Kuriositätenkabinett
Günter Ewald, emeritierter Mathematikprofessor
und ehemals Mitglied
des Präsidiums des Deutschen Evangelischen
Kirchentags, beschreibt in diesem
Buch sein "Gesamtverständnis von Kosmos
und Leben, Gehirn und Geist". Für
dieses ehrgeizige Projekt durchstreift er
eine Vielzahl wissenschaftlicher Themen,
darunter experimentelle Hirnforschung,
Chaostheorie und Quantenphysik sowie
die Evolutionslehre, aber auch pseudowissenschaftliche
Theorien auf den Gebieten
der Psychokinese und der Nahtoderfahrungen.
Dies alles miteinander verquirlt ergibt eine – von Ewald selbst als solche bezeichnete – Spekulation, der sich auf den ersten Blick kein Sinn abgewinnen lässt. Und leider auch nicht auf den zweiten.
Zunächst erklärt uns der Autor die Grundlagen naturwissenschaftlicher Phänomene. Solide und fundiert ist unter anderem das Kapitel über klassische Informatik und neuronale Netze. In Anbetracht der großen Zahl von Themen reißt Ewald jedoch vieles nur an und hantiert dabei unbekümmert mit Begriffen wie "Babyuniversen" und "Superstrings", ohne ihre Bedeutung zu erläutern.
Darüber hinaus enthält das Buch sachliche Fehler. Die Chaostheorie wird etwa am Beispiel eines Pendels eingeführt, das in der Physik gerade nicht als chaotisches System gilt. Ewald verwechselt hier auch eigentlich chaotische Systeme – deren Zukunft vorherbestimmt ist – mit solchen, die unbekannten oder zufälligen Einflüssen unterliegen.
Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen vermischt der Autor wissenschaftliche Fakten beispielsweise aus der Evolutionsbiologie mit Themen wie Nahtoderfahrungen, die mindestens umstritten sind. Eine solidere Grundlage wäre da wünschenswert gewesen, zumal das Buch den Anspruch erhebt, von unabweisbaren Tatsachen auszugehen.
In den letzten Kapiteln begibt sich Ewald auf das Terrain der Philosophie. Doch auch damit wird der Leser nicht recht glücklich. Seine Absicht, die Entwicklung des Universums als zielgerichteten Prozess zu beschreiben, der einen lenkenden Willen erfordert, kann der Mathematikprofessor nicht wissenschaftlich begründen.
Den freien Willen behandelt er ebenfalls wenig zufriedenstellend. Die Aussage, es bestünde "eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass chaotische Attraktoren im menschlichen Bewusstsein den Raum für (zugegeben relativ) freies Handeln eröffnen", beruht auf dem beschriebenen Missverständnis, chaotisches Verhalten sei nicht vorherbestimmt. An anderer Stelle wird der freie Wille mit Zufallsprozessen aus der Quantentheorie in Verbindung gebracht. Wir verstehen jedoch unter einer willentlichen keine rein zufällige Entscheidung – ein Argument, das in der Philosophie des Geistes längst bekannt ist.
Ewald betont ganz richtig, Spekulationen dürften sich keinen wissenschaftlichen Anstrich geben, und warnt vor dem falschen Umgang mit Begriffen. Doch leider verstößt er selbst allenthalben gegen seine Maximen. Er verwendet Termini aus der neuen Physik, überschreitet aber deren Gültigkeitsbereich: Über Seele und Tod mit den Kategorien von Stringtheorie und Quantenphysik zu verhandeln, wird weder dem physikalischen noch einem philosophischen oder gar theologischen Weltbild gerecht.
Dies alles miteinander verquirlt ergibt eine – von Ewald selbst als solche bezeichnete – Spekulation, der sich auf den ersten Blick kein Sinn abgewinnen lässt. Und leider auch nicht auf den zweiten.
Zunächst erklärt uns der Autor die Grundlagen naturwissenschaftlicher Phänomene. Solide und fundiert ist unter anderem das Kapitel über klassische Informatik und neuronale Netze. In Anbetracht der großen Zahl von Themen reißt Ewald jedoch vieles nur an und hantiert dabei unbekümmert mit Begriffen wie "Babyuniversen" und "Superstrings", ohne ihre Bedeutung zu erläutern.
Darüber hinaus enthält das Buch sachliche Fehler. Die Chaostheorie wird etwa am Beispiel eines Pendels eingeführt, das in der Physik gerade nicht als chaotisches System gilt. Ewald verwechselt hier auch eigentlich chaotische Systeme – deren Zukunft vorherbestimmt ist – mit solchen, die unbekannten oder zufälligen Einflüssen unterliegen.
Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen vermischt der Autor wissenschaftliche Fakten beispielsweise aus der Evolutionsbiologie mit Themen wie Nahtoderfahrungen, die mindestens umstritten sind. Eine solidere Grundlage wäre da wünschenswert gewesen, zumal das Buch den Anspruch erhebt, von unabweisbaren Tatsachen auszugehen.
In den letzten Kapiteln begibt sich Ewald auf das Terrain der Philosophie. Doch auch damit wird der Leser nicht recht glücklich. Seine Absicht, die Entwicklung des Universums als zielgerichteten Prozess zu beschreiben, der einen lenkenden Willen erfordert, kann der Mathematikprofessor nicht wissenschaftlich begründen.
Den freien Willen behandelt er ebenfalls wenig zufriedenstellend. Die Aussage, es bestünde "eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass chaotische Attraktoren im menschlichen Bewusstsein den Raum für (zugegeben relativ) freies Handeln eröffnen", beruht auf dem beschriebenen Missverständnis, chaotisches Verhalten sei nicht vorherbestimmt. An anderer Stelle wird der freie Wille mit Zufallsprozessen aus der Quantentheorie in Verbindung gebracht. Wir verstehen jedoch unter einer willentlichen keine rein zufällige Entscheidung – ein Argument, das in der Philosophie des Geistes längst bekannt ist.
Ewald betont ganz richtig, Spekulationen dürften sich keinen wissenschaftlichen Anstrich geben, und warnt vor dem falschen Umgang mit Begriffen. Doch leider verstößt er selbst allenthalben gegen seine Maximen. Er verwendet Termini aus der neuen Physik, überschreitet aber deren Gültigkeitsbereich: Über Seele und Tod mit den Kategorien von Stringtheorie und Quantenphysik zu verhandeln, wird weder dem physikalischen noch einem philosophischen oder gar theologischen Weltbild gerecht.
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