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Gesünder, schöner, besser?

Internetkonzerne basteln an einer medizinischen Revolution.

Gesundheit, das ist laut WHO ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens. Sie ist mehr als die bloße Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen. Im Silicon Valley arbeiten Konzerne wie Google, Microsoft und Apple daran, diese Vorstellung, die eigentlich eine Definition vollkommenen irdischen Glücks ist, in die Tat umzusetzen.

Der »Spiegel«-Reporter Thomas Schulz hat dort für sein spannend zu lesendes Buch über Jahre hinweg exklusive Informationen zusammengetragen – aus Gesprächen mit Investoren, Forschern und Konzernchefs. Die Crème de la Crème der Wissenschaftswelt, hoffnungslose Fortschrittsoptimisten und Weltverbesserer, aber auch Profitgier und Größenwahn versammeln sich hier, um den Menschen gesünder, schöner und leistungsfähiger zu machen. In zehn Kapiteln eröffnet Schulz dem medizinischen Laien Einblicke in die Möglichkeiten der Medizin von heute und übermorgen. Er macht deutlich: Realität und Sciencefiction werden sich zum Verwechseln ähnlich.

Radikale Revolution des Gesundheitswesens

Der Angelpunkt der Revolution ist die Digitalisierung des medizinischen Sektors. Denn durch sie wird das Wissen verschiedener Disziplinen wie der Biologie, der Informatik und der Robotik verschmelzen und medizinisch nutzbar. Informationen über Krankheiten und Patienten können in Computern mit einer Deep-Learning-Technologie eingespeist und so in Sekundenschnelle verglichen und ausgewertet werden. Schon heute erkennen Computer Hautkrebs besser als ihre ärztlichen Kollegen aus Fleisch und Blut.

Ist es leeres Gerede, wenn das Biotech-Unternehmen Moderna mit dem Anspruch aufritt, »die Software des Lebens« umschreiben zu wollen? Es klingt faszinierend und vermessen zugleich, einen Code zu entwickeln, der menschlichen Zellen mitteilt, welche Proteine sie – etwa für eine Krankheitsbekämpfung – synthetisieren sollen. Der Autor hält verdutzt fest: »Damit wird der eigene Körper zur Medikamentenfabrik.« Das Potenzial der Genschere CRISPR/Cas läge in ihrer »Fähigkeit, alle lebenden Wesen in ihrem Innersten zu verändern«. Laut Schulze sei das ein Menschheitstraum: ein leistungsfähigerer Organismus, ein längeres Leben, der Sprung zur nächsten Evolutionsstufe. Doch er gibt auch zu bedenken: »Oder ein Albtraum: Biowaffen, Eugenik, Mutanten.«

Ein weiterer Meilenstein am Forschungshimmel: Bioprinting. Die Technologie verspricht, Patienten in Zukunft mit Ersatzorganen aus dem 3-D-Drucker zu versorgen. Das Start-up Organovo synthetisierte beispielsweise Teile von Lunge, Herz, Niere und produzierte Schulz zufolge lebendes Lebergewebe, ein fast exaktes Abbild der menschlichen Biologie. Auch andere Firmen arbeiten fleißig an dem Vorhaben, menschliche »Ersatzteile« herzustellen. Inzwischen sind über 100 medizinische 3-D-Drucker auf dem Markt. Spanische Wissenschaftler stellten 2017 ein neues Gerät vor, das in 35 Minuten 100 Quadratzentimeter Haut druckt. Könnte das eine Lösung sein für den chronischen Mangel an Spenderorganen?

»Zukunftsmedizin« stellt sich der kaum lösbaren Aufgabe, die komplexen Entwicklungen einer zunehmend digitalisierten Medizin unter eine Perspektive zu bringen. Es spiegelt die Euphorie ihrer Protagonisten, geht aber auch immer wieder auf kritische Distanz, indem es ethisch Probleme offenlegt. Das Konzept Gesundheit ist bereits heute moralisch gnadenlos überlastetet. Unser Selbstwertgefühl, unsere Vorstellungen von einem erfüllten Leben und vieles mehr ist an dieses so schwer erreichbare Gut gekoppelt. Macht uns diese Verquickung wirklich freier, glücklicher? Thomas Schulz möchte eine breite Debatte über dieses bedeutende Thema entfachen, denn er ist sich sicher: Wir sind bereits inmitten einer radikalen Revolution des Gesundheitswesens. Wie diese öffentliche Debatte aussehen soll, ist schwer abzusehen.

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