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News: Lichtmühle im Mikrometermaßstab

Schon im vorletzten Jahrhundert erfand ein Engländer eine Apparatur, welche die Strahlungsenergie von Licht in eine Bewegung umsetzen konnte: die Lichtmühle. Nun haben ungarische Physiker eine ganz ähnliche Konstruktion verwirklicht, allerdings in einem viel kleineren Maßstab. Ihre 'Lichtmühle' ist gerade einige Mikrometer groß. Wie das große Vorbild, dreht sie sich bei Lichteinstrahlung, auch wenn die physikalische Ursache ein wenig anders ist.
Bereits 1873 ersann der Brite William Crookes ein Gerät, das zur Messung von Wärme- und Lichtstrahlung geeignet war – die so genannte Lichtmühle. Sie bestand aus einem kleinen Kreuz, an dessen vier Enden sich jeweils ein quadratisches Metallplättchen befand, das auf einer Seite versilbert und auf der anderen geschwärzt war. Den gesamten Rotor baute Crookes frei beweglich in eine Glaskugel ein, die er anschließend evakuierte. Setzte er die Mühle dem Licht aus, so drehte sich der Rotor.

Crookes meinte, dass für die Drehbewegung der Strahlungsdruck des Lichts verantwortlich sei und veröffentlichte dies. James Clerk Maxwell begutachtete den Bericht, bemerkte aber nicht, dass die Erklärung fehlerhaft war, denn nach Crookes Erklärung hätte sich die Lichtmühle genau entgegengesetzt drehen müssen. Erst ein paar Jahre später konnte Osborne Reynolds den Effekt richtig deuten: Die unterschiedliche Erwärmung des Restgases auf den beiden Flügelseiten und die damit einhergehende Strömung der Gasmoleküle um die Kanten der Plättchen verursachen das Drehmoment. Trotzdem ist auch Crookes Erklärung nicht ganz falsch, nur würde sich der Strahlungsdruck erst bei einem sehr guten Vakuum bemerkbar machen oder bei ganz kleinen Strukturen.

Péter Galajda und Pál Ormos vom Biological Research Center der Hungarian Academy of Science ist es nun gelungen, eine Apparatur zu entwickeln, die der Lichtmühle sehr ähnlich ist, allerdings wesentlich kleiner ausfällt, und deren Funktionsprinzip grob Crookes ursprünglicher Erklärung entspricht. Die Physiker experimentierten mit einer ganzen Reihe von Propellern, Rotoren und Spiralen im Mikrometermaßstab auf der Suche nach einer geeigneten Form, die Lichtenergie in eine Drehbewegung umzusetzen. Ihr Problem war, dass die Abmessungen ihrer Modelle ungefähr der Wellenlänge des Lichts entsprachen. So ließen sich nur sehr schwer Voraussagen darüber treffen, wie das Licht auf die Struktur wirkt, da klassische Modelle in diesen Dimensionen versagen. Also mussten die Forscher solange probieren, bis sich das gewünschte Ergebnis – eine Drehbewegung – zeigte (Applied Physics Letters vom 8. Januar 2001, Abstract).

Die Forscher stellten ihre Strukturen her, indem sie mit Laserlicht die gewünschten Muster in Kunstharz schrieben. Durch eine besondere Art der Polymerisation, angeregt durch die Photonen des Laserlichts, bildete sich dann die endgültige feste Form des Rotors aus. Als ideale Gestalt der Mühle ergab sich eine Form, die entfernt an einen Rasensprenger erinnert.

Ein Laserstrahl hält nun die fertigen Propeller fest wie eine Pinzette und sorgt gleichzeitig für den Antrieb. Der Rotor drehte sich in den Experimenten mehrere Male pro Sekunde. Diese Bewegung ließe sich in Zukunft für vielerlei mikroskopische Maschinen nutzen, so genannte mikroelektromechanische Systeme MEMS (microelectromechanical systems). Mikroskopische Pumpen oder Getriebe wären denkbar. Ein erstes Experiment in diese Richtung ist Galajda und Ormos schon gelungen: Sie haben mit ihrem Rotor ein Zahnrad angetrieben, dass wiederum andere Zahnräder in Bewegung setzte.

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