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Physiker-Alltag

Selten habe ich mich so über den lustigen Titel eines Buches gefreut. Was wird da alles erzählt werden? Welche Geschichten aus dem Leben der "Größen" der Physik werden wir wieder aufgetischt bekommen? Autor Wolfgang Rößler hat mit "Eine kleine Nachtphysik – Geschichten aus der Physik" gründlich seine Hausaufgaben gemacht!

Es ist eine Freude in den einzelnen Kapiteln mehr über Personen wie Niels Bohr, Wolfgang Pauli, Albert Einstein und viele mehr zu lesen. Wir erfahren Geschichten aus dem Alltag, über ihren Humor, und wie sie oftmals verzweifelt einen Weg suchten. Der Autor stellt vor allem den Menschen in den Mittelpunkt seiner Geschichten. Interessant war beispielsweise die Kurzgeschichte des jungen Richard Feynman während eines Spazierganges mit seinem Vater: Sie beobachteten einen Vogel und sein Vater, der den Namen des Vogels in vielen Sprachen zitierte (doch alle erfand), beeindruckte damit offenbar seinen Sohn. Dieser beschloss den Ausflug aber mit dem Hinweis: "Es nützt uns nichts den Namen in 20 Sprachen zu kennen, wir wollen den Vogel selbst beobachten, um zu sehen, was er macht – denn darauf kommt es in Wirklichkeit an".

Die Geschichten – jeweils ein Kapitel – sind in sich abgeschlossen und zeigen oftmals nette Überraschungen auf. So ist es hübsch zu sehen, wie die Relativitätstheorie und die dazu geschriebenen Bücher der Jahre 1920 bis 1935 so unterschiedliche Menschen wie Dirac, Heisenberg und Feynman zur Physik führten. Nur ein Kapitel weiter erfahren wir, wer dann zur Antrittsvorlesung von Richard Feynman in Princeton kam. Es waren John von Neumann, Albert Einstein und Wolfgang Pauli und seine anfängliche Nervosität – durchaus verständlich – wird denkbar eindrücklich geschildert.

In einer weiteren Geschichte erzählt Rößler über Wolfgang Pauli und den "Pauli-Effekt", nach dem es unmöglich sei, dass sich Wolfgang Pauli und ein funktionierendes Gerät im gleichen Raum befänden! Auch hierzu sind einige Geschichten aufgeschrieben, bei denen ich ein Schmunzeln nicht verbergen konnte. Dirac und seine Berufung auf den Lucasischen Lehrstuhl in Cambridge ist ebenfalls eine Erwähnung wert (heute ist Stepen Hawkins auf diesen Lehrstuhl, und schon Isaac Newton hatte ihn inne) – inklusiver einer Papagei-Geschichte, die eine sehr gute Pointe enthält und somit auch Dirac sehr gut charakterisiert.

Im Kapitel "Weltbilder" wird uns dann von Aristarch von Samos berichtet, der wohl als erster behauptet hatte, dass sich die Erde um die eigene Achse und zugleich um die Sonne dreht. Aristarch hatte auch schon viele astronomische Distanzen "fast" richtig errechnet – etwa die Entfernungen Erde-Mond und Erde-Sonne, bei der er um rund eine Zehnerpotenz falsch lag. Die Geschichte der Berechnung des Erdumfanges von Erasthostenes ist dagegen bekannt und wird auch im Buch in Einzelheiten beschrieben. Das Kapitel schließt mit Bemerkungen aus dem Leben von Galilei und wie er dem Kopernikanischen Weltbild hat abschwören müssen.

Bestechend sind die einzelnen Themen wie "Komplementarität – die beiden Seiten einer Wirklichkeit" oder "Der Röntgen ist wohl verrückt geworden". Die Vielfalt der Geschichten, die lockere Art der Erzählung und die zahlreichen kleinen Details aus dem Leben der Akteure machen das Lesen wahrlich zu einem großen Vergnügen! Was ich vermisste, waren allerdings eine Zeittafel, damit man sieht, wie alt die Protagonisten bei ihren Treffen waren, eine Tafel der Solvay-Konferenzen mit Ort, Jahr und Teilnehmern sowie eine Tafel der Nobelpreise.

Der Leser legt das Buch nicht gerne aus der Hand: Die Personen haben plötzlich Fleisch und Blut bekommen, und man würde gerne so manche zum (fiktiven) Abendessen einladen.

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