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Plattentektonik: Megabeben erschütterten schon die junge Erde

Gesteine in Afrika zeugen von gewaltigen tektonischen Kräften schon vor über drei Milliarden Jahren. Bereits damals scheinen Plattengrenzen heftige Erdbeben ausgelöst zu haben.
Blick auf einen großen Erdrutsch, bei dem ganze Blöcke aus einem Hang gebrochen sind.
Erdrutsch nach einem Erdbeben in der Türkei. Ähnliche Prozesse ließen schon vor Milliarden Jahren Teile der Küste in die Tiefsee rutschen.

Eine merkwürdige Gesteinsformation in einer abgelegenen Region von Südafrika birgt die Spuren der ältesten bisher entdeckten schweren Erdbeben. Vor rund 3,3 Milliarden Jahren ließen hier Megabeben ähnlich dem verheerenden Tohoku-Beben von 2011 hunderte Meter große Gesteinsblöcke am Meeresboden in die Tiefsee rutschen. Zu dieser Schlussfolgerung kommen die Geologen Simon Lamb von der Victoria University in Wellington, Neuseeland, und Cornel de Ronde von der Neuseeländischen Forschungsagentur GNS Science anhand von Vergleichen mit jüngeren Tiefseerutschungen in Neuseeland. Wie die beiden Wissenschaftler in der Fachzeitschrift »Geology« berichten, entstanden die uralten Gesteine in Südafrika, als eine Erdplatte unter eine andere abtauchte. Bisher vermuten viele Fachleute, dass die Erde damals zu heiß und zu weich war, um die für gewaltige Beben nötigen Spannungen aufzubauen.

Die Gesteine des Barberton-Grünsteingürtels gaben Fachleuten lange Rätsel auf. Darin liegen Bereiche nebeneinander, die eigentlich nicht zusammengehören: Neben feinem Tiefseeschlamm finden sich Gesteine, die einst in flachem Wasser oder gar an Land entstanden. Enorme Gesteinsblöcke scheinen wild gegeneinander verdreht worden zu sein. Lamb und de Ronde erinnerten die uralten Ablagerungen jedoch an Gesteine in einer ganz anderen Region, die sie gut kannten: das so genannte Great-Marlborough-Konglomerat in Neuseeland. Diese chaotischen Trümmermassen entstanden vor rund 24 Millionen Jahren, als die Pazifische Platte unter Neuseeland abzutauchen begann. Hier rutschten riesige Gesteinsblöcke, getrieben von heftigen Erdbeben, den steilen Hang zur Tiefsee hinab.

Die beiden Forscher postulieren, dass das Gleiche schon vor mehr als drei Milliarden Jahren im heutigen Südafrika geschah. Das ist alles andere als ein unkontroverser Standpunkt – zu jener Zeit, rund eine Milliarde Jahre nach Entstehung der Erde, war das Innere des Planeten viel heißer. Viele Fachleute gehen davon aus, dass die Erdkruste deswegen zu weich und zu dünn war, um starre Erdplatten zu bilden. Wann die moderne Plattentektonik, die Grundlage von Subduktionszonen mit abtauchenden Platten und von ihnen ausgelösten Megabeben, auf der Erde begann, ist heftig umstritten.

Lamb und de Ronde argumentieren jedoch, dass für die Gesteinsansammlung in Südafrika eine Subduktionszone mit schweren Erdbeben zwingend nötig sei. Zwar könnten Gesteinsblöcke im Prinzip auch ohne Subduktionszone vom Kontinent abrutschen, aber um eine große Zahl riesiger Blöcke über dutzende Kilometer Entfernung rutschen zu lassen, sei ein Antrieb notwendig. Eine Subduktionszone liefert diesen Antrieb in Form eines Kontinentalhangs, der durch den Druck der aufeinandertreffenden Platten steiler gemacht wurde, und regelmäßiger Erdbeben, die immer wieder untermeerische Rutschungen auslösten. Zwar könnten auch Meteoriteneinschläge die nötigen Erschütterungen geliefert haben, schreiben sie, aber in Südafrika liegen ganze Stapel riesiger Blöcke – die kosmischen Volltreffer seien schlicht zu selten dafür. Vielmehr sprächen die Befunde in Südafrika dafür, dass abtauchende Platten und gewaltige Erdbeben schon seit über drei Milliarden Jahren den Planeten erschüttern.

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