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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Zeit

Zeit, E time, Größe oder Dimension, durch die Ereignisse universell in ein Ordnungssystem gebracht werden können mit dem u. a. die Dauer von Ereignisfolgen bestimmt wird. Der topologische Zeitbegriff bezieht sich auf die Ordnung von Ereignissen nach früher und später. Diese Ordnung wird auf die Ursache-Wirkungs-Relation zurückgeführt und resultiert aus der Auffassung über die Irreversibilität von Vorgängen. Das subjektive Zeiterleben geht jedem anderen praktischen oder theoretischen Umgang mit Zeit voraus. Die Zeit ist somit kein Gegenstand der äußeren Wahrnehmung, sondern wird erlebt als das Nacheinander von Ereignissen und deren Verhältnissen zueinander. Als elementare Zeiterfahrung z. B. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung und damit auch der medialen Präsentation von Ereignissen werden unterschieden: Zeitminimum zur Feststellung zweier zeitnaher Ereignisse (Verschmelzungsschwelle), minimales Zeitintervall für die Ordnung von Einzelereignissen (Reihenfolgeschwelle) und Empfindung des Jetzt (subjektive Gegenwart).
Als Zeitquantum, als Einheitsmaß der zeitlichen Verrechnung bei der Wahrnehmung, wird von der Dauer von 30 bis 40 ms ausgegangen. Die Grundeinheit der physikalischen bzw. metrischen Zeitmessung ist der mittlere Sonnentag mit der Sekunde als 86 400stem Teil davon. Zeitliche Einordnungen von Zuständen oder Ereignissen werden unterschieden als Zeitpunkt (z. B. als Kalenderzeit), Zeitspanne, Zeitraum (abgegrenzte metrische Zeitdauer), zeitliche Gültigkeit (bis zu oder ab einem bestimmten Zeitpunkt) und Zeitpunktfolge (wiederkehrender Zeitpunkt z. B. periodisch nach Stunden, Tagen usw.).
In der Geographie und den Geowissenschaften hat die Zeit zwei unterschiedliche Aspekte. Erstens als konkrete historische Vergangenheit zur Datierung von Zuständen oder Ereignissen bezogen auf die Genese, Geschichte oder von Entwicklungsphasen und zweitens als abstrakte Dimension, innerhalb derer sich Veränderungen ereignen, bezogen auf Prozesse, Bewegungen und auf deren Dynamik.
In der Kartographie ist die Dimension oder der Begriff der Zeit in mehrfacher Hinsicht von Interesse und wird formal entsprechend differenziert: 1. Bei der Festlegung der Gültigkeit von Karten bzw. deren Inhalten also beispielsweise durch den Herausgabe- oder Berichtigungszeitpunkt einer Karte.
2. Bei der raum-zeitlichen Differenzierung von Kartenthemen (vgl. Raum), zu der im Wesentlichen in Karten abzubildende Merkmale von natürlichen und sozioökonomischen Situationen und Prozessen unterschieden werden. Dieses sind a) die zeitliche Einordnung von Zuständen an einem bestimmten Ort mit der Differenzierung als Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt, verschiedene Zustände zu mehreren Zeitpunkten und Zustandsveränderungen (-raten) zwischen mehreren Zeitpunkten sowie b) die zeitlichen Einordnung von Bewegungen und Ausbreitungen im Raum mit der Differenzierung als Position einer Bewegung auf einer Strecke zu einem bestimmten Zeitpunkt, als Positionen von Bewegungen auf einer Strecke zwischen mehreren Zeitpunkten sowie als Richtungen und Dynamiken von Bewegungen und Ausbreitungen zwischen mehreren Zeitpunkten.
3. Bei der Differenzierung der zeitlichen Dimension von kartographischen Abbildungen, bei der der Faktor Zeit in statischen Karten grundsätzlich nur durch eine Folge von veränderten Positionen und Zuständen dargestellt werden kann (vgl. Entwicklungsdarstellung). Es werden unterschieden a) die Abbildung eines Ausgangszustands und der Zustand seiner Veränderung, b) die Abbildung der schrittweisen, also jeweils abgegrenzten Ausweitung einer Strecke bzw. Fläche einschließlich der damit verbundene Dynamik und Frequenz und c) die auf einer Strecke (Spur) oder in einer Fläche angeordnete Folge von Positionen. Bei der dynamischen Darstellung werden die phasenhaften Veränderungen in der statischen Karte durch sich kontinuierlich verändernde Zustände und Positionen erweitert, sodass dadurch unter Berücksichtigung eines bestimmten Zeitmaßstabs ein vergleichbarer Eindruck zu realen Zeitverläufen entsteht. 

JBN

Literatur: [1] WIRTH, E.(1979): Theoretische Geographie. Stuttgart. [2] COUDELIS, H. (1992): Location, Place, Region and Space. In: Abler, R.F. (Hrsg.): Geography's inner worlds, New Jersey. [3] SEITELBERGER, F. (1997): Die Wahrnehmung von Raum und Zeit – Aspekte der Neurobiologie. In: Albertz, J. (Hrsg.): Wahrnehmung und Wirklichkeit, Freie Akademie, Bd.17.

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