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News: Mexiko im Jahre 2055

Die durch den Menschen ausgelöste Erwärmung der Erde wird die Ökosysteme verändern. Doch wie stark werden diese Änderungen sein? Wissenschaftler versuchten sich jetzt an einer Prognose für Mexiko. Demnach wird das Land im Jahr 2055 anders aussehen als heute: Etliche Ökosysteme werden gefährlich instabil, und manche Arten werden für immer verschwinden.
Dass der Mensch diesen Planeten kräftig einheizt, bezweifelt mittlerweile kaum noch jemand. Die Folgen dieser anthropogen bedingten Klimaveränderungen bleiben jedoch unklar. Vorhersagen, wie die unterschiedlichen Ökosysteme der Erde auf eine Veränderung des Klimas reagieren, sind schwierig. Manche Ökosysteme zeigen sich gegen Umweltveränderungen äußerst stabil, während andere sehr schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Untereinander sind diese Systeme vernetzt und beeinflussen sich gegenseitig. Dies erschwert einfache Antworten.

Trotz dieser Schwierigkeiten wagte jetzt eine amerikanisch-mexikanische Forschergruppe eine Prognose. Die Wissenschaftler um Townsend Peterson von der University of Kansas pickten sich hierfür ein Land heraus – Mexiko – und versuchten die Veränderungen der Tierwelt, die bis zum Jahre 2055 auftreten werden, vorherzusagen.

Dabei stützten sie sich zunächst auf die gut untersuchte Verteilung der Arten des Landes – und zwar aller 1179 bekannten Vogelarten, aller 416 Säugerarten sowie 175 Schmetterlingsarten. Die entsprechenden Daten stellte ihnen die mexikanische Comisión Nacional para el Conocimiento y Uso de la Biodiversidad (CONABIO) zur Verfügung. Die Verteilung dieser Arten kombinierten sie mit den klimatischen Gegebenheiten am jeweiligen Standort, sodass sich daraus für jede einzelne Art die klimatischen Vorlieben berechnen ließen.

Um jetzt 50 Jahre in die Zukunft zu schauen, gingen die Wissenschaftler von zwei Klimaszenarien des Intergovernmental Panel of Climate Change aus. Beide Szenarien sehen ansteigende Temperaturen und geringere Niederschlägen für Mexiko voraus.

All diese Daten, Klimapräferenzen und Klimaveränderungen, mussten jetzt "nur" noch miteinander verknüpft werden. Dies leistete die hierfür an der University of California in San Diego geschaffene Sofware GARP (Genetic Algorithm for Rule-Set Prediction), die verschiedene Variablen wie Temperatur, Niederschlag, Topografie, Vegetation und Bodenverhältnisse berücksichtigte und diese mit den ökologischen Nischen der Arten kombinierte. Das Programm zeigte sich "lernfähig", indem es Schritt für Schritt die Reaktionen der Arten auf Veränderungen der Umweltbedingungen berechnete und diese wiederum an bekannten Daten testete. Damit verbesserten sich nach jedem Rechenlauf die Vorhersagen, bis schließlich – nach 30 Tagen Rechenzeit – das Ergebnis für das Jahr 2055 vorlag.

Demnach sind die Auswirkungen der Klimaänderungen für die mexikanische Fauna je nach Art und Biotop äußerst unterschiedlich: Während Gebirgsregionen sich nur wenig verändern und relativ robust auf die ansteigenden Temperaturen reagieren, sind Flachgebiete stärker betroffen. Am drastischen werden die Veränderungen laut der Prognose der Wissenschaftler in der Chihuahuan-Wüste in Nordmexiko sein. Hier werden mehr als 40 Prozent der Arten gefährdet sein – mit weit reichenden Konsequenzen, welche die Wissenschaftler im Einzelnen noch nicht absehen können. "Wir werden neue Parasiten und Wirte, neue Räuber und Beutetiere sehen", prophezeit Peterson. "Es werden sich komplett neue biologische Situationen einstellen."

Mit ihrer Computeranalyse liegt jetzt erstmalig eine detaillierte Prognose für die Auswirkungen der Klimaänderungen auf die Biodiversität eines ganzen Landes vor, betont Peterson. "Dies ist wichtig, denn die Veränderungen unseres Klimas sind wie ein großes Experiment, das die ganze Welt betreibt, ohne zu wissen, was dabei herauskommt."

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