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Sicher helfen: Wie hilft man bei einem Schlaganfall?

Wenn der Mundwinkel plötzlich hängt oder dem Arm die Kraft fehlt, sofort den Notruf wählen. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Schlaganfall. Jetzt zählt jede Minute.
Seniorin beim Kaffeetrinken
Ein Schlaganfall tritt besonders bei älteren Menschen auf. Man erkennt ihn zum Beispiel an Lähmungserscheinungen (Symbolbild).

Achtung: Dieser Text bietet lediglich einen Überblick über Erste-Hilfe-Maßnahmen. Er ersetzt keinen Erste-Hilfe-Kurs. Kursangebote bieten unter anderem das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter und der Arbeiter-Samariter-Bund.

Sie besuchen Ihre Großmutter. Im Garten trinken Sie gemeinsam Kaffee und plaudern, als Ihrer Oma plötzlich die Tasse aus der Hand fällt. Sie fragen, ob alles in Ordnung sei, doch die Antwort der betagten Dame ist unverständlich. Einer ihrer Mundwinkel hängt herab.

Was ist los?

Ihre Großmutter hat sehr wahrscheinlich einen Schlaganfall. Damit ist sie in Deutschland einer von rund 270 000 Menschen pro Jahr. Bei diesem medizinischen Notfall werden Teile des Gehirns plötzlich nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. In 80 bis 85 Prozent der Fälle liegt der Erkrankung ein verschlossenes Gefäß zu Grunde. Dann spricht man von einem Hirninfarkt. Bei 10 bis 15 Prozent der Betroffenen blutet ein geplatztes Blutgefäß ins Hirngewebe oder in den Liquorraum ein. Risikofaktoren sind unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Vorhofflimmern, Diabetes mellitus und Adipositas, Alkoholkonsum und Rauchen. Männer und ältere Menschen erkranken häufiger als Frauen und Jüngere.

Oft berichten die Patienten über plötzlich auftretende starke Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen sowie einseitige Lähmungen an Armen und Beinen. Je nach betroffenem Hirnareal fallen unterschiedliche Funktionen aus: Ist der Gesichtsnerv geschädigt, hängt der Mundwinkel einseitig herab und das Augenlid auf derselben Seite ist geschlossen. Einige Erkrankte bekommen zudem Probleme beim Sprechen und Schlucken, manche sehen auf einem Auge schlechter oder verlieren das Bewusstsein. Nicht immer sind die Beschwerden eindeutig.

Warum ist das gefährlich?

Weltweit gilt der Schlaganfall als die zweithäufigste Todesursache. Fast jeder zweite Betroffene stirbt innerhalb von fünf Jahren nach einem Schlaganfall, jeder fünfte bekommt einen weiteren Schlaganfall. Kurz nach dem Vorfall können lebensgefährliche Komplikationen auftreten. Dazu zählen ein hoher Hirndruck, Blutgerinnsel in der Lunge, Herzrhythmusstörungen und Herzversagen. Häufig bleiben Menschen nach einem Schlaganfall behindert. Zusätzlich erkrankt ein Drittel von ihnen an Depressionen, die den Regenerationsprozess beeinträchtigen.

Sicher helfen

Erste Hilfe rettet Leben. Wenn jemand in eine medizinische Notsituation gerät, sind wir deshalb alle verpflichtet, zu helfen. Trotzdem zögern viele Menschen im Ernstfall, oft aus Angst vor Fehlern. Diese Unsicherheit muss aber nicht bleiben. In unserer Serie »Sicher helfen« erklären wir, was im Notfall zu tun ist: Wie erkennt man eine Vergiftung? Welche Informationen braucht der Notruf? Und wann muss man reanimieren?

Wie kann man helfen?

Ein Schlaganfall ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Ersthelfer müssen umgehend den Notruf 112 wählen. Die ersten Stunden nach einem Schlaganfall entscheiden darüber, wie stark das Gehirn geschädigt wird. Es gilt also: Zeit ist Hirn, wie die Uniklinik RWTH Aachen schreibt. Um zu prüfen, ob der oder die Betroffene bei Bewusstsein ist, sollten die Helferinnen und Helfer sie ansprechen und eventuell vorsichtig an den Schultern rütteln. Ist die Person bei Bewusstsein, sollte sie bequem und mit erhöhtem Oberkörper positioniert werden. Die gelähmte Körperhälfte wird gepolstert. Dabei bleiben die Helfenden ruhig und schirmen die betroffene Person wenn nötig von der Umgebung ab. Helfende dürfen ihr weder zu essen oder trinken noch Medikamente geben, da die Gefahr besteht, dass sie sich verschluckt und die Partikel in die Lunge geraten. Ist der erkrankte Mensch bewusstlos, atmet aber normal, sollten Helfende ihn in eine stabile Seitenlage bringen, ohne den Oberkörper zu erhöhen. Sie bleiben bei der Person, bis die Rettungskräfte eingetroffen sind, und holen sich nach Möglichkeit weitere Unterstützung. Außerdem prüfen Helferinnen und Helfer regelmäßig, ob der oder die Betroffene noch bei Bewusstsein ist und regelmäßig atmet. Atmet die Person nicht mehr oder nicht normal, startet man umgehend mit der Wiederbelebung. Eine Anleitung zur ersten Hilfe bei einem Schlaganfall finden Sie unter anderem auch bei der Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe oder beim Deutschen Roten Kreuz.

Einen Schlaganfall erkennen

Wer sich unsicher ist, ob das Gegenüber einen Schlaganfall hat, kann die Symptome mit Hilfe der FAST-Methode testen: Das Akronym steht für »face« (Gesicht), »arms« (Arme), »speech« (Sprache) und »time« (Zeit). Als Erstes bittet man die betroffene Person zu lächeln. Ein herabhängender Mundwinkel spricht für einen Schlaganfall. Danach soll sie versuchen, beide Arme nach vorne zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einem Schlaganfall kann man in der Regel einen Arm nicht in der Luft halten. Möglicherweise dreht er sich, so dass die Handfläche nach unten zeigt. Als Nächstes lässt man die Person einen einfachen Satz nachsprechen, beispielsweise »Draußen regnet es«. Möglicherweise kann sie die Worte nicht korrekt oder nur undeutlich wiederholen. Ist eine der Reaktionen auffällig, müssen Helfende sofort den Notruf wählen. Gelingt es, innerhalb von 90 Minuten nach Beginn der Symptome eine professionelle Therapie einzuleiten, sinkt das Risiko von Langzeitfolgen beträchtlich.

Wie geht es weiter?

Hat der oder die Betroffene einen stabilen Kreislauf, wird er oder sie so schnell wie möglich ins nächstgelegene Krankenhaus mit einer Schlaganfall-Abteilung gebracht, die »Stroke Unit«. Dort erstellen die Fachleute zunächst mittels Computertomografie (CT) ein Bild des Gehirns. Dieses verrät ihnen, wo der Schlaganfall seinen Ursprung hat und ob eine Blutung oder ein blockiertes Gefäß die Beschwerden verursacht. Anhand des Befunds entscheiden die Ärztinnen und Ärzte, welche Therapie sie einleiten: In den ersten viereinhalb Stunden nach Einsetzen der Symptome versuchen sie üblicherweise, das verschlossene Gefäß medikamentös wieder zu öffnen. Solche Arzneimittel dürfen jedoch auf keinen Fall gegeben werden, wenn die Person blutende Wunden hat. Die Mittel würden die Blutung verstärken. Alternativ wird probiert, die Blockade mit Hilfe eines dünnen Schlauchs zu entfernen. Bei einer Hirnblutung hängt die Therapie vom individuellen Befund ab; starke Blutungen müssen zum Beispiel oft operativ behandelt werden.

Die transitorische ischämische Attacke

Manchmal bessern sich die Beschwerden eines Schlaganfalls nach einigen Minuten bis zu mehreren Stunden von selbst wieder. Dann haben die Betroffenen wahrscheinlich eine transitorische ischämische Attacke (TIA) erlitten. In solchen Fällen waren die Blutgefäße nur vorübergehend verstopft.

Auch wenn die Symptome wieder verschwinden, müssen Betroffene umgehend ärztlich behandelt werden: Eine TIA gilt als Frühwarnzeichen für einen Schlaganfall. Betroffene haben sowohl kurz- als auch langfristig ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Deshalb bekommen sie vorbeugend gerinnungshemmende Medikamente.

Nach der ersten Notfallbehandlung bekommt die betroffene Person Medikamente, um künftigen Schlaganfällen vorzubeugen. Zusätzlich starten verschiedene Reha-Maßnahmen: In Logopädiesitzungen übt sie zum Beispiel schlucken und sprechen, oder sie trainiert geschwächte Muskeln in Physio- und Ergotherapieeinheiten.

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