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News: Alte Theorie in neuem Gewand

So ist das mit Modellen und Theorien in der Wissenschaft: Da kommt einer, hat eine Idee und schreibt sie auf. Jemand anders stellt fest, dass es vielleicht doch nicht ganz so einfach ist und schmeißt entweder alles über den Haufen oder erweitert und verbessert das Vorhandene. Irgendwann - so der Idealfall - präsentiert uns dann die Wissenschaft ein in sich schlüssiges Bild für ein Phänomen. Jüngst erfuhr eine etwas betagte Theorie zum Magnetismus in Materie, die Molekularfeldtheorie, so eine Grunderneuerung - und endlich funktioniert das Modell auch für alle Temperaturen.
Die Geschichte des Magnetismus ist lang. Wer das Phänomen wann zuerst entdeckte ist unbekannt. Den alten Griechen war die geheimnisvolle Anziehungskraft des Magnetsteins schon bekannt. Bereits im 12. Jahrhundert setzten Seeleute die Erscheinung für ihre Navigation ein. Heute sind magnetische Materialien aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Sei es in Kassetten, in Festplatten oder anderen Speichermedien sowie in einer Vielzahl von Sensoren – technische Anwendungen gibt es zuhauf. Dabei handelt es sich hier häufig um eine spezielle Art des Magnetismus, den so genannten Ferromagnetismus.

Ein Modell zu dessen Beschreibung, die so genannte Molekularfeldtheorie, hatte der französische Physiker Pierre Weiss bereits 1907 eingeführt. Sie stellt bereits die Erweiterung eines Standardmodells dar, das zur Beschreibung von Paramagneten – Material, das in einem angelegten äußeren Magnetfeld schwach magnetisch wird – gute Dienste leistet. Das alles gilt jedoch nicht bei Ferromagneten. Diese sind unterhalb der so genannten Curie-Temperatur auch ohne ein äußeres Feld stark magnetisiert. Sie bilden spontan zwei magnetische Pole aus, wie es beispielweise vom Kompass bekannt ist. Gemäß des Standardmodells sollte die Temperatur wesentlich kleiner ausfallen, als sie es tatsächlich tut. Weiss schlug deshalb in seiner Korrektur vor, eine starke Wechselwirkung zwischen den Dipolen zu berücksichtigen. Die Verbesserung des Modells funktionierte, allerdings gab es weiterhin Abweichungen im Bereich der Übergangstemperatur.

Nun konnte der Physiker Ralph Chamberlin von der Arizona State University in Tempe die Theorie auch für den kritischen Temperaturbereich erweitern (Nature vom 16. November 2000). Ihm gelang dies, indem er Effekte der Nanothermodynamik in seine Rechnung mit einbezog. Hier spielen magnetische Fluktuationen auf molekularer Größenskala eine Rolle. "Ich war fasziniert von den Gemeinsamkeiten im Verhalten von Gläsern und Magneten", erzählt Chamberlin. "Der Durchburch gelang, als ich feststellte, dass es im wesentlichen die gleichen Gesetze sind, die den Übergang zwischen Flüssigigkeit und Glas sowie Paramagnet und Ferromagnet beschreiben."

Das verbesserte Standard-Modell beschreibt nun zum ersten Mal präzise das ferromagnetische Verhalten von Metallen im gesamten Temperaturbereich. Frühere Versuche, die bestehende Weiss'sche Theorie zu verfeinern, führte nur zu weiteren Einschränkungen auf bestimmte Temperaturen.

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