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Lexikon der Biochemie: Ribonuclease

Ribonuclease (EC 3.1.27.5), eine Phosphodiesterase aus dem Pankreas, die spezifisch für RNA ist. Die R. katalysiert die Hydrolyse von Phosphatesterbindungen zwischen Pyrimidinnucleosid-3-phosphatresten und der 5-Hydroxylgruppe des benachbarten Riboserests. Spaltprodukte sind 3'-Ribonucleosid-monophosphate und Oligonucleotide mit terminalem Pyrimidinnucleosid-3'-phosphat. Obwohl im Pankreas bei den meisten Wirbeltieren nachweisbar, wird R. nur bei den Wiederkäuern, gewissen Nagetieren und bei einigen herbivoren (pflanzenfressenden) Beuteltieren in größeren Mengen im Pankreas gebildet. Die hohe R.-Aktivität bei den Wiederkäuern ist notwendig, um die großen Nucleinsäuremengen der Pansenmikroorganismen, die einen Großteil des aus der Nahrung stammenden Phosphors und Stickstoffs in ihren Nucleotiden enthalten, aufzuschließen. Von den vier im Rinderpankreas nachgewiesenen R. (A, B, C und D) ist die kohlenhydratfreie R. A die vorherrschende Form. Die anderen R. sind Glycoproteine, die sich nur im Zuckergehalt unterscheiden. Letzterer verursacht die Mikroheterogenität und ist somit verantwortlich für das Auftreten von Pseudo-Isoenzymformen.

Die Primärstruktur (einkettiges basisches Protein aus 124 Aminosäuren, Mr 13,7kDa), Sekundärstruktur (4 Disulfidgruppen, etwa 15% α-Helix, etwa 75% β-Strukturen) und Tertiärstruktur (aktives Zentrum mit His12, His119, Lys7 und Lys41 befindet sich in einem Spalt, der das Molekül in zwei Hälften teilt) sowie der Wirkungsmechanismus der R. A sind bekannt. Das pH-Optimum liegt bei 7,0-7,5, der isoelektrische Punkt (pI) beträgt 7,8. Inhibitoren sind Penicillin, basische Farbstoffe (z.B. Acridin), Ethylendiamintetraessigsäure und divalente Kationen (Cu2+, Zn2+). R. A ist relativ hitzestabil (Erhitzen auf 85°C und nachfolgende Abkühlung führt zu keinem Aktivitätsverlust) und lässt sich durch β-Mercaptoethanol in 8M Harnstofflösung zu einem inaktiven Zufallsknäuel denaturieren, aus dem sich durch Reoxidation unter milden Bedingungen wieder vollaktive R. gewinnen lässt (reversible Denaturierung). Durch limitierte Proteolyse mittels Subtilisin wird aus R. durch Abspaltung des S-Peptids (Reste 1-20) die vollaktive R.-S (S-Protein, Reste 21-124) erhalten. Erst die Abdissoziation des S-Peptids vom S-Protein durch Harnstoff- oder Säurebehandlung führt zum Aktivitätsverlust des S-Proteins, ein Vorgang, der ebenfalls reversibel ist. Die einzig bisher bekannte dimere R. aus Rindersamenplasma besteht aus zwei identischen Polypeptidketten zu je 124 Aminosäuren (Mr je 14,5kDa), deren Sequenz identisch mit der Pankreasribonuclease ist und die durch zwei Disulfidbrücken zusammengehalten werden.

Andere gut untersuchte R. wurden aus Pilzen und Bakterien isoliert.

Eine extrazelluläre unspezifische Phosphodiesterase ist die bakterielle Nuclease aus Staphylococcus-aureus-Stämmen (Primär- und Tertiärstruktur ermittelt, 149 Aminosäuren, Mr 16,8kDa). Sie zerlegt sowohl DNA wie RNA in 3'-Phosphomononucleotide und -dinucleotide.

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