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Neuroenhancement I: Doping fürs Gehirn

Wird man künftig einfach zum Frühstück eine Pille einwerfen, um Konzentration und Gedächtnis zu steigern? Geht das überhaupt, ohne langfristig das Gehirn zu schädigen?

Unter dem Label "Transhumanismus" plädieren einige Futurologen für eine gesteigerte Version des Menschentums. Der verbesserte Homo sapiens wird demnach schon bald eine Kombination von Spitzentechnologien wie Stammzellen, Robotertechnik und Psychopharmaka nutzen, um die natürlichen Grenzen seiner physischen und psychischen Leistungsfähigkeit zu sprengen. In der Tat ist die Idee, man könnte eine Pille schlucken, um Aufmerksamkeit, Gedächtnis und planmäßiges Handeln zu forcieren, schon heute keine pure Fantasie mehr. Nachdem die 1990er Jahre zur Dekade des Gehirns erklärt worden waren, ist jetzt gewissermaßen das "Zeitalter des besseren Gehirns" angebrochen.

Schlagzeilenträchtige Begriffe wie kosmetische Neurologie, Smart Drugs, Neuroenhancer, Hirndoping oder gar "Viagra fürs Gehirn" zeigen: Pharmakologische Kognitionsverstärker haben Konjunktur. Aus Sicht der Medien ist die Ära der künstlichen Hirnoptimierung schon angebrochen. Unter US-Studenten ist es durchaus üblich geworden, von einem Kommilitonen einige Tabletten des rezeptpflichtigen Medikaments Ritalin (Methylphenidat) auszuborgen, um die ganze Nacht lang hellwach büffeln zu können. Softwareprogrammierer unter Termindruck oder gestresste Manager nehmen Modafinil, einen neueren Muntermacher. Anwender schwören, dass die Substanz viel mehr ausrichtet als zwei Tassen Espresso gegen Schläfrigkeit. Sie berichten von laserscharfer Konzentration, die ihnen hilft, die Feinheiten der organischen Chemie oder die Geheimnisse kollateraler Schuldobligationen zu verstehen.

Wissenschaftler und Pharmaunternehmen sind seit Längerem bemüht, aus Erkenntnissen über die molekulare Grundlage der Kognition Wirkstoffe zu entwickeln, die gezielt geistige Leistungen verbessern – zunächst vor allem für Demenzkranke. Doch Ärzte werden ein Medikament, das bei Alzheimer- oder Parkinsonpatienten wirkt, angesichts einer alternden Bevölkerung bald auch bei milderen Symptomen verschreiben. Die beginnende Debatte über die Ethik des "optimierten Gehirns" erweckt den Eindruck, wir alle könnten demnächst eine Pille für schnelleres Denken kaufen. ...

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  • Quellen

Greely, H. et al.: Towards Responsible Use of Cognitive-Enhancing Drugs by the Healthy. In: Nature 456, S. 702 – 705, 2008

Lee, Y. S., Silva, A. J.: The Molecular and Cellular Biology of Enhanced Cognition. In: Nature Reviews Neuroscience 10, S. 126 – 140, 2009

Rasmussen, N.: On Speed: The Many Lives of Amphetamine. New York University Press, 2008

Schermer, M. et al.: The Future of Psychopharmacological Enhancements: Expectations and Policies. In: Neuroethics 2, S. 75 – 87, 2009

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