu erkennen.
Die schiefen Vergleiche werden zwar dem ergebnisoffenen Wesen der wissenschaftlichen Methode kaum gerecht, wirken aber in unserer zutiefst christlich geprägten Kultur dennoch suggestiv. Ist es nicht ein ganz natürlicher Wunsch, das religiöse Gedankengut, mit dem wir alle aufgewachsen sind, irgendwie in später erworbenes Wissen zu integrieren? Wer wirft schon gern einen Teil seiner Biografie über Bord? Versöhnen von Glauben und Wissen – für viele ein schönes Ziel. Nur leidet eine etwaige Bereitschaft zur friedlichen Koexistenz unter Lükes eifernder Parteinahme.
Die konfliktreiche Geschichte von Religion und Naturforschung erzählt Lüke als idyllischen Bildungsroman – man rate, wer hier von wem lernt –, in dessen Verlauf die Wissenschaft als treue Magd der Religion erwachsen wurde. So behauptet er, "die biblischen Texte …" hätten "… über Jahrhunderte hinweg als eine Art von Propädeutikum für den Evolutionsgedanken gewirkt". Über peinliche Tatsachen wie das tragische Schicksal des Priesters und Evolutionsforschers Teilhard de Chardin (1881 – 1955), den die Kirche wegen seiner unorthodoxen Ansichten faktisch mundtot gemacht hatte, tänzelt Lüke elegant hinweg; wer darüber die ganze Wahrheit erfahren möchte, muss "Der Anfang aller Dinge" von Hans Küng lesen – auch ein Versöhnungsbuch, aber ehrlicher.
Sodann wirft sich Lüke, wie seine Kirche ihm vorschreibt, in Fragen der Stammzellforschung und der Abtreibung als apodiktischer Schützer jeder befruchteten Eizelle in die Bresche, erwähnt aber mit keinem Wort den Skandal des päpstlichen Kondom- und Pillenverbots, das vor allem in den armen Ländern für namenloses Elend sorgt – Stichwort Frauen als Gebärmaschinen, Stichwort Aids-Ansteckung.
Schließlich nimmt Lüke noch ausführlich Stellung zu der inzwischen wieder etwas abgeflauten Debatte der Hirnforscher um Bewusstsein und Willensfreiheit, die freilich durch seine Vorliebe für unübersichtliche Diagramme nicht einfacher wird. Immerhin wirkt die Darstellung hier entspannter, weil noch so viele Fragen offen sind und von vornherein genügend Platz für theologische Spekulation bleibt.
Alles in allem eine einseitige, dabei stilistisch oft amüsante Kampfschrift. Für Versöhnungsbereite enthält das Buch eine implizite Warnung: Reiche der Religion den kleinen Finger, und sie verschlingt dich mit Haut und Haaren. Sie duldet nichts neben sich, aber unter ihrem schweren Mantel macht sie der Wissenschaft gerne Platz.
Um dieses Ziel zu erreichen, stellt Lüke den zeitgenössischen Kenntnisstand über die Evolution des Menschen so dar, als müsste jeder unvoreingenommene Betrachter ganz von selbst zu dem Schluss kommen, hier sei etwas Höheres im Spiel als bloß naturgeschichtliche Menschwerdung. Mit recht giftiger Polemik baut Lüke den Popanz eines Naturalismus auf, den er auf reduktionistischen Plattfüßen ideologisch blind durchs gesamte Buch stolpern lässt. Wer als Anthropologe keinen Anlass findet, in frühen kultischen Artefakten mehr zu sehen als den verständlichen Wunsch nach Jagderfolg, reicher Ernte und langem Leben, den vergleicht Lüke mit einem Gehörlosen, der Notenschrift mit Musik verwechselt. An anderer Stelle kommt ihm so ein dummer Naturalist vor wie jemand, der einen Zehn-Euro-Schein als bedrucktes Papier analysiert, ohne dessen Tauschwert zu erkennen.
Die schiefen Vergleiche werden zwar dem ergebnisoffenen Wesen der wissenschaftlichen Methode kaum gerecht, wirken aber in unserer zutiefst christlich geprägten Kultur dennoch suggestiv. Ist es nicht ein ganz natürlicher Wunsch, das religiöse Gedankengut, mit dem wir alle aufgewachsen sind, irgendwie in später erworbenes Wissen zu integrieren? Wer wirft schon gern einen Teil seiner Biografie über Bord? Versöhnen von Glauben und Wissen – für viele ein schönes Ziel. Nur leidet eine etwaige Bereitschaft zur friedlichen Koexistenz unter Lükes eifernder Parteinahme.
Die konfliktreiche Geschichte von Religion und Naturforschung erzählt Lüke als idyllischen Bildungsroman – man rate, wer hier von wem lernt –, in dessen Verlauf die Wissenschaft als treue Magd der Religion erwachsen wurde. So behauptet er, "die biblischen Texte …" hätten "… über Jahrhunderte hinweg als eine Art von Propädeutikum für den Evolutionsgedanken gewirkt". Über peinliche Tatsachen wie das tragische Schicksal des Priesters und Evolutionsforschers Teilhard de Chardin (1881 – 1955), den die Kirche wegen seiner unorthodoxen Ansichten faktisch mundtot gemacht hatte, tänzelt Lüke elegant hinweg; wer darüber die ganze Wahrheit erfahren möchte, muss "Der Anfang aller Dinge" von Hans Küng lesen – auch ein Versöhnungsbuch, aber ehrlicher.
Sodann wirft sich Lüke, wie seine Kirche ihm vorschreibt, in Fragen der Stammzellforschung und der Abtreibung als apodiktischer Schützer jeder befruchteten Eizelle in die Bresche, erwähnt aber mit keinem Wort den Skandal des päpstlichen Kondom- und Pillenverbots, das vor allem in den armen Ländern für namenloses Elend sorgt – Stichwort Frauen als Gebärmaschinen, Stichwort Aids-Ansteckung.
Schließlich nimmt Lüke noch ausführlich Stellung zu der inzwischen wieder etwas abgeflauten Debatte der Hirnforscher um Bewusstsein und Willensfreiheit, die freilich durch seine Vorliebe für unübersichtliche Diagramme nicht einfacher wird. Immerhin wirkt die Darstellung hier entspannter, weil noch so viele Fragen offen sind und von vornherein genügend Platz für theologische Spekulation bleibt.
Alles in allem eine einseitige, dabei stilistisch oft amüsante Kampfschrift. Für Versöhnungsbereite enthält das Buch eine implizite Warnung: Reiche der Religion den kleinen Finger, und sie verschlingt dich mit Haut und Haaren. Sie duldet nichts neben sich, aber unter ihrem schweren Mantel macht sie der Wissenschaft gerne Platz.
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