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Lexikon der Chemie: Radionuclide

Radionuclide, instabile Nuclide, die sich unter Aussendung von α-, β-, γ- oder Protonenstrahlung, durch K-Einfang oder Kernspaltung direkt oder über Zerfallsreihen zu stabilen Nucliden umwandeln. R. gleicher Kernladungszahl werden als radioaktive Isotope oder Radioisotope bezeichnet. Die noch sehr verbreitete Verwendung dieser beiden Begriffe für die Bezeichnung aller R. ist unkorrekt, da der größte Teil der R. auf künstlichem Wege hergestellt wird.

Erzeugung. Die wichtigsten Methoden sind die Bestrahlung von geeigneten stabiler Nucliden mit energiereich geladenen Teilchen, die aus einem Teilchenbeschleuniger stammen, die Bestrahlung von stabilen Nucliden mit langsamen oder schnellen Neutronen im Kernreaktor und die Kernspaltung. Um R. mit der für die verschiedenen Anwendungszwecke erforderlichen Reinheit und spezifischen Aktivität zu erhalten, müssen spezielle Verfahren angewandt werden, z. B. Niederschläge, die fraktionierte Kristallisation und die Ausnutzung des Szilard-Chalmers-Effekts. Dieser beruht darauf, daß radioaktive Atome durch den nach Neutronenbeschuß auftretenden Rückstoß aus ihren chem. Bindungen herausgeschleudert werden und abgetrennt werden können.

Anwendung. Die R. werden auf vielen Gebieten der Naturwissenschaften (Chemie, Physik, Biologie, Medizin) sowie in vielen Zweigen der Technik angewandt, und zwar entweder als Radioindikatoren (Tracer) oder als Strahlungsquelle. Bei der Anwendung der R. als Strahlungsquelle interessiert die Wechselwirkung der ausgesandten ionisierenden Strahlung mit der be- oder durchstrahlten Substanz. R. als Strahlungsquelle werden in der Technik sehr vielseitig angewandt. So kann z. B. mit der harten Gammastrahlung des radioaktiven Cobaltisotops 60Co eine Prüfung auch dicker Werkstücke vorgenommen werden. Trägt man eine R. enthaltende Paste auf eine Werkstoffoberfläche auf, so markieren die nach dem Entfernen der Paste zurückbleibenden R. die Oberflächenunregelmäßigkeiten. In der Chemie verwendet man R. bei quantitativen Analysen zur Kontrolle der Vollständigkeit von Fällungsreaktionen. Vor der Ausfällung setzt man der Lösung ein R. des zu bestimmenden Elementes zu. Die Fällung ist dann vollständig, wenn im Filtrat keine radioaktive Strahlung mehr nachweisbar ist. Auch chem. Austauschprozesse lassen sich mit R. untersuchen.

In der Medizin werden radioaktive Strahlungsquellen zur Therapie z B. von Geschwülsten eingesetzt. Neben der Bestrahlung von außen mit Bestrahlungsanlagen oder mit Nadeln (oder ähnlichem), die das R. enthalten, ist in einigen Fällen auch eine Bestrahlung bestimmter Organe von innen durch Einnehmen entsprechender radioaktiver Präparate möglich. So können z. B. die Basedowsche Krankheit oder der Schilddrüsenkrebs durch Präparate, die das R. 131I enthalten, bekämpft werden, da die Schilddrüse das Iod speichert und demzufolge von innen bestrahlt wird.

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