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News: Innen oder außen?

Teilt sich eine befruchtete Eizelle zum ersten Mal, beginnt für beide Tochterzellen ein noch unsichtbares Schicksal: Während aus der kleineren alle inneren Schichten hervorgehen werden, bildet die größere später die äußeren Schichten des Organismus. Beteiligt an der schicksalhaften Zuteilung ist ein bereits in anderer Funktion bekannter Proteinkomplex. Er führt die Zelle gekonnt durch die unterschiedlichen Phasen ihrer Zellteilung.
Embryo von <i>Caenorhabditis elegans</i>
Will ein Spermium eine Eizelle befruchten, hat es einen recht mühsamen Weg vor sich. Erst muss es sich durch einen Kranz von Follikelzellen kämpfen, mit denen sich das weibliche Ei umgibt, um sich dann mit Hilfe mitgebrachter proteinauflösender Enzyme durch drei vernetzte Schichten aus Glycoproteinen zu schrauben. Erfolgreich eingedrungen, polarisiert das winzige Spermium die behäbige Eizelle sofort in zwei Zonen. Die nach der Teilung entstehenden Tochterzellen haben völlig gegensätzliche Schicksale vor sich: Eine wird die Urmutter aller inneren Gewebe eines Organismus – des Entoderms –, die andere lässt die äußeren Schichten – das Ektoderm – entstehen.

Kalter Kaffee – bis jetzt. "Wir wussten seit langem, dass der Eintritt des Spermiums diese anfänglichen Differenzen veranlasst," sagt Chad Rappleye von der University of California in San Diego. "Aber wie die Zelle diese molekularen Unterschiede errichtet, war unbekannt." Rappleye hat sich, gemeinsam mit seinem Kollegen Raffi Aroian, diesem Rätsel angenommen. Was sie dabei fanden, war an sich auch nichts Neues: ein schon bekannter Proteinkomplex namens Anaphase Promoting Complex (APC). Er bereitet die Zelle für ihre Teilung vor, indem er den Übergang von der Metaphase – hier ordnen sich die Chromosomen in Zellmitte an – zur nachfolgenden Anaphase – in der sich die Schwesterchromatiden voneinander trennen – begleitet.

Neben dieser Aufgabe kommt der große Komplex aus einer Vielzahl von Proteinen aber auch der Polarisation der befruchteten Einzelle nach. Nicht dumm von Mutter Natur. Was sie gemacht hat: Die Evolution hat einen Komplex genommen, um die Zelle fehlerfrei durch ihre Teilung zu leiten und nutzt ihn erneut, um den einzelligen Embryo in seine zwei grundsätzlichen Schicksale zu teilen. Die Rolle des APC legte das Forscherteam durch Untersuchungen von mutierten Rundwürmern der Art Caenorhabditis elegans mit eingeschränkter APC-Funktion offen. Hierbei zeigte sich, dass APC dem Spermium dabei hilft, das Protein PAR-3 aus einer Ecke der Eizelle zu schubsen. Nun kann das Protein PAR-2 stattdessen dort binden. Am Ende der Aktion finden sich beide Proteine in entgegengesetzten Zellpolen wieder.

Die Proteine stabilisieren dabei fundamentale Unterschiede von einem Ende zum anderen, sodass der einzellige Embryo sich in zwei ungleich große Schwesternzellen teilt. Die größere Tochter entwickelt sich zu den äußeren Schichten des Organismus, während aus ihrer kleinen Schwester die inneren Schichten hervorgehen. Ist die APC-Funktion eingeschränkt, teilt sie die Ursprungszelle stattdessen in zwei gleich große Töchter.

Und so nutzt die Zelle einen bereits bekannten Komplex für eine neue Aufgabe. Aus der Perspektive der Zelle gesehen macht dies viel Sinn: Statt das Rad neu zu erfinden, setzt sie altbewährtes nur neu ein – ein Musterbild an Effektivität.

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