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Mykologie: Fleisch fressender Pilz legt tödliche Fallen aus

Ein bodenbewohnender Pilz lockt Beutetiere in klebrige Fangnetze, um sie dort zu verdauen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, wie er das macht.
Pilzhyphen
Unterirdische Pilzfäden (Hyphen) umspinnen und zersetzen Holz im Erdboden.

Es gibt Pflanzen, die Insekten fangen – und Fleisch fressende Pilze, die das mit Würmern tun. Ein Forschungsteam hat nun genauer aufgeklärt, wie das funktioniert. Die Arbeitsgruppe um Hung-Che Lin von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Taiwans berichtet darüber in der Fachzeitschrift »PLOS Biology«.

Arthrobotrys oligospora ist ein Pilz, der im Erdreich lebt und in Asien, Afrika, Amerika und Australien weit verbreitet vorkommt. Üblicherweise ernährt er sich von toter, verrottender organischer Substanz. Bei Nährstoffmangel aber und wenn bodenbewohnende Fadenwürmer in der Nähe sind, schaltet er auf eine räuberische Lebensweise um. Er legt dann Fallen, mit denen er die Würmer anlockt und fängt. Hierfür bildet er Netze und Schlaufen aus Pilzfäden, so genannte Hyphen, die mit einer klebrigen Substanz überzogen sind. Die Fadenwürmer bleiben daran hängen und sterben. Der Pilz schickt Hyphen aus, die in die Würmer eindringen und sie verdauen.

Lin und sein Team haben erforscht, welche molekularen Prozesse dabei ablaufen. Sie ließen den Pilz unter Nährstoffmangel wachsen und gaben Fadenwürmer hinzu. Anschließend untersuchten sie für verschiedene Stadien des Beutefangs, welche Boten-RNAs der Pilz jeweils produziert. Daraus lässt sich schließen, welche seiner Gene im jeweiligen Stadium aktiv sind – und somit welche seiner Proteine am Beutefang mitwirken.

Vorbereiteter Hinterhalt

Der Pilz frisst Fadenwürmer der Spezies Caenorhabditis elegans. Diese erkennt er an Signalmolekülen, mit denen sie untereinander kommunizieren. Sobald er jene Botenstoffe wahrnimmt, setzt er Substanzen frei, die tierischen Sexualpheromonen ähneln und auf die Würmer attraktiv wirken, so dass sie sich nähern. Zeitgleich regelt er die Aktivität hunderter Gene hoch, kurbelt seine Proteinproduktion an und beschleunigt die Zellteilung. Mit den zusätzlich hergestellten Eiweißen und Zellen baut er die Klebefallen auf.

Leuchtende Fallen | Um Fadenwürmer zu erbeuten, legt der bodenbewohnende Pilz Arthrobotrys oligospora klebrige Fallen aus (hier leuchtend gemacht mit Hilfe eines Fluoreszenzfarbstoffs). Die Fallen bestehen aus Pilzfäden, an denen die Würmer haften bleiben, und sind einige Zehntelmillimeter groß. Im Bild oben links sind gefangene Würmer zu erkennen.

Vier bis zehn Stunden, nachdem der Pilz seine Beute bemerkt hat, intensiviert er die Produktion zahlreicher Proteine, die dafür sorgen, dass die Fadenwürmer an den Pilzfäden haften bleiben. Aus den Untersuchungen geht hervor: Fleisch fressende Pilze wie Arthrobotrys oligospora besitzen ungewöhnlich viele Gene, die für klebrige Proteine codieren. Wahrscheinlich sei das eine evolutionäre Anpassung an ihre Fallen stellende Jagdstrategie, schreiben Lin & Co.

Etwa 24 Stunden, nachdem der Pilz die Fadenwürmer vorgesetzt bekommen hat, streckt er Hyphen aus, die in sie einwachsen. Parallel dazu kurbelt er die Herstellung von Proteasen an – Enzymen, die der Verdauung dienen. Weiterhin sondert er Moleküle ab, die vermutlich das Immunsystem der gefangenen Würmer ausschalten, so dass er leichter in sie eindringen kann. Der Pilz zersetzt die Tiere und verleibt sich ihre Bestandteile ein, wie die Untersuchungen belegen.

»Laut unseren Ergebnissen können Pilzzellen, die Beute wahrnehmen, trotz Nährstoffmangel ihre Biogenese-Maschinerie hochfahren, um das Stellen von Fallen einzuleiten«, schreiben die Forscherinnen und Forscher in dem Fachartikel. Arthrobotrys oligospora betätigt sich so als erfolgreicher Tierfänger, obwohl er sich nicht fortbewegen kann.

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