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Japan: Holzspan mit Poesie

Ein Auszug...
König Katsuragi war empört: Ein lokaler Machthaber hatte seinem Herrscher einen unstandesgemäßen Empfang bereitet. Zurück am Hofe konnte ihn erst ein liebliches Gedicht seiner Hofdame wieder besänftigen: Reiner als der Anblick des Mount Asaka im Frühjahr sei ihre Ergebenheit, schrieb sie darin. Derart betörend waren ihre Verse, dass sie Eingang in den Manyoshu erhielten, der ältesten japanischen Lyriksammlung. Nun haben japanische Forscher einen Holzspan aus dem 8. Jahrhundert nachchristlichen Jahrhundert entdeckt, der mit eben diesen Zeilen und einem weiteren Gedicht beschriftet ist. Es ist der erste derartige Fund aus der Entstehungszeit des Manyoshu.

In dieser 20-bändigen Anthologie wurden im Verlauf von vier Jahrhunderten etwa 4500 Gedichte von mehr als 560 namentlich genannten und anonymen Autoren zusammengetragen. Vollendet wurde das Werk um 760 n. Chr.  – doch erhielt sich kein Exemplar der Originalfassung. Die nun entdeckte Holzspan wurde wahrscheinlich noch vor dem Abschluss des Gesamtwerks erstellt. Die Forscher entdeckten sie in den Ruinen des Palasts von Shigarakinomyia in der heutigen Stadt Koka.

Der fein verarbeitete Holzspan ist etwa acht mal vierzehn Zentimeter groß und nur etwa einen Millimeter dick und beidseitig beschrieben. Das Gedicht auf der Rückseite wurde aus Anlass der Thronbesteigung des japanischen Kaisers Nintoku verfasst, fand allerdings keine Berücksichtigung im Manyoshu. Dennoch hoffen die Wissenschaftler um Towao Sakaehara von der Osaka City University nun auf neue Erkenntnisse über die Entstehung dieser frühen lyrischen Anthologie.

Christoph Marty

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