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Asteroiden: Sonnenwind verfärbt junge Asteroidenoberflächen

Offenbar ist die Weltraumverwitterung von Asteroidenoberflächen sehr viel schneller und durchgreifender als bislang angenommen. Eine Untersuchung einer internationalen Forschergruppe um Pierre Vernazza bei der Europäischen Weltraumagentur ESA konnte nun bestätigen, dass der Sonnenwind die wahrscheinlichste Ursache für die Oberflächenveränderungen von Asteroiden ist.

Schon seit langem ist bekannt, dass sich trotz des Hochvakuums des Weltraums die Oberflächen von Asteroiden verändern und die Gesteine an der Oberfläche eine deutlich rötere Färbung annehmen, als jene in den tieferen Schichten. Unklar war jedoch bislang, welcher Vorgang dieses "Erröten" verursacht und wie schnell die Veränderungen vor sich gehen. Das "Erröten" der Oberflächen zeigt sich vor allem im Verlauf der Spektren im sichtbaren und infraroten Licht, für den visuellen Beobachter würde es nur in Ausnahmefällen sichtbar sein.

Das Forscherteam nutzte das 3,5-Meter-New-Technology-Telescope der Europäischen Südsternwarte auf dem Berg La Silla in Chile und drei weitere Instrumente, um verschiedene Asteroidenfamilien zu untersuchen. Diese entstehen, wenn zwei Kleinplaneten miteinander kollidieren und dabei auseinderbrechen. Die Bruchstücke kreisen danach auf ähnlichen Umlaufbahnen um die Sonne. Für ihre Beobachtungen wählten die Forscher erdnahe Asteroiden aus, um detaillierte Spektren aufnehmen zu können.

Bei den Kollisionen entstehen frische Oberflächen ohne Spuren der Weltraumverwitterung. Die Forscher fanden nun heraus, dass sich diese in weniger als einer Million Jahre verändern und eine rötliche Farbe annehmen – eine geringe Zeitspanne im Vergleich zum Alter des Sonnensystems von rund 4,5 Milliarden Jahren.

Die Veränderungen werden durch die geladenen Partikel des Sonnenwinds verursacht, die mit großer Geschwindigkeit auf die Minerale an der Oberfläche treffen. Dabei schädigen sie die Kristallstrukturen der getroffenen Minerale, die sich dadurch in ihrer Farbe verändern.

Die Verfärbung ist auch davon abhängig, woraus die jeweiligen Asteroiden bestehen und wie die Oberfläche beschaffen ist. Durch die Weltraumverwitterung kann zum Beispiel ein Asteroid, welcher eigentlich der Spektralklasse Q angehört, wie ein S-Typ-Asteroid erscheinen, und damit eine andere mineralogische Zusammensetzung vortäuschen.

Diese Typ-Bezeichnungen der Asteroiden beziehen sich auf besondere Merkmale ihrer spektralen Signaturen im sichtbaren und infraroten Licht. Jeder Asteroid zeigt dabei je nach Zusammensetzung einen charakteristischen Verlauf seines Reflektionsspektrums. Asteroiden vom Q-Typ sind die Quelle der am häufigsten auf die Erde fallenden Meteoriten, den so genannten gewöhnlichen Chondriten. S-Typ-Asteroiden zeigen eine silikatreiche "steinige" Zusammensetzung, daher die englische Bezeichnung "stony".

Für ihre Untersuchungen hatten die Astronomen die jüngsten bekannten Familien ausgewählt, Latura und Lucascavin. Bei diesen Familien ergaben numerische Analysen Kollisionsalter im Zeitrahmen von etwa 100 000 Jahren. Dennoch hatten sich auch die Oberflächen dieser jungen Asteriodentrümmer schon deutlich gerötet.

Nach etwa einer Million Jahre verändern sich die Oberflächen der Asteroiden durch den Sonnenwindbeschuss kaum noch, nun beeinflussen langsamere Vorgänge ihre Oberflächen. Der stetige Beschuss durch Mikrometeoriten wirkt auf die Oberflächen ein und verändert ihre Struktur. Dieser Prozess ist zwar sehr langsam, kann aber über mehrere Milliarden Jahre hinweg die obersten wenigen Zentimeter in ein feines Pulver zermahlen.

Seltene größere Einschläge graben die Oberflächenschicht allmählich um und zertrümmern dabei auch tiefere Gesteinslagen. Ein so genannter Regolith aus feinem Staub und Gesteinstrümmern unterschiedlichster Größen entsteht. Eine Regolith-Oberfläche ist typisch für atmosphärelose Himmelskörper wie Asteroiden oder den Planeten Merkur sowie den Erdmond.

Tilmann Althaus

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