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Plattentektonik: Überreste einer alten Megaplatte entdeckt

Um die Welt von heute zu verstehen, müssen wir auch die Plattentektonik von gestern kennen. Überreste einer bislang unbekannten Großplatte wurden nun auf Borneo aufgespürt.
An der Oberfläche erkaltende Lava, die schwarz ist, wird von rot leuchtenden Rissen durchzogen
Unsere Erdplatten kann man sich ein bisschen vorstellen wie diese Bereiche bereits erkalteter Lava, die auf dem glühendroten, geschmolzenen Gestein treiben.

Die Ränder des Pazifischen Ozeans gehören zu den spannendsten Regionen der Geophysik – im wahrsten Sinne des Wortes, wenn man allein schon den zirkumpazifischen Feuerring mit seinen zahlreichen Vulkanen und Erdbeben betrachtet. Die komplizierte Tektonik der verschiedenen, hier aneinandergrenzenden Erdplatten lässt sich aber nur verstehen, wenn man auch ihre Vergangenheit kennt. Einen entscheidenden Teil dieser Geschichte konnten Suzanna van de Lagemaat und Douwe van Hinsbergen von der Universität Utrecht nun rekonstruieren und in »Gondwana Research« beschreiben: die Pontus-Platte, die mittlerweile wieder im Erdinneren verschwunden ist, die aber vor 160 bis 120 Millionen Jahren ein Viertel des Pazifiks ausgemacht hat.

Die Existenz dieser Platte wurde schon in den 2010er Jahren auf Grund von seismischen Daten aus dem Erdmantel prognostiziert, doch erst der Fund von Gestein aus ozeanischer Kruste im Norden der Insel Borneo durch van de Lagemaat bestätigte Pontus. Basierend auf diesen Daten sowie weiteren Gesteinsproben aus verschiedenen asiatischen Gebirgen konnte die Geologin nun mit ihrem Kollegen die gesamte Platte rekonstruieren, die sich damals zwischen der Eurasischen Platte im Nordwesten, verschiedenen Pazifischen Platten im Osten, der Philippinischen Platte im Südosten und Platten des Indischen Ozeans im Süden und Südwesten erstreckte.

»Wir dachten, wir hätten es mit Relikten einer vergangenen Platte zu tun, die wir bereits kannten«, sagt van de Lagemaat: »Aber unsere magnetischen Laboruntersuchungen an diesen Gesteinen ergaben, dass unsere Funde ursprünglich von viel weiter nördlich stammten und Überreste einer anderen, bisher unbekannten Platte sein mussten.« Als Pontus existierte, lag ein riesiger Ozean zwischen Eurasien und Australien, das damals noch mit der Antarktis im Superkontinent Pangäa verbunden war.

Als Pangäa auseinanderbrach und Australien sich nordwärts bewegte, löste sich Pontus langsam auf, weil die Platte in die Tiefen des Erdmantels subduziert wurde. Gleichzeitig drifteten Borneo und die Philippinen mit ihren Platten in ihre heutigen Positionen. Insgesamt bildet der Großraum heute eine der komplexesten plattentektonischen Regionen der Erde.

Im Gegensatz zu früheren Rekonstruktionen dieses Bereichs entschieden sich van de Lagemaat und van Hinsbergen gegen die Verwendung paläogeomagnetischer Daten, um die Lage der Philippinischen Platte im Lauf der Zeit nachvollziehen zu können. Entsprechende Messungen sind aus dieser Region noch kaum vorhanden, was den Nutzen der vorliegenden Daten einschränkt. Stattdessen betrachtete das Duo die gesamte westliche Pazifikregion und ihren Vorgänger, den Panthalassa-Superozean, der Pangäa umgab. Es arbeitete sich dann rückwärts von der heutigen geologischen Anordnung der Platten bis ins Zeitalter des Juras und ging dabei vom einfachsten plattentektonischen Szenario aus, das mit geologischen Beobachtungen übereinstimmte.

Die Ergebnisse verweisen auf Fragmente einer alten Platte, die tief in den Erdmantel eingesunken war und deren Reste seismische Wellen stören und ablenken, was sich als charakteristisches Muster in den Daten abzeichnet. Relikte der Pontus-Platte wurden auch auf der philippinischen Insel Palawan sowie im Südchinesischen Meer gefunden, die letztlich mit der untersuchten Borneo-Formation in Verbindung stehen und das Bild vervollständigten.

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