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Chronik des Lebens

Ernst Peter Fischer erzählt in seinem "Großen Buch der Evolution" nicht weniger als "die längste Geschichte der Welt" – denn dies ist in seinen Augen die Evolution. Beginnend bei den Abenteuern unserer "Vorfahren", der Mikroorganismen, bis hin zur überwältigenden Vielfalt von Pilzen, Pflanzen und Tieren beschreibt er die Entwicklung des Lebens der letzten 3,8 Millionen Jahre.

Die Erde unterliegt einem stetigen Wandel: Kontinente verschieben sich, Ozeane entstehen und Gebirge steigen auf. Evolutionsforscher können laut Fischer keine Vorhersagen treffen – außer der, dass sich fast alles ändern wird. Und doch befassen sie sich mit den Rätseln des lebendigen Treibens auf dem Planeten: Ist alles durch Evolution entstanden oder gibt es auch Zufälle? Die Zahl der Finger einer menschlichen Hand zum Beispiel, die Farbe des Blutes oder die Streifen der Zebras.

Gerade bei der menschlichen Entwicklung wird häufig das Schicksal oder ein göttliches Wesen zu Erklärungen bemüht. Zwei Fronten werden im Buch erläutert, von denen Menschen einerseits als "zufällige kosmische Nachzügler" und andererseits als unausweichliche Entwicklung bezeichnet werden.

Der Mensch wird heutzutage zwar nur noch selten als die "Krone der Schöpfung" tituliert, doch dass es eine Kluft zu anderen Lebewesen gibt, ist ebenfalls nicht abzustreiten. Fischer bringt den Leser allerdings zum Grübeln, wenn er ein Bild des Großen Fregattvogels mit aufgeblähtem Kehlkopf während der Balzzeit direkt neben das Foto eines amerikanischen Unternehmers setzt, der vor seinen Besitztümern posiert.

In der Lebewelt scheinen die Bezüge oft einleuchtend: Augen entstehen, weil es Licht gibt und Flossen, weil es Wasser gibt. Doch eine solch simple Erklärung reicht für das Phänomen des menschlichen Forscherdranges nicht mehr aus: Ein Wesen, das Schiffe baut, um auf die hohe See hinauszufahren und sogar den eigenen Planeten trotz seiner Vielfalt verlässt, um in Raumschiffen den Himmel zu erkunden, bedarf weiterer Beleuchtung. Der menschliche Entdeckergeist, der häufig mehr auf Neugier als einem Entwicklungszwang beruht, macht vielleicht die Einzigartigkeit des Homo sapiens aus.

Doch auch diese Eigenart des Menschen sieht Fischer zu großen Teilen in der Evolution begründet. Nicht nur offensichtliche Errungenschaften wie die Herausbildung der Sinne und eines anpassungsfähigen Körpers, sondern auch typisch menschliche Wesenszüge wie Religiösität oder das Empfinden von Schönheit sind wichtige Bestandteile der menschlichen Entwicklung.

Ein abschließendes Essay widmet sich der Frage nach der Unsterblichkeit – ein Thema, dass die Menschheit seit ihrer Entstehung beschäftigt. Dabei wird nicht nur versucht zu erklären, warum wir eben nicht unsterblich sind, sondern auch hinterfragt, ob wir es vielleicht werden können.

Der Autor legt zum Darwinjahr ein informatives wie unterhaltsames Buch vor, das vor allem mit seinen beeindruckenden Abbildungen überzeugt. Teilweise ganzseitige Bilder veranschaulichen den Text und bieten dem Leser spektakuläre Einblicke vor allem in die Vielfalt der Tierwelt. Wer erfahren will, warum Großmütter so wichtig für unsere Entwicklung waren, warum wir lachen können und ob Gene Künstler oder Egoisten sind, für den bietet "Das große Buch der Evolution" jedenfalls viele Antworten.

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