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Paläontologie: Fischfossilschädel zeigt Übergang vom Wasser- zum Landleben

<i>Tiktaalik roseae</i>
Tiktaalik roseae | Das etwa 370 Millionen Jahre alte Fossil Tiktaalik roseae
Der Schädel des vor zwei Jahren zum ersten Mal beschriebenen Fischfossils Tiktaalik roseae konnte jetzt näher analysiert werden. Die innere Schädelarchitektur offenbart wichtige Anpassungen an ein Leben auf dem Festland [1]. Damit bestätigt sich, dass das Fossil ein wichtiges Bindeglied zwischen Fischen und den Landwirbeltieren war.

2006 präsentierten Wissenschaftler um Edward Daeschler von der Academy of Natural Sciences of Philadelphia und Neil Shubin von der University of Chicago die neue Art Tiktaalik roseae, deren Überreste die Forscher auf der Insel Ellesmere in der Polarregion Kanadas entdeckt hatten [2, 3]. Der Skelettbau des über einen Meter langen, krokodilartigen Tiers, das vor etwa 370 Millionen Jahren im späten Devon gelebt hatte, zeigte schon typische Anpassungen an das Landleben wie einen beweglichen Kopf, einen stabilen Brustkorb sowie funktionsfähige Schultern, Ellenbogen und Teile von Handgelenken.

Vom Wasser ans Land | Zwischen den tetrapodenartigen Fischen vor 380 Millionen Jahren und den fischartigen Tetrapoden vor 360 Millionen Jahren liegt eine Lücke. Diese Lücke könnte Tiktaalik roseae schließen: Seine Flossen hatten schon ein Handgelenk, so dass der Flachwasserfisch bereits erste Erkundungsgänge an Land durchführen konnte.
Die Art stand damit am Übergang zwischen Fischen und den landlebenden Wirbeltieren, den Tetrapoden, und wurde daher von den Forschern scherzhaft "Fischapod" genannt. Der Gattungsname leitet sich aus der Sprache der einheimischen Inuit her und bedeutet "großer Flachwasserfisch".

Die innere Architektur des Kopfes blieb den Paläontologen jedoch bislang verschlossen, da der Schädel fest im Fels vergraben war. Jetzt konnte Daeschlers Mitarbeiter Jason Downs den Schädel freilegen und eine dreidimensionale Rekonstruktion anfertigen.

Evolution des Nackens | Fische wie Eusthenopteron (unten) konnten den Kopf noch nicht frei drehen. Bei den ersten Amphibien wie Acanthostega (oben) ermöglichte ein Schultergürtel und ein ausgeprägter Nacken die Beweglichkeit des Kopfes. Das Skelett der vor etwa 370 Millionen Jahren lebenden Art Tiktaalik roseae (Mitte) steht evolutionsbiologisch dazwischen.
Dabei bestätigte sich, dass der Nacken von Tiktaalik roseae eine freie Drehung des Kopfes zuließ. Bei Fischen, die ihren gesamten Körper im Wasser schnell drehen können, fehlt diese Beweglichkeit.

Dagegen bildete sich ein Kieferknochen, das Hyomandibulare, das beim Fressen und Atem unter Wasser wichtig war, bei Tiktaalik roseae bereits zurück. Bei Säugetieren entwickelte sich aus diesem Knochen der Steigbügel, einer der drei Gehörknöchelchen des Mittelohrs.

Damit bestätigt sich die evolutionsbiologische Stellung von Tiktaalik roseae an der Basis der Landwirbeltiere. Das noch fischähnliche Wesen lebte vermutlich im Flachwasser in einer amphibischen Landschaft, wagte aber bereit erste Erkundungsgänge an Land. (aj)

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  • Quellen
[1] Downs, J. P. et al.: The cranial endoskeleton of Tiktaalik roseae. In: Nature 455, S. 925–929, 2008.
[2] Daeschler, E. B. et al.: A Devonian tetrapod-like fish and the evolution of the tetrapod body plan. In: Nature 440, S. 757–763, 2006.
[3] Shubin, N. H. et al.: The pectoral fin of Tiktaalik roseae and the origin of the tetrapod limb. In: Nature 440, S. 764–771, 2006.

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