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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Angewandte Kartographie

Angewandte Kartographie, E applied cartography, zentrales Teilgebiet der Kartographie, das sich mit den Funktionen und Eigenschaften von Karten sowie den Methoden und Situationen ihrer Herstellung und Nutzung in den Anwendungsbereichen der Kartographie, wie der Verwaltung, den Geo- und Umweltwissenschaften, der Planung, dem Verkehrswesen, dem Tourismus, dem Schulwesen befasst. Abgrenzungen bestehen zu den Teilgebieten wissenschaftstheoretische Grundlagen der Kartographie, Allgemeine Kartographie und Regionale Kartographie. Die Angewandte Kartographie stützt sich im Wesentlichen auf Theorien, Methoden und Verfahren der Allgemeinen Kartographie und spezifiziert diese ggf. entsprechend den Anforderungen und Bedingungen in den Anwendungsbereichen.
Im Rahmen der Angewandten Kartographie haben sich, vor allem historisch bedingt, eine große Anzahl von eigenen Bezeichnungen für Anwendungsbereiche eingebürgert. So existieren Unterscheidungen nach der methodischen Vorgehensweise der Datenaufnahme und Kartenherstellung, aber auch bezüglich der abzubildenden Objekte und Strukturen des Georaumes, wie es z. B. in der Zweigliederung topographische Kartographie und thematische Kartographie deutlich wird. Oder es leiten sich Bezeichnungen aus dem abgebildeten Karteninhalt wie bei Umweltkartographie und Geschichtskartographie, aus dem modellierten Raum wie bei Seekartographie und Gebirgskartographie sowie aus der Präsentationsform von Karten bei Atlaskartographie ab. Darüber hinaus hat auch die Gliederung nach den Verantwortungsbereichen in behördliche Kartographie und gewerbliche Kartographie bzw. Verlagskartographie eine Bedeutung. Für einen Großteil von Anwendungsbereichen existiert keine eigene Bezeichnung. In diesen Bereichen wird der jeweilige in der Karte abgebildete Gegenstand bzw. die Situation und Form der Kartennutzung durch spezifische Kartenbezeichnungen dokumentiert, wie geowissenschaftliche Karten, Bodenkarten, geologische Karten, hydrologische Karten oder auch durch Kombination von Themen und Nutzungen als Landnutzungskarten.
Eine Systematisierung sämtlicher Herstellungs- und Einsatzgebiete von Karten mit spezifischen Anforderungsprofilen steht vor allem aufgrund der momentanen Ausweitung der Kartennutzung im Rahmen elektronischer Medien noch aus. Für eine Gliederung sind mindestens zwei Aspekte maßgebend.
Der eine Aspekt betrifft die Bedingungen der Kartenherstellung und der Kartennutzung in konkreten Anwendungsbereichen. Im Rahmen deren Aufgabenfelder und Organisationsstrukturen werden spezifische Karten hergestellt, angeboten, vertrieben, in elektronische Systeme eingebunden und z. T. selbst genutzt. Unterschieden werden : 1. behördliche und verwandte Bereiche mit allgemeinen staatlichen Aufgaben, wie das Vermessungs-, Kataster- und Forstwesen, 2. Management- Produktions- und Logistikbereiche mit überwiegend spezialisierten Aufgaben und sowohl staatlicher als auch privatwirtschaftlicher Einbindung, 3. die verschiedenen georäumlich arbeitenden Wissenschaften, 4. kulturelle und touristische Einrichtungen, 5. Massenmedien mit Zeitungen und dem Fernsehen und schließlich 6. Einrichtungen mit lern- und ausbildungsorientierten Kartenanwendungen.
Der andere Aspekt betrifft Bedingungen, die sich aus dem Einsatz von Karten im Rahmen bestimmter kartographischer Handlungsfelder wie beispielsweise bei der raumbezogenen Orientierung und Navigation oder der raumbezogenen Kartierung und beim Monitoring ergeben, in denen sie unterstützend oder steuernd wirken. Für diese Handlungsfelder sind Karten hinsichtlich der Formen der Informationsverarbeitung spezifisch strukturiert, wie etwa zur Sicherung und Übertragung von Informationen, zur Überprüfung, Erweiterung und Bewertung von Wissen sowie zur Erweiterung von Kompetenzen.
Die genannten konkreten kartographischen Anwendungsbereiche unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer staatlichen oder privatwirtschaftlichen Aufgaben und weniger aufgrund ihrer kartographischen Anwendungen, die sich zum Teil in theoretischer und technologischer Hinsicht gleichen. So sind beispielsweise in der Raumordnung oder der Regionalplanung verschiedene kartographische Handlungsfelder relevant, die in den unterschiedlichen Phasen der Planung aber gleichzeitig auch in anderen Anwendungsbereichen zum Tragen kommen. In den verschiedenen Anwendungsbereichen erfolgt die technologische Entwicklung vor allem aber auch die Implementation von Informations-, Auskunftssystemen etc. in Form sog. Fachsysteme zum Teil völlig unabhängig von Entwicklungen in benachbarten Bereichen.
Dies resultiert z. T. aus dem geringen Austausch kartographischer Erkenntnisse zwischen den Anwendungsbereichen, aber auch aus der geringen Verwertung von Erkenntnissen der Allgemeinen Kartographie. Auf der Basis kartographischer Handlungsfelder, die in unterschiedlichem Umfang und Verteilung in den Anwendungsbereichen eine Rolle spielen, können Gemeinsamkeiten im Bereich der kartographischen Informationsverarbeitung festgestellt und gegebenenfalls danach Erkenntnisse ausgetauscht oder als Anwendungen evaluiert werden. Relevant für einen solchen kooperativen Erkenntnisaustausch ist ein Abgleich zwischen den verschieden Inhaltsbereichen digitaler bzw. graphischer Karten sowie zwischen den anwendungsbezogenen kartographischen Modellen, Methoden und technischen Verfahren einschließlich der verschiedenen Bedingungen und Situationen der Kartennutzung.
Insgesamt werden diese Voraussetzungen und Bedingungen in der Angewandten Kartographie noch nicht einheitlich erfasst und systematisiert. Eine wichtige Aufgabe ist es daher, einen allgemeinen Anforderungs- und Bedingungsrahmen zu schaffen sowie betriebswirtschaftliche Methoden und Verfahren zur Recherche von Organisations-, Kommunikations- und Informationsstrukturen zu entwickeln, um damit einen problemlosen und effektiven Wissenstransfer zwischen Allgemeiner Kartographie und den Bereichen der Angewandten Kartographie zu ermöglichen (Abb.).

JBN

Literatur: [1] BOLLMANN, J. (Hrsg.) (1998): Angewandte Kartographie – Studienprojekte zum Einsatz von Informationssystemen in Wissenschaft, Verwaltung und Privatwirtschaft. – In: Beiträge zur kartographischen Informationsverarbeitung, Bd. 10, Materialien, Trier. [2] HAKE, G. & GRÜNREICH, D. (1994): Kartographie, Berlin, New York. [3] WILHELMY, H. (1990): Kartographie in Stichworten, 6. Auf. von Hüttermann, A. u. P. Schröder, Kiel.

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Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

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Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

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