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Gesundheitsberufe: Frauen zwischen Pflicht und Erschöpfung

Frauen in Gesundheitsberufen leiden häufiger als ihre männlichen Kollegen unter chronischem Stress. Die Belastung durch Überstunden, Schichtarbeit und familiäre Verantwortung kann zu Burnout führen.
Im Flur eines Krankenhauses sitzt eine Ärztin oder Krankenschwester mit gesenktem Kopf auf dem Boden
Schwierige Arbeitsbedingungen überlasten medizinisches Personal. Vor allem Frauen bekommen oft die Verantwortung für besonders »komplizierte Fälle« übertragen. (Symbolbild)

Ob in der Praxis, in der Notaufnahme oder im Seniorenheim: Es kostet viel Energie, sich um kranke und pflegebedürftige Menschen zu kümmern. Die hohe Arbeitsbelastung kann chronischen Stress verursachen und sogar zum Burnout führen. Dabei leidet die Psyche von Frauen, die im Gesundheitswesen tätig sind, unterm Strich mehr als die von Männern, wie US-amerikanische Forschende um Leigh Frame von der George Washington University School of Medicine and Health Sciences in »Global Advances in Integrative Medicine and Health« zeigen.

Das Forschungsteam fasste die Ergebnisse von mehr als 70 zwischen 1979 und 2022 veröffentlichten Studien aus 26 verschiedenen Ländern zusammen, darunter die USA, Kanada, China und Japan. Der umfangreichen Analyse zufolge gelingt es Frauen, die in medizinischen Einrichtungen arbeiten, seltener als ihren männlichen Kollegen, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Außerdem leiden sie unter fehlender Autonomie – ihre Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung ist am Arbeitsplatz oft eingeschränkt.

Den Autoren zufolge wirkt sich auch eine Ungleichbehandlung negativ auf die psychische Gesundheit von Frauen aus: So werden leitende Ärztinnen – im Gegensatz zu Ärzten – von Patienten oder Angehörigen oft für Pflegekräfte gehalten und mit Vornamen angesprochen. Außerdem wird ihnen häufiger die Verantwortung für besonders »komplizierte Fälle« übertragen, die nicht nur viel Energie rauben, sondern auch mehr Zeitdruck verursachen.

Hinzu kommt laut Frame, dass diese schwierigen Arbeitsbedingungen, Überstunden und die Schichtarbeit mit den zu Hause anfallenden Aufgaben vereinbart werden müssen, die häufiger von Frauen als von Männern erledigt werden: Sie planen die Einkäufe, organisieren den Kindergeburtstag, rufen die kranken Schwiegereltern an oder denken an die Unterlagen für die Steuererklärung. Diese Doppelbelastung könne zu chronischem Stress und Burnout führen.

Die psychische Gesundheit des – meist weiblichen – medizinischen Personals ist vor allem seit der Covid-19-Pandemie ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Entlastung schaffen laut den US-Autoren flexible Arbeitsbedingungen, Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung, Achtsamkeitsübungen und soziale Unterstützung. Auch ausreichender Schlaf und Ruhezeiten schützen. Um dem durch die schwierigen Arbeitsbedingungen vielerorts verursachten Pflegenotstand zu begegnen, bedarf es Frame zufolge jedoch besseren Arbeitsbedingungen insgesamt und einer dauerhaften Entlastung des weiblichen Klinikpersonals.

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