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Lexikon - S 7 Lexikon - S 9

Astro-Lexikon S 8


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stellare Schwarze Löcher

Schwarze Löcher treten auf sehr vielfältige Weise im Universum in Erscheinung. Ein Kriterium, um diese Löcher zu klassifizieren ist die Masse bzw. ihre kosmische Entwicklung. Die stellaren Schwarze Löcher sind in dieser Hinsicht etwa so schwer wie Sterne, genauer zwischen drei und etwa hundert Sonnenmassen. In diesem Sinne sind sie als stellar zu verstehen. Ansonsten unterscheiden sich stellare Schwarze Löcher extrem von Sternen. Andere Klassen von Schwarzen Löchern sind die Mini-Löcher, die primordialen Schwarzen Löcher, mittelschwere Schwarze Löcher (intermediate-mass black holes) und supermassereiche Schwarze Löcher.

So entsteht ein stellares Schwarzes Loch

Im Rahmen der Sternentwicklung wandeln die Sterne in verschiedenen Umsetzungszyklen (pp-Kette, CNO-Zyklus etc.) allmählich den nuklearen Brennstoff aus leichten chemischen Elementen in schwere Elemente um. Dies geschieht im heißen Innern über die thermonuklearen Fusionsreaktionen. Dabei entsteht nicht nur Wärme, sondern vor allem auch das charakteristische Sternenlicht, die Leuchtkraft des Sterns. So könnte es ewig weitergehen, wäre da nicht eine natürliche, kernphysikalische Grenze bei dem etwa mittelschweren Element Eisen: Bei der Fusion dieses Elements wird keine Energie mehr frei, so dass nun das hydrostatisches Gleichgewicht des Sterns empfindlich gestört wird, weil die zentrale Energiequelle versiegt. So tritt der Gravitationskollaps ein und der Stern fällt in sich zusammen.
Am Ende dieses Kollapses steht eine Endkonfiguration, die sehr kompakt ist. Wie sie genau beschaffen ist, hängt im Wesentlichen von der Restmasse des Vorläufersterns ab. In der Astronomie unterscheidet man folgende kompakte Objekte:

Neben diesen klassischen drei Vertretern, könnten sich zukünftig die hypothetischen Typen Quarkstern (engl. quark star, QS), seltsamer Stern, Gravastern (engl. gravastar) und Holostern (engl. holostar) als Alternativen bewähren.

gewaltige Sternexplosionen

Bei ausreichend hoher Masse des Vorläufersterns ist der Kollaps und die Verwandlung in einem katastrophalen Ereignis in weiten Teilen des Universums zu sehen. Denn die kollabierenden Sternhüllen werden am kompakten Sternkern reflektiert und treiben eine heftige Sternexplosion: eine Supernova oder eine Hypernova bzw. einen Gammastrahlenausbruch. Hier wird ein Teil des kollabierenden Sterns wieder in den interstellaren Raum geblasen, während der Sternkern im freien Fall in sich zusammenfällt. Bei diesen Sternexplosionen überstrahlt der sterbende Stern für kurze Zeit die Galaxie, in der er sich befindet!

Der ultimative Sieg der Gravitation: ein Loch entsteht

Welche neue Gestalt der Sternkern hat, entscheidet seine Masse. Der Kollaps kann durch Drücke aufgehalten werden, die nur mit der Quantentheorie (nämlich dem Pauli-Prinzip) zu verstehen sind. So kann der Entartungsdruck der Fermionen (Elektronen bei WD, Neutronen bei NS) zur Stabilisierung des Kollapsars führen; überschreitet die Kollapsmaterie eine Masse von etwa drei Sonnenmassen, so ist die Bildung eines stellaren Schwarzen Loches unausweichlich!

Eigenschaften des stellaren Loches

Es ist auf der Basis des Drehimpulserhaltungssatzes der Physik anzunehmen, dass sich die Rotation des Vorläufersterns auf das Loch überträgt. Ein rotierendes Schwarzes Loch wird in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie als rotierende Raumzeit beschrieben. Hier verwenden die Theoretiker im Speziellen die Kerr-Lösung. Diese Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen hat nur zwei Eigenschaften: Masse und Drehimpuls (= Rotation). Alle anderen 'Haare' (siehe Keine-Haare-Theorem) des Vorläufersterns werden durch die Emission von Gravitationswellen abgestrahlt.

Wo gibt es stellare Löcher?

Stellare Schwarze Löcher sind in der Milchstraße häufig anzutreffen, und es gibt sehr gute Kandidaten, die vielerorts als Röntgendoppelsterne in Erscheinung treten. Von diesen Röntgendoppelsternen mit Schwarzem Loch (black hole X-ray binary, BHXB) kennen die Astronomen derzeit etwa 40 Stück in unserer Heimatgalaxie (McClintock et al., ApJ 2006) - sicherlich gibt davon tausende. Es muss sie aber auch in anderen Galaxien in großer Zahl geben!.
In einem BHXB bilden stellare Schwarze Löcher eine Partnerschaft mit einem 'normalen' Stern. Es gibt nicht nur Doppel-, sondern auch Mehrfachsternsysteme. Ist der Begleiter ein Riesenstern, so kann es zur Überschreitung des Roche-Volumens kommen. Dann findet ein Massentransfer über den inneren Lagrange-Punkt auf die kompakte Komponente, das Loch, statt. Auf diese Weise wird das Schwarze Loch von seinem Wirtsstern gefüttert und durch Akkretion aktiv.

einige Quellennamen von stellaren Löchern

Zu den Galaktischen Schwarzen Löcher (engl. Galactic Black Holes, GBHs) zählen beispielsweise

  • das historisch zuerst entdeckte Schwarze Loch Cyg X-1,
  • das nächstgelegene kosmische Schwarze Loch überhaupt: XTE J1118+480,
  • Cyg X-3, wie Cyg X-1 im Sternbild Schwan (international: Cygnus),
  • das mit 14 Sonnenmassen bislang schwerste stellare Schwarze Loch in GRS 1915+105, das auch nahe am Maximalwert rotiert.

Jets von stellaren Löchern

In Analogie zu den Quasaren, die leuchtkräftigste Variante Aktiver Galaktischer Kerne, nennt man einige Röntgendoppelsterne wie GRS 1915+105 Mikroquasare. Sie zeigen wie ihre gigantischen Brüder relativistische, radiolaute Jets.

Ursprung der Röntgenstrahlung

Die starke Röntgenemission ist eine Folge der Materieaufsammlung (Akkretion) des Schwarzen Lochs. In der Regel bildet sich bei der Akkretion eine undurchsichtige (Astronomenjargon: optisch dicke) Standardscheibe aus. Die Scheibe strahlt Wärmestrahlung ab, die wegen der enormen Temperaturen im inneren Bereich der Scheibe im Röntgenbereich liegt. Das ist gerade die Röntgenstrahlung der BHXBs. Die Scheibe reicht nach innen bis zur so genannten marginal stabilen Bahn. Dieser Innenrand ist näher beim Loch, wenn es rotiert. Die Röntgenstrahlung wird umso energiereicher (härter), wenn der Innenrand näher am Loch liegt. Auf diese Weise nutzen Röntgenastronomen die Röntgenstrahlung, um die Eigenschaften der Akkretionsscheibe und die Lochrotation zu messen. Eine weitere Methode, die diese Eigenschaften zu bestimmen erlaubt, ist die Analyse von Eisenlinien. Sie werden jedoch nicht von allen Quellen ausgesandt.
Letztendlich fällt das meiste akkretierte Materiel in das 'Nadelöhr Loch'. Das kompakte Gebiet wird dabei stark aufheizt und setzt neben der hochenergetischen, thermischen Strahlung (Planckscher Strahler) auch nicht-thermische Strahlung wie Synchrotronstrahlung frei. Außerdem zeigen sich in den Spektren Comptonisierte Kontinua: weiche Strahlung aus der Umgebung (Scheibe, Hintergrundstrahlung) wird hier durch inverse Compton-Streuung in harte Strahlung verwandelt. So entstehen die harten Röntgen- und Gammaspektren.
Je nachdem, wie viel Futter das Loch pro Zeit erhält (wie groß demnach die Akkretionsrate ist) können sich innen auch andere Akkretionsflüsse ausbilden. Einer davon ist der advektionsdominierte Akkretionsfluss oder ADAF, der räumlich ausgedehnt und evaporiert ist. Im Gegensatz zur Standardscheibe ist er auch durchsichtig (optisch dünn) und kann die Funktion einer Korona übernehmen.

kleine und große Löcher sind verwandt

Die Akkretionsphysik ist bei allen Schwarzen Löchern - egal wie schwer - ähnlich. Die Astrophysiker versuchen alle Löcher mit einer einheitlichen Physik zu beschreiben. Durch die Materieaufsammlung wächst das Loch: die Masse wird größer und damit auch der Einflussbereich des Loches (z.B. der Ereignishorizont). Ein Teil der einfallenden Materie wird jedoch wieder vom Loch als Jets und Winde herausgeschleudert.
Die Verwandtschaft von stellaren und supermassereichen Schwarze Löcher konnte anhand charakteristischer Zeitskalen in Variationen der Röntgenstrahlung demonstriert werden (McHardy et al., Nature 444, 730, 2006). Der Schlüssel für diese Entdeckung bestand darin, dass die zeitlichen Variationen um die Akkretionsrate korrigiert werden müssen, bevor man leichte und schwere Löcher vergleicht.

Stern
Sonne

Die Sterne sind die ureigenen Forschungsobjekte der Astronomie. Neben dem Erdmond und den hellsten Planeten sind sie der visuellen Beobachtung sehr einfach zugänglich. Der 'Stern vor unserer Haustür' ist die Sonne. Das Bild oben zeigt eine Beobachtung des Sonnenobservatoriums SOHO im UV-Licht des einfach ionisierten Heliums (HeII), aufgenommen 1997 (große Version, Credit: SOHO/EIT, ESA & NASA, 1997). Die Sonnengranulation, Eruptionen und eine Protuberanz links unten sind deutlich zu erkennen. Das Sonnenlicht benötigt von der Oberfläche unseres Heimatgestirns nur gut 8 Minuten bis zur Erde. Die Sonne ist der am besten untersuchte Stern. Es verwundert kaum, dass deshalb die Anfänge der Astronomie von der Stellarphysik geprägt waren.

Zum Begriff Stern

Der Begriff Stern im landläufigen Sinne umfasst alles, was am Nachthimmel als helles (mit bloßem Auge punktförmiges) Objekt erscheint, also auch die helleren Planeten des Sonnensystems.
Sterne im engeren Sinne der Astrophysik sind jedoch näherungsweise kugelförmige Ansammlungen von ionisiertem Gas, das durch thermonukleare Fusionsprozesse Energie vor allem in Form von elektromagnetischer Strahlung freisetzt. Die häufig zu lesende Definition eines Sterns als 'selbstleuchtendes Objekt' (wohingegen Planeten nur angestrahlt werden und diese Strahlung reflektieren) ist kritisch, denn die Thermodynamik lehrt, dass alle Objekte strahlen, weil sie eine endliche Temperatur aufweisen: Es sind Wärmestrahler (Planck-Strahler). So erzeugen schon die inneren Gasplaneten, Jupiter und Saturn, mehr eigene Strahlungsenergie, als sie von der weit entfernten Sonne erhalten. Sterne in der besseren Definition sind also kosmische Fusionsreaktoren, in denen leichte Elemente zu schweren fusioniert werden. Astrophysiker sprechen in diesem Zusammenhang gerne vom Brennen, was chemisch nicht ganz korrekt ist. Gemeint ist immer eine Verschmelzung von Atomkernen - die stellare Nukleosynthese.
Nach dieser engeren Definition sind Braune Zwerge keine Sterne, sondern eher verwandt mit Planeten. Dies brachte ihnen auch den Namen 'Jupiters' ein, weil sie nur wenige Vielfache schwerer sind als der größte der Gasplaneten im Sonnensystem. Braune Zwerge gewinnen ihre geringe Strahlungsenergie nicht aus der Fusion, dazu sind sie zu leicht, sondern aus der Kompression von Gas.

Auf einen Stern wirken folgende Kräfte

  • ihre eigene Gewichtskraft, also die Gravitation,
  • der Gasdruck, der durch eine Zustandsgleichung für das Gas gegeben ist,
  • die Zentrifugalkraft, weil der Stern rotiert,
  • der Strahlungsdruck, weil im Innern des Sterns thermonukleare Fusionsprozesse ablaufen, die Photonen unterschiedlicher Energie freisetzen. Photonen haben einen Impuls und üben entsprechend einen Druck auf eine Fläche aus. Die aus der Fusion gewonnene Strahlung wandert durch das Plasma des Sterns, wird dabei gestreut, absorbiert und reemittiert und erreicht irgendwann seine Oberfläche (hydrodynamisches Strahlungstransportproblem). Diese Grenzschicht nennt man Photosphäre, weil hier die Photonen den Bereich des Sterns verlassen. Tagsüber sehen wir bei guten Sichtverhältnissen die dünne Photosphäre der Sonne als helle Berandungsfläche (Besser mit Schutzbrille beobachten!).

hydrostatisches Gleichgewicht

Eine Bilanz aller Kräfte (oder alternativ Drücke) im Stern führt auf eine Bedingung für das hydrostatische Gleichgewicht. In vielen Fällen befindet sich der Stern in einem stationären Zustand und verändert sich in seiner äußeren Gestalt kaum. Dies gilt insbesondere für die Hauptreihensterne (engl. main sequence stars).

Das Hertzsprung-Russell-Diagramm der Sterne

Diese Bezeichnung rührt daher, weil viele beobachtete Sterne in einer Auftragung ihrer Leuchtkraft über ihrer (effektiven) Oberflächentemperatur eine von links oben nach rechts unten verlaufende Linie bevölkern. Diese Form der Auftragung heißt Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD) und ist fundamental in der Stellarphysik. Die charakteristische Linie heißt Hauptreihe. Alternativ kann im Diagramm anstelle der Effektivtemperatur die Spektralklasse auf der Abszisse (x-Achse) aufgetragen werden. Das HRD war historisch zunächst eine Darstellung von Helligkeit über der Farbe des Sterns, die etwas einfacher der damaligen visuellen Beobachtung zugänglich waren.
Es gibt aber auch Sterne, die sich in einem sehr dynamischen Zustand befinden und pulsieren: Der Sternradius oszilliert, oft auch mit regelmäßigen Perioden, wie es bei den Cepheiden oder den RR Lyrae-Sternen der Fall ist. Diese Objekte findet man auf dem so genannten Instabilitätsast im HRD. Dieser Typus von Pulsationsveränderlichen zeigt eine variable Leuchtkraft, weil seine Oberfläche schwingt.

Sterne - nach Alter sortiert

Eine Klassifikation von Sternen ist im Rahmen der Sternentwicklung nach ihrem Alter möglich. Am Anfang stehen die Protosterne und die YSOs. Dann folgt ein Zustand, der als eher 'ruhige Phase' charakterisiert werden kann (was von sonnenartigen Sternen mittleren Alters anzunehmen ist) oder sehr dynamisch sein kann, wie bei den Pulsationsveränderlichen. Bestimmte Sterne kommen auch in ein Stadium, das man als Roten Riesen bezeichnet. Dabei bläht sich der Stern um ein Vielfaches auf. Diese Phase wird auch die Sonne in einigen Milliarden Jahren durchlaufen und sich dabei die inneren Planeten Merkur und Venus einverleiben. Auf der Erde wird es dann so ungemütlich heiß, dass sogar die Ozeane verdampfen!

Vom Schicksal der Sterne

Am Ende der Sternentwicklung stehen zwei Möglichkeiten, die von der Sternmasse abhängen. Entweder gibt es ein spektakuläres Finale in Form einer Sternexplosion - einer Supernova, einer Hypernova oder einem Gamma Ray Burst, was nur massereichen Sternen vorbehalten ist. Oder der Stern streift seine äußeren Hüllen nach dem Rote-Riesen-Stadium (Post-AGB-Phase) ab und bildet dabei einen farbenprächtigen, planetarischen Nebel aus, in dessen Zentrum ein Weißer Zwerg sitzt. Das letzte Szenario gilt für masseärmere, sonnenartige Sterne.
Die Endkonfiguration eines Sterns wird ebenfalls im Wesentlichen von der Masse des Vorläufersterns bestimmt. Entweder die Konfiguration wird in der Supernova vollständig zerrissen, so dass kein Relikt, sondern nur verteilte 'Asche' übrig bleibt oder es bildet sich ein kompaktes Objekt aus. Massearme Sterne werden zu Weißen Zwergen, was von der Sonne in etwa 6 Milliarden Jahren zu erwarten ist (dann geht der 'Brennstoff' für die Fusion aus). Massereichere Sterne enden mit steigender Ausgangsmasse als Neutronenstern, eventuell auch als Quarkstern, als stellares Schwarzes Loch oder - alternativ zu letztgenannten - als Gravastern oder Holostern, sollten diese Raumzeiten tatsächlich in der Natur realisiert sein.
Kein Stern durchläuft alle diese Phasen! Im Wesentlichen bestimmt seine Masse sein Schicksal und an welchen der oben genannten Phasen bzw. Klassifizierungen er teilnimmt. Daraus kann man zu einer Vorstellung über die Entwicklung von Sternen gelangen und vollständige Entwicklungspfade von 'Sternengeburt' bis 'Sternentod' im HRD eintragen.

Sternpopulationen

Eine weitere Klassifikation von Sternen gelingt über deren Gehalt an Metallen bzw. deren Position in ihrer Galaxie (Bulge, Scheibe oder Halo): Die Population unterscheidet dann drei Sternpopulationen. Dies entspricht einer zeitlichen Einordnung von Sternen im Rahmen der Kosmologie. PopIII-Sterne gehören in dieser Terminologie zu der ersten Generation von Sternen im Universum.

Zustandsgrößen von Sternen

Unter dem Eintrag Zustandsgröße werden wichtige stellare Merkmale vorgestellt, die ihre Charakterisierung und Klassifikation erlauben. Der wichtigste Parameter eines Sterns ist seine Masse, weil sie über die weitere Entwicklung und das Ende des Sterns entscheidet. Die Grenzmasse zur thermonuklearen Fusion von Wasserstoff darf sogar als Definitionskriterium für einen Stern herangezogen werden, wie eingangs beschrieben wurde.

aktuelle Forschung

Die Stellarphysik ist zwar eine klassische Disziplin der Astronomie, dennoch sind eine Reihe von Fragen rund um Sterne nicht vollends geklärt: So ist beispielsweise unklar, wie schwer Sterne prinzipiell werden können. Diese Frage hängt mit einer weiteren Herausforderung zusammen, nämlich wie die ersten Sterne im Kosmos entstanden (PopIII, s.o.). Ebenso neu ist die Erkenntnis, dass die Masse-Leuchtkraft-Relation massearmer Sterne bisher falsch bewertet wurde. Zu diesen Themen gibt es ebenfalls Beschreibungen im Eintrag Zustandsgröße.

Sternentstehung

Die Sternentstehung behandelt wohl eine der fundamentalen Fragen der Astronomie:

Woher kommen die hellen Lichtpunkte an der Himmelssphäre?

HRD - ein nützliches Entwicklungsdiagramm

Die Sterne durchlaufen in ihrem 'Leben' eine Reihe von Stadien, die auch in der Regel einen eigenen Namen erhalten haben. Eine Einordnung und übersichtliche Darstellung der Sternentwicklung gelingt durch Pfade im Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD). Doch bevor die Sterne auf die Hauptreihe gelangen (was die meisten Sterne auch tun), hat man es mit sehr jungen Objekten zu tun: mit Protosternen und YSOs. Es soll nun dargestellt werden, wie und unter welchen Voraussetzungen diese Objekte entstehen.

Das Jeans-Kriterium

Das physikalische Kriterium für die Entstehung eines Sterns ist die Jeans-Masse. Diese Grenzmasse legt fest, bei welchen Dichten, Temperaturen und astrochemischen Voraussetzungen eine Ausgangsmasse, z.B. eine Gaswolke, gravitativ instabil wird und kollabiert. Dabei zeigt sich, dass nicht eine Wolke zu einem Stern kollabiert, sondern eine riesige Gaswolke von etwa 3000 Sonnenmassen gravitativ instabil wird, kollabiert und schließlich in kleinere Klumpen zerbricht - sie fragmentiert, wie die Astrophysiker sagen. Erst diese Fragmente bilden die Ausgangsobjekte (engl. building blocks) für die Protosterne. Dies belegen auch komplexe Simulationen mit dem Zugang der SPH (Smoothed Particle Hydrodynamics).
Der Zahlenwert von 3000 Sonnenmassen ergibt sich gerade bei Zugrundelegung typischer Verhältnisse im interstellaren Medium (ISM): Dichten von 1 cm-3 und tiefen Temperaturen von etwa 10 K.
Bei einer Temperatur von 100 K erhält man eine Jeans-Masse von 100 000 Sonnenmassen. Diese Masse ist vergleichbar mit der Masse der Kugelsternhaufen.

Riesenmolekülwolken: Brutstätten der Sterne

Die Gaswolken kennt man auch unter der Bezeichnung Riesenmolekülwolken (engl. giant molecular clouds, GMCs). Ihre Ausdehnung sind typischerweise bei etwa 300 Lichtjahren. Sie befinden sich vor allem in den Spiralarmen von Galaxien und sind mit 10 bis 20 K extrem kalt. Aus diesem Grund liegt hier der Wasserstoff in molekularer Form (H2) vor. Daneben gibt es weitere Moleküle wie Kohlenmonoxid (CO), Schwefelkohlenstoff (CS) und Ammoniak (NH3), was die Astronomen spektroskopisch anhand molekularer Spektrallinien nachgewiesen haben. Dieses Material befindet sich in dichten Kernen der GMCs und hat eine wesentlich kleinere Jeans-Masse von etwa einer Sonnenmasse! Dies könnte also den Kollaps zu sonnenartigen Sternen erklären.
Das Wasserstoffmolekül kann durch Hitze oder Strahlung wieder in seine Bestandteile zerlegt werden (Dissoziation). Molekularer Wasserstoff dissoziiert erst bei einer Energie von 4.478 eV pro Molekül, entsprechend einer hohen Temperatur von 2000 K. Diese Temperaturen werden erst dann erreicht, wenn die molekularen Kerne der GMCs isotherm kollabieren und sich schließlich adiabatisch erhitzen. Der Staub geht dann direkt von der festen in die gasförmige Phase über (Sublimation). Unter diesen Voraussetzungen setzt der Kollaps auf den Protostern ein.

junge Sterne verstecken sich

Die astronomischen Beobachter haben bei den Protosternen immer das Problem, dass diese eingebettet sind in Gaswolken, aus denen sie entstehen. Der kalte Staub besitzt eine sehr hohe Opazität, so dass die Wolke eine optisch dicke Region darstellt. Diese Dunkelwolken weisen so hohe Extinktionen auf, dass keine Chance besteht, die Protosterne in ihren frühen Phasen (Klasse 0 YSOs) optisch zu detektieren. Meist weichen die Astronomen dann auf Infrarotstrahlung aus, die durch den Staub durchgelassen wird. Im Eintrag Extinktion gibt es dafür zwei schöne Nebelbeispiele, und im Eintrag Lokale Gruppe befindet sich in dieser Hinsicht eine interessante Gegenüberstellung von optischer und infraroter Aufnahme der Großen Magellanischen Wolke (LMC).
Hier betrachten wir Beispiel, das von lähmender Schönheit ist:

Der offene Sternhaufen Pismis 24 mit massereichen, jungen Sternen, HST 2006

Das Foto ist ein direkter Blick in einen 'Sternenkinderstube' und wurde mit dem Weltraumteleskop Hubble aufgenommen (Credit: NASA/ESA, J.M. Apellaniz, 2007; große Version). Im Bild links sieht man das typische Aussehen einer Sternentstehungsregion: ein heller Emissionsnebel (NGC 6357) wird von Dunkelwolken aus Staub durchzogen, in deren Innern verborgen die Sterne entstehen. Rechts vom Nebel befindet sich eine 'Kinderschar' von Sternen, die sich bereits durch ihren heftigen Strahlungsdruck vom umgebenden Material befreien konnte. Es ist der offene Sternhaufen mit der Bezeichnung Pismis 24. Die jungen Sterne rechts verursachen gerade das helle Leuchten des Emissionsnebels links, weil sie mit ihrer hochenergetischen Strahlung das Nebelmaterial zum Leuchten anregen. Die Region um Pismis 24 offenbart nicht nur eine faszinierende Schönheit der Natur - sie ist auch aus astrophysikalischer Sicht hochinteressant. Denn der hellste Stern im offenen Sternhaufen ist der bislang massereichste Stern der Milchstraße: die Beobachtungen ergeben zusammen mit den Sternmodellen eine Masse von etwa 200 Sonnenmassen! Damit übertrumpft dieser Superstern sogar η Carinae.

auch junge Sterne geben Röntgenstrahlen ab!

Mit der oben beschrieben Staubsublimation bei etwa 1500 K, fällt die Opazität rasant ab (Opazitätslücke). Jetzt kann Akkretion einsetzen, was den Protostern mit Materie anreichert. An der Oberfläche bilden sich durch die Abbremsung akkretierten Materials Schockfronten aus, die sehr hohe Temperaturen von bis zu einer Million Kelvin erzeugen (beobachtete, thermische Röntgenemission der Klasse 1 YSOs)! Die harten Photonen dieses Planckspektrums passieren ungehindert die Opazitätslücke und treffen auf weiter außen liegenden Staub. Dort werden sie wieder absorbiert und als weiche Infrarotphotonen reemittiert (Staubkühlung). Protosterne sind also typischerweise hinter einer Staubhülle (dust envelope) verborgen und treten erst optisch in Erscheinung, wenn diese durch stellare Aktivität (Strahlungsdruck aus Brennzyklen) weggeblasen werden. Dann beginnt die typische Phase der T Tauri-Sterne.
Der Drehimpuls des akkretierten Materials und des Protosterns flacht das Gebilde geometrisch zu einer Scheibe ab. Die Staubscheibe ist charakteristisch für T Tauri-Sterne, wird jedoch sukzessive durch Strahlungsdruck und Teilchenwind abgetragen.

Strange Star

Ein besonderer, hypothetischer Quarkstern, der aus Strange-Materie besteht, also aus gleichen Anteilen u-, d- und s-Quarks. Die deutsche Bezeichnung ist seltsamer Stern (siehe dort für weitere Details).
Seltsam sind diese Sterne in der Tat, doch bezieht sich seltsam auf die Quanteneigenschaft (Quantenzahl) Seltsamkeit.

Stringtheorien

Die Stringtheorie (engl. string theory) ist eine Theorie, die Elementarteilchen und die zwischen ihnen wirkenden Kräfte beschreibt. Dabei zielt sie insbesondere auf eine Unifikation ab, d.h. es wird der Versuch unternommen, die fundamentalen Naturkräfte in einem einheitlichen Bild zu beschreiben. Weil dabei auch die Gravitation sowie die Quantisierung berücksichtigt werden, ist die Stringtheorie auch eine Variante einer Quantengravitation.

Warum String?

Etymologisch geht die Bezeichnung Stringtheorie (engl. string: Saite) darauf zurück, dass in der Theorie zunächst nur eindimensionale, fadenförmige Gebilde eine besondere Rolle spielten. Das Anregungsspektrum dieser schwingungsfähigen Objekte wurde mit den bekannten Elementarteilchen des Standardmodells in Verbindung gebracht: je nach Schwingungszustand sollte der String ein bestimmtes Teilchen repräsentieren.

Geschichtliches

Die Entwicklung der Stringtheorien war historisch betrachtet nicht geradeaus, sondern - wie bei der Quantentheorie auch - sprunghaft und über Umwege. Die Forschung dauert an, und so werden immer wieder neue Erkenntnisse zu den Stringtheorien veröffentlicht. Die Stringtheorien wurden in den 1960er Jahren bei der Diskussion der Streumatrix-Theorie motiviert, enthalten aber auch wesentliche Erkenntnisse, die die Kaluza-Klein-Theorie bereits in den 1920er Jahren offen legte - so z.B. die Kompaktifizierung.
Die historische Urform der Stringtheorie ist die bosonische Stringtheorie. Sie wurde Ende der 1960er und in den 1970er Jahren entwickelt, um die starke Wechselwirkung mit quantenmechanischen Strings zu beschreiben. Diese Theorie hat 26 Dimensionen, 25 Raum- und eine Zeitdimension! Diese Stringtheorie beschreibt nur Bosonen und damit vor allem die Kräfte in der Natur, die durch Bosonen vermittelt werden. Fermionen (z.B. Elektronen, Quarks und Neutronen sind Fermionen) sind leider nicht enthalten. Eine weitere Unzulänglichkeit ist, dass die bosonische Stringtheorie Teilchen mit imaginärer Masse hervorbringt, die Tachyonen. Solche Teilchen wurden nie beobachtet und würden fundamentale Probleme in der Physik hervorrufen, z.B. mit der Kausalität. All diese Probleme der bosonischen Stringtheorie einerseits und die Erfolge der Quantenchromodynamik bei der Beschreibung der starken Wechselwirkung andererseits, führten schließlich zur Aufgabe dieser ersten Version der Stringtheorie.
Die 1970er Jahre waren ausgezeichnet durch die Vermutung, dass die Stringtheorien alle vier Wechselwirkungen in der Natur vereinigen könnten - siehe auch Vereinheitlichung. Eine überraschende Entdeckung war, dass in den Stringtheorien so genannte Spin-2-Anregungen (Tensorbosonen) auftraten, die die Physiker gerade mit dem Austauschquant der Gravitation, dem (hypothetischen) Graviton, in Verbindung bringen. Anfangs hatten die Stringtheorien oft phänomenologische und semi-klassische Grundzüge, aber auch der Formalismus der erfolgreichen Quantenfeldtheorien wurde benutzt. Mitte der 1980er Jahre stellte sich heraus, dass nicht nur Strings als Fäden, sondern auch höherdimensionale Objekte möglich sind. Diese Gebilde wurden von Paul Townsend p-Branen mit einer Dimension p getauft. Der Wortbestandteil Bran nimmt Bezug auf Membran, also ein flächenhaftes, schwingfähiges Objekt. Bei verschwindender Dimension, p = 0, hat man es mit einer 0-Bran zu tun, einem Punktteilchen; eine 1-Bran entspricht dem wohl bekannten, eindimensionalen String; die 2-Bran ist eine zweidimensionale Fläche, die man Membran nennt usw.
1997 fand Juan M. Maldacena die so genannte AdS/CFT-Korrespondenz (dazu später mehr), die völlig neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Gravitation und Teilchenphysik offen legte und zu aktiver Forschung in den Stringtheorien anregte.
Moderne Teilchenbeschleuniger wie der Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) in den USA und der Ende 2007 startende Large Hadron Collider (LHC) am CERN liefern wichtige, experimentelle Daten, die u.a. mit Prognosen der Stringtheorien verglichen werden können.
Die Stringtheorien haben auch Einzug in die Astronomie gehalten. Dort bieten sie interessante Szenarien für Materie unter extremen Bedingungen, z.B. im Innern von kompakten Objekten an. In der Kosmologie wurden stringtheoretische Modelle vorgeschlagen, die unser Universum in völlig neuem Licht erscheinen lassen.

Die Stringtheorie oder die Stringtheorien?

Bis etwa Mitte der 1990er Jahre kannten die Theoretiker eine 26D bosonische Stringtheorie und fünf verschiedene, zehndimensionale Stringtheorien. Damit ist eine Formulierung wie '...das basiert auf den Stringtheorien.' ebenfalls in Ordnung. In den Stringtheorien wurde eine in der Physik sehr vertraute Methode ausgenutzt, die Störungstheorie heißt. Mit diesem mathematischen Apparat konnten physikalisch relevante Aussagen getroffen werden.

neue Sicht auf elementare Bausteine der Materie

Die Sichtweise des Standardmodells, dass die fundamentalen Bausteine der Materie, Quarks und Leptonen, punktförmig seien, wird in der Stringtheorie dadurch abgelöst, dass alle Teilchen als Anregungs- oder Schwingungszustände eines solchen Strings angesehen werden. Dabei ist die Schwingungsenergie des Strings assoziiert mit der Masse des Teilchens. Die Nullpunktsschwingung, die man mit dem Grundzustand der Quantenmechanik identifiziert, entspreche einem Teilchen mit Masse Null. Dies seien gerade die masselosen, bosonischen Austauschteilchen (Eichbosonen) wie das Photon, die Gluonen oder das Graviton. Angeregte Schwingungsmoden repräsentieren Teilchen höherer Masse, wie Elektronen, Neutrinos und Quarks. Die unteilbaren Konstituenten der Materie sind gemäß der Stringtheorie winzige schwingende Fäden oder Flächen auf der Planck-Längenskala (10-35 m).

Punktteilchen, offene und geschlossene Strings

verschiedene Typen von Strings

In der String-Topologie unterscheidet man geschlossene Strings (engl. closed strings) von offenen Strings (engl. open strings). Das Graviton und skalare Felder (z.B. das Dilaton) werden durch geschlossene Strings repräsentiert, während die anderen Eichbosonen offene Strings sind. Die Abbildung oben illustriert die topologisch verschiedenen Strings unten und zeigt darüber die zeitliche Entwicklung dieser Strukturen in einem Raum-Zeit-Diagramm. In der zeitlichen Entwicklung erscheint das Punktteilchen (0-Bran) als Linie (links), während die offenen oder geschlossenen Strings (1-Branen) flächenhaft erscheinen (Mitte und rechts).

Die fünf Stringtheorien

Die Terminologie der Stringtheorien definierte seit etwa Mitte der 1980er Jahre folgende fünf verschiedene, zehndimensionale Stringtheorien:

  • Typ I,
  • Typ IIA,
  • Typ IIB,
  • O-heterotisch oder SO(32)
  • und E-heterotisch oder E8 × E8.

Typ I

Die Stringtheorie Typ I behandelt offene und geschlossene Strings. Typ I Strings sind nicht orientiert und elektrische Isolatoren. Offene Strings haben Ränder, auf denen sie elektrische Ladungen tragen. Bei den offenen Strings fixiert man an den Enden Randbedingungen vom Dirichlet-Typ (wie bekannt aus der klassischen Elektrodynamik), daher nennt man sie auch D-Brane. Die Typ I Stringtheorie ist wohl eine äquivalente Formulierung der schwachen Wechselwirkung.

Typ IIA und IIB

Diese beiden Stringtheorien behandeln ausschließlich geschlossene Strings. Typ IIA und IIB Strings sind elektrische Isolatoren. Der Unterschied zwischen Typ IIA und IIB besteht darin, dass Typ IIA keine Orientierung der Strings aufweist, aber Typ IIB hingegen schon. Weiterhin ist die Eichsymmetrie von Typ IIA eine U(1)-Gruppe, wohingegen Typ IIB keine Eichsymmetrie hat.

O-heterotisch und E-heterotisch

Diese heterotische Stringtheorien beschreiben auch nur geschlossene Strings, die orientiert und supraleitend sind. Der Unterschied der beiden besteht in der Eichgruppe: sie heißt SO(32) bei der O-heterotischen Stringtheorie, aber sie heißt E8 × E8 bei der E-heterotischen Stringtheorie.
Die beiden heterotischen Stringtheorien bilden sich aus Kombination von Typ II Stringtheorien und bosonischen Stringtheorien. Die Erweiterung auf fermionische Strings gelang im Ramond-Neveu-Schwarz-Modell, kurz RNS-Modell genannt. In diesem Modell erweiterten die Theoretiker die Polyakov-Wirkung, die Strings auf gekrümmten Hintergrundmetriken beschreibt so, dass die Weltfläche eine lokale Supersymmetrie aufweist. Wie gewohnt, führen Wirkungsfunktionale oder alternativ Lagrangedichten, die man ansetzt auf Bewegungsgleichungen (Feldgleichungen). Deren Lösungen sind mit Feldern assoziiert, die gerade bestimmte Teilchen repräsentieren. Die RNS-Wirkung liefert gerade solche Lösungen, die man Majorana-Weyl-Spinoren nennt. An diese offenen oder geschlossenen Strings kann man Randbedingungen stellen. Eine Vorzeichenwahl legt dann Ramond-Randbedingungen (R-Randbedingungen) oder Neveu-Schwarz-Randbedingungen (NS-Randbedingungen) fest. Der Hilbert-Raum hat dann einen R-Sektor und einen NS-Sektor. Die sich ergebenden Wellenfunktionen sind mit Fourier-Koeffizienten gewichtet und können mit Bosonen (symmetrische Zustände) bzw. Fermionen (antisymmetrische Zustände) identifiziert werden.

Superstringtheorien: supersymmetrische Stringtheorien

Alle fünf Stringtheorien sind supersymmetrisch. Aus diesem Grund heißen sie auch Superstringtheorien. Supersymmetrie (SUSY) vermeidet die oben erwähnten tachyonischen Anregungszustände, die zu Akausalitäten führen.
SUSY herrscht zwischen zwei Teilchengruppen: den Bosonen und den Fermionen. Jedes Boson habe einen fermionischen Superpartner, und jedes Fermion habe einen bosonischen Superpartner. Das habe zur Konsequenz, dass weit mehr Teilchen existieren müssen, als im Standardmodell bekannt sind. So hätte das bosonische Graviton den fermionischen Superpartner Gravitino oder die Eichbosonen als Superpartner fermionische Gauginos (Beschreibung der Suffixe unter SUSY). Alle diese supersymmetrischen Partner haben relativ große Massen. Deshalb wurden sie bisher in Teilchenbeschleunigern oder anderen Experimenten nicht entdeckt. Beunruhigend ist in der Tat, dass bisher kein einziges SUSY-Teilchen experimentell nachgewiesen wurde - weder direkt, noch indirekt! Nur die Beobachtung, dass die Kopplungskonstanten der vier Wechselwirkungen, die gewissermaßen ein Maß für die Stärke der jeweiligen Kraft ist, energieabhängig sind und sich zu hohen Energien einander nähern, weist auf die Existenz der SUSY hin.

Was leisten die Stringtheorien?

  • Jede der fünf Stringtheorien enthält die Gravitation, d.h. es gelingt eine Beschreibung der Gravitation auf der Quantenebene (Quantengravitation).
  • Die Stringtheorien sagen eine supersymmetrische Natur voraus. Bislang wurde diese Eigenschaft nicht experimentell bestätigt, aber falls das der Fall sein wird (eventuell schon bald in modernen Teilchenbeschleunigern), würde das sehr für die Superstringtheorien sprechen. SUSY wird von den meisten Teilchenphysikern als vernünftige Erweiterung des Standardmodells der Teilchenphysik betrachtet.
  • Mit den Stringtheorien können Berechnungen im Regime starker Kopplung der Quantenchromodynamik durchgeführt werden, wo die Störungstheorie der herkömmlichen Feldtheorien versagt. Mit diesen QCD-Strings können beispielsweise die experimentellen Daten von Gold-Gold-Stößen, die am Teilchenbeschleuniger RHIC gemessen wurden, sehr gut erklärt werden.
  • Ende der 1990er Jahre wurde im Rahmen der Stringtheorien eine der wichtigsten Erkenntnisse der theoretischen Physik in jüngster Zeit gefunden: die so genannte AdS/CFT-Korrespondenz. Diese Korrespondenz besteht zwischen einer Stringtheorie auf einer 5D Anti-de-Sitter-Raumzeit (abgekürzt AdS), die die Gravitation berücksichtigt und einer konformen Feldtheorie (engl. conformal field theory, abgekürzt CFT) ohne Gravitation, die nur auf dem 4D Rand operiert. Die 5D-Strings vermögen nun eine Reihe der Eigenschaften der 4D-QCD (Yang-Mills-Theorie) zu beschreiben. Es ist sogar gelungen, diese Dualität für andere Raumzeiten zu verallgemeinern: sie gestaltet sich dann als eine fundamentale Dualität zwischen Eichung und Gravitation (gauge/gravity dual).
  • Mit den Methoden der Stringtheorien lässt sich die Bekenstein-Hawking-Entropie berechnen. Das Resultat stimmt mit demjenigen der klassischen Theorie Schwarzer Löcher überein. Diese Parallele allein besagt nicht viel; aber es lassen sich äußerst interessante Analogien zwischen Quantenchromodynamik und Schwarzen Löchern ziehen: So entspreche ein Übergang in ein Quark-Gluonen-Plasma, wie es die 4D-QCD beschreibt, phänomenologisch der Erzeugung eines Schwarzen Loches in der 5D-Stringtheorie (Maldacena, Nature 423, 695, 2003). Die Bekenstein-Hawking-Entropie klassischer Schwarzer Löcher hängt dann mit der Entropie eines Plasmas aus Quarks und Gluonen zusammen! Das sind vollkommen neue Einsichten in die Natur.
duale Verknüpfung von fünf Stringtheorien und der Supergravitation zur M-Theorie

M-Theorie - mysteriöser Überbau von sechs Theorien

Neben den fünf Stringtheorien kennen die Physiker die davon (scheinbar) unabhängige Supergravitation, die Supersymmetrie und Allgemeine Relativitätstheorie (ART) miteinander verknüpft. Nach 1995 entdeckten die Stringtheoretiker, dass die fünf Stringtheorien miteinander über bestimmte, mathematische Relationen, den Dualitäten, in Zusammenhang stehen (Horava & Witten 1996). Die Forscher vermuteten, dass eine übergeordnete Theorie höherer Dimension existiere, die alle Stringtheorien enthalte: die elfdimensionale M-Theorie. M steht für wahlweise für magic, mystery oder matrix - alles Eigenschaften, die der M-Theorie zugeschrieben werden. Erstaunlicherweise stellte sich heraus, dass die M-Theorie eine weitere Theorie enthält: die ebenfalls elfdimensionale Supergravitation (SUGRA). SUGRA und M-Theorie stimmen bei kleinen Energien überein, d.h. die Supergravitation ist der Niederenergielimes der M-Theorie (Horava & Witten 1996). Die Abbildung oben fasst die fünf Stringtheorien und SUGRA zur M-Theorie zusammen. Bis heute sind nur wenige Eigenschaften der M-Theorie bekannt. Die Stringtheoretiker wissen nur, dass sie

  • elfdimensional sei,
  • der Supergravitation im Limes kleiner Energien entspreche,
  • ihre Objekte, die M-Branen, Strings und p-Branen seien,
  • sie nicht perturbativ, also störungstheoretisch nicht zugänglich, sei.

Wenn mindestens zwei Strings miteinander wechselwirken, kommt eine physikalische Größe ins Spiel, die Kopplungskonstante heißt. Die numerische Zugänglichkeit der Stringtheorien hängt empfindlich von dieser Größe ab, weil man den Apparat der Störungsrechnung verwendet. Ist die Kopplungskonstante kleiner als eins, ist eine störungstheoretische (perturbative) Behandlung möglich. Ist sie größer als eins, gibt es in seltenen Ausnahmefällen alternative Methoden. Das gestaltet die Formulierung und experimentelle Verifikation der M-Theorie so außerordentlich schwierig.

Wo stecken die anderen Raumdimensionen?

Eine interessante Frage ist nun, weshalb die sechs zusätzlichen Raumdimensionen, die jede der fünf zehndimensionalen Stringtheorien gegenüber der vierdimensionalen Raumzeit der ART mehr hat, nicht im alltäglichen Leben bzw. in physikalischen Messungen in Erscheinung treten. Antwort: Sie sind 'sehr klein', oder wie Physiker sagen, sie sind kompaktifiziert. Unter Kompaktifizierung versteht man, dass Raumdimensionen auf kleinen Raumskalen 'zusammengerollt' sind. Deshalb bleiben sie in der Regel verborgen. Vorstellen kann man es sich anschaulich so, dass beispielsweise eine gezeichnete Linie, die uns als Betrachter eindimensional erscheint, bei hoher Vergrößerung mit einem Mikroskop weitere Dimensionen offenbart: die Linie erscheint dicker, ausgedehnt und wird zu einem zweidimensionalen Streifen.
In den zehndimensionalen Stringtheorien untersucht man nun bestimmte Unterräume mit weniger als zehn Dimensionen, die flach (engl. flat) oder gekrümmt (engl. curved oder warped) sein können. Dazu gehören die Orbifolds, Mannigfaltigkeiten die singuläre Punkte aufweisen und Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten, die Ricci-flach (der Ricci-Tensor verschwindet) und vom Typ her Kähler-Metriken sind. Diese Unterräume werden von kompaktifizierten Raumdimensionen aufgespannt. Im Allgemeinen kann man alle Stringtheorien und die elfdimensionale Supergravitation in Untermannigfaltigkeiten zerlegen: So entsprechen die Typ II Stringtheorien einer Zerlegung in die zuvor bekannte vierdimensionale Raumzeit und dreidimensionale Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit. Die heterotischen Stringtheorien können in die vierdimensionale Raumzeit sowie einer K3-Fläche und einem zweidimensionalen Torus zerlegt werden. Schließlich 'synthetisiert' man die elfdimensionale Supergravitation aus vierdimensionaler Raumzeit, dreidimensionaler Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit und einem eindimensionalen Kreis.
Ein Soliton ist ein bestimmter Typus einer Welle, ein Wellenpaket, das sich besonders stabil ausbreitet. Es gibt diese gegenüber Störungen sehr widerstandsfähigen Wellen in vielen Bereichen der Physik, so z.B. sowohl in der Optik (optisches Soliton), als auch in der Akustik und Hydrodynamik (Soliton-Wasserwelle). Alle p-Branen der Stringtheorien, die Solitonen sind, lassen sich als Lösungen einer elfdimensionalen Supergravitation finden.
Die Welt der ART ist vierdimensional. Die anderen sieben Dimensionen der Supergravitation bzw. M-Theorie sind kompaktifiziert. Die neuen Dimensionen bezeichnen die Physiker auch als Extradimensionen, die bisher nicht experimentell nachgewiesen werden konnten. Bei kurzen Abständen erwartet man, dass das Newtonsche Gravitationsgesetz mit seiner typischen r2-Abfall für die Gravitationskraft nicht mehr gültig ist. Dies überprüfen die Physiker in Cavendish-Experimenten und anderen Tests. Bislang fanden sie dabei keine Anzeichen für weitere Raumdimensionen außer den klassischen dreien. Das erklären die Stringtheoretiker so, dass die Extradimensionen auf noch kleineren Abständen kompaktifiziert seien, als in Experimenten getestet werden kann. Die aktuelle Grenze liegt im Bereich von Mikrometern, d.h. der so genannte Kompaktifizierungsradius müsse kleiner sein, als ein Millionstel Meter.
Auch in modernen Teilchenbeschleunigern könnte es möglich sein, die Extradimensionen abzuzählen, nämlich dann, wenn die Experimentatoren dort künstlich ein Schwarzes Loch im Miniformat erzeugen und dessen Zerfall durch Hawking-Strahlung beobachten könnte. Die Stringtheorien könnten erklären (aber sie fordern es nicht zwingend!), falls die fundamentale Planck-Skala reduziert sei und daher Effekte der Quantengravitation bereits auf der TeV-Skala auftreten könnten (TeV-Quantengravitation). Dann würden Teilchenbeschleuniger wie der LHC diese Effekte sichtbar machen können.

String landscape: blühende Landschaften der Stringwelt

Die Formulierung von Stringtheorien auf verschiedenen Calabi-Yau-Räumen kann Spiegelsymmetrien aufweisen, so dass das Studium der einen Stringtheorie etwas über die entsprechende dual gespiegelte Stringtheorie verrät.
Eine generelle Problematik ist, dass es möglich ist, unter einer Vielzahl von Calabi-Yau-Räumen auszuwählen. Daraus folgen jedoch beliebig viele Grundzustände (metastabile Vakua) in den Stringtheorien. Diese enorme Zahl falscher Vakua wird unter dem Begriff Stringtheorie-Landschaft (engl. string theory landscape) zusammengefasst.

neue Schwarze Löcher in Stringtheorien

Es ist sogar möglich, im Branen-Formalismus die klassischen Schwarzen Löcher der ART zu verallgemeinern. Die punktförmigen Schwarzen Löcher wären demgemäß 0-Branen, deren Generalisierungen in Form einer 1-Bran, dem Schwarzen String (engl. black string) und der 2-Bran, der Schwarzen Bran (engl. black brane) existierten. Wie in der Quantenfeldtheorie folgen die Bewegungsgleichungen oder Feldgleichungen oder Euler-Lagrange-Gleichungen aus der angesetzten Lagrangedichte (Lagrangian). Die klassische Hilbert-Einstein-Langrangedichte (notiert in der Gleichung rechts) Hilbert-Einstein-Lagrangedichte führt auf eine Bewegungsgleichung (eom, engl. equation of motion), die das Verschwinden des Ricci-Tensors diktiert. Diese Gleichung hat also Ricci-flache Lösungen, z.B. ungeladene Schwarze Löcher (Schwarzschild-Lösung). Setzt man hingegen die Einstein-Maxwell-Lagrangedichte an, die den Maxwell-Tensor enthält, so findet man Branen-Verallgemeinerungen der klassischen Reissner-Nordstrøm-Lösung.
Eine entsprechende Verallgemeinerung des Ansatzes für den Einstein-Maxwell-Lagrangian in elf Dimensionen führen auf Lösungen, die man pp-Welle (einem bestimmten Typ einer Gravitationswelle) und Taub-NUT-Lösung nennt. Letzteres ist eine nicht-diagonale Metrik, die nicht asymptotisch flach ist. Die seltsame Bezeichnung dieser Vakuumlösung der Einsteinschen Feldgleichungen geht auf die Relativisten zurück, die sie erstmals fanden: A.H. Taub 1951 und in erweiterter Form E.T. Newman, Unti sowie Tamborino 1963. Mit einer 'tauben Nuss' hat diese Lösung nichts zu tun.
Schwarze Löcher können auch durch Schwingungsmoden von 3-Branen repräsentiert werden. Sie tragen dann Masse, elektrische Ladung und Drehimpuls. Damit entspricht dies der Kerr-Newman-Lösung Schwarzer Löcher. Das erstaunliche Ergebnis ist, dass die Stringtheorie exakt die gleiche Entropie vorhersagt, wie sie als thermodynamisches Analogon in der Theorie Schwarzer Löcher gefunden wurde, nämlich die Bekenstein-Hawking-Entropie.
Im Rahmen des D-Branen-Formalismus kann auch die Hawking-Strahlung beschrieben werden: Wechselwirkende offene Strings auf einer D-Brane führen zur Emission von geschlossenen Strings. Diese Behandlung liefert ein so genanntes Graukörper-Spektrum (engl. grey-body spectrum), einer Erweiterung des klassischen Schwarzkörper- oder Planck-Spektrums, das um einen energieabhängigen Absorptionsquerschnitt erweitert ist.

Branenkosmologie

In der modernen, relativistischen Kosmologie werden ebenfalls Konzepte der Stringtheorien angewendet. Ein Modell besteht darin, eine größere Zahl zueinander paralleler Branen auf einer flachen Hintergrundmetrik anzusetzen. Offene Strings gehen an der einen Bran aus und enden an einer anderen. Solche Szenarien laufen unter dem Etikett Stringkosmologie oder Branenkosmologie. Konkrete Beispiele sind das ADD-Szenario und die Randall-Sundrum-Modelle, die großen Anklang in der modernen Kosmologie gefunden haben. Eine besonders spektakuläre Anwendung dieser Form ist das Ekpyrotische Szenario und dessen Erweiterung, das Zyklische Universum (Khoury et al. 2001, Steinhardt & Turok 2001). Diese Modelle liefern sogar eine Erklärung des Urknalls! Jedoch: Sollten sich diese Modelle als richtig erweisen, so stützen sie zwar die Stringtheorie, beweisen jedoch nicht strikt ihre formale Notwendigkeit und Richtigkeit, denn auch eine vierdimensionale Feldtheorie reicht schon als mathematische Basis aus.

Stringtheorien als 'Weltformel'?

Die Physiker suchen nach einer Theory Of Everything (TOE), einer 'Theorie für Alles', die alle vier fundamentalen Wechselwirkungen in einer einheitlichen, theoretischen Sichtweise vereint. Bei der Vereinheitlichung der elektromagnetischen, schwachen und starken Wechselwirkung ist das bereits in Form der Großen Vereinheitlichten Theorien (GUT) gelungen, einer SU(5)-Theorie ohne Strings.
Nur die Gravitation macht ernste Probleme eingebettet zu werden. Die Sonderrolle der Gravitation kann man auch daran sehen, dass in einigen Modellen schwache, starke und elektromagnetische Kraft (also das Standardmodell) nur auf den zehndimensionalen 'Wänden' der elfdimensionalen Welt der M-Theorie existieren, während die Gravitation in der kompletten elfdimensionalen Welt (Bulk) vorherrsche! Viele solcher Bulk-Bran-Systeme wurden vorgeschlagen, die eine Menge interessanter, physikalischer Aspekte bergen - doch keines davon konnte als das Modell für die Natur auserkoren werden. Die Erforschung geht weiter. Die Stringtheoretiker hoffen, dass sie so mehr über die M-Theorie erfahren und die Gravitation als etwas Neues, jenseits der Einsteinschen Theorie, entschleiern.

Kritik an den Stringtheorien

Die aktuelle Forschung auf dem Gebiet der Stringtheorien gestaltet sich so, dass Methoden der Stringtheorien - die nicht nur Strings beschreiben, wie nun klar sein sollte - auf bekannte Probleme der Quantenphysik, Teilchenphysik und Astrophysik angewendet werden. Dies offenbart erstaunliche, neue Perspektiven auf bekannte Phänomene, die oft über den bisherigen Verständnishorizont hinausgehen. Trotzdem bleiben uns die Stringtheorien bzw. die bekannten Facetten der M-Theorie nach wie vor den Beweis schuldig, dass sie konsistente, physikalische Theorien sind. Die ernste Frage ist, ob Stringtheorien wirklich die Natur beschreiben oder eine anspruchsvolle, mathematische Phantasie sind. Kritiker der Stringtheorien werfen ein, dass sie bisher nicht nachweisbare Konzepte, wie die Existenz von Extradimensionen und die Supersymmetrie, verfolgt. Diese Konzepte sind notwendig, um konsistente Stringtheorien (Vermeidung von Tachyonen etc.) zu entwickeln, verweigern sich jedoch bisher hartnäckig jedem experimentellem Nachweis. Diese Einwände sind ernst zu nehmend, berechtigt und mündeten in eine Suche nach Alternativen zu den Stringtheorien.

Alternative zur Stringtheorie

In der so genannten Loop-Quantengravitation (LQG) wurde ein anderer Ansatz gefunden. Der entscheidende Unterschied ist der Folgende: die Stringtheorien folgen quantenfeldtheoretischen Methoden, d.h. Teilchen und Felder werden auf einem Hintergrund, der Raumzeit, betrachtet. Sämtliche Gebilde 'leben' auf dieser Bühne. Die LQG dagegen ist unabhängig von einem Hintergrund. Diese Eigenschaft bezeichnet man mathematisch als (aktive) Diffeomorphismus-Invarianz. Die Hintergrundunabhängigkeit folgt auf natürliche Weise den Prinzipien der klassischen ART, denn hier wird die Raumzeit selbst als deformierbares, dynamisches Gebilde angesehen; in diesem Sinne ist es kein Hintergrund, sondern dynamische Variable. Das hat aber einen hohen Preis: die gewohnten Begriffe von Position und Zeit verlieren ihre Gültigkeit. Die Denkweise der LQG ist anspruchsvoll und neu: sie basiert im Wesentlichen auf Loop-Zuständen, die man sich als Schleifen vorstellen kann. Diese Schleifen formen ein 'Gitter'. Die im Allgemeinen gekrümmte Raumzeit (Sprache der Relativitätstheorie) taucht dann in Form angeregter Zustände (Sprache der Quantentheorie) der Schleifen auf. Das Konzept folgt eher demjenigen der Quantenmechanik, wo ein Hamilton-Operator, die Dynamik des Systems in Form einer Schrödinger-Gleichung festlegt. So wie man das Spektrum des Hamilton-Operators in der quantenmechanischen Behandlung des Wasserstoffsproblems durchführt und die elektronischen Wellenfunktionen sowie Energieeigenwerte gewinnt, kann man in der LQG das Spektrum des Holonomie-Operators berechnen, um die Raumzeit als angeregte Loop-Zustände zu interpretieren.
Die LQG kann allerdings nur eine Alternative zu den Stringtheorien in dem Sinne sein, dass sie eine andere Variante einer Quantengravitation darstellt - die LQG leistet es nicht, alle Naturkräfte zu vereinheitlichen. Schwache, starke und elektromagnetische Wechselwirkung werden in der LQG nicht quantisiert.
Einer der Pioniere auf dem Gebiet der LQG, Carlo Rovelli, hat einen sehr lesenswerten, kritischen Dialog zum Thema 'Stringtheorien vs. Loop-Quantengravitation' verfasst. Er enthält keine Formeln, setzt aber fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der Quantenmechanik, Quantenfeldtheorien und Relativitätstheorie voraus, Titel: A dialog on quantum gravity, hep-th/0310077.
Die LQG liefert einige wohl definierte Resultate, die experimentell getestet werden können. Eine Falsifikation von Vorhersagen der Stringtheorien ist ungleich schwieriger, weil viel Spielraum für alternative Stringmodelle oder andere Parameter besteht. Hier begegnet man Aspekten der Wissenschaftstheorie, wo gefordert wird, dass eine Theorie falsifizierbar, also widerlegbar, sein muss. Ist sie es nicht, so sagt diese Theorie alles und nichts über die Natur aus (die sie ja beschreiben soll) und ist in diesem Sinne unpragmatisch und dogmatisch.
Bei der Reproduktion des Standardmodells der Teilchenphysik tun sich beide Theorien schwer. Hier besteht besonderer Forschungsbedarf. Eine experimentelle Falsifikation von Extradimensionen oder der Supersymmetrie würde die Stringtheorie in arge Bedrängnis bringen, während die LQG ohne diese Konzepte auskommt. Die Antwort liegt also leider in der Zukunft. Stringtheoretiker (stringy people) und Verfechter der Loop-Quantengravitation (loopy people) hoffen, dass entweder die modernen Teilchenbeschleuniger oder kosmologische Beobachtungen die entscheidenden Hinweise bringen werden, die für die eine oder für die andere Theorie sprechen - oder für etwas vollkommen Neues.

Quellenverweise und weitere Informationen

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Andreas Müller © Andreas Müller, August 2007

Index

A
Abbremsparameter
ADAF
ADD-Szenario
ADM-Formalismus
AdS/CFT-Korrespondenz
AGB-Stern
Äquivalenzprinzip
Akkretion
Aktiver Galaktischer Kern
Alfvén-Geschwindigkeit
Alfvén-Zahl
Allgemeine Relativitätstheorie
Alpha-Zerfall
AMR
anthropisches Prinzip
Antigravitation
Antimaterie
Apastron
Apertursynthese
Aphel
Apogäum
Astronomie
Astronomische Einheit
asymptotisch flach
Auflösungsvermögen
Axion
AXP
B
Balbus-Hawley- Instabilität
Bardeen-Beobachter
Baryogenese
Baryonen
baryonische Materie
Bekenstein-Hawking- Entropie
Beobachter
Beta-Zerfall
Bezugssystem
Bianchi-Identitäten
Big Bang
Big Bounce
Big Crunch
Big Rip
Big Whimper
Birkhoff-Theorem
Blandford-Payne- Szenario
Blandford-Znajek- Mechanismus
Blauverschiebung
Blazar
BL Lac Objekt
Bogenminute
Bogensekunde
Bosonen
Bosonenstern
Boyer-Lindquist- Koordinaten
Bran
Brans-Dicke- Theorie
Brauner Zwerg
Brill-Wellen
Bulk
C
Carter-Konstante
Casimir-Effekt
Cauchy-Fläche
Cepheiden
Cerenkov-Strahlung
Chandrasekhar-Grenze
Chaplygin-Gas
Chiralität
Christoffel-Symbol
CMB
CNO-Zyklus
Comptonisierung
Cosmon
C-Prozess
D
Deep Fields
Derricks Theorem
de-Sitter- Kosmos
DGP-Szenario
Diffeomorphismus
differenzielle Rotation
Distanzmodul
Dodekaeder-Universum
Doppler-Effekt
Drei-Kelvin-Strahlung
Dunkle Energie
Dunkle Materie
E
Eddington-Finkelstein- Koordinaten
Eddington-Leuchtkraft
Effektivtemperatur
Eichtheorie
Einstein-Ring
Einstein-Rosen- Brücke
Einstein-Tensor
Eisenlinie
Eklipse
Ekliptik
Ekpyrotisches Modell
Elektromagnetismus
Elektronenvolt
elektroschwache Theorie
Elementarladung
Energie
Energiebedingungen
Energie-Impuls-Tensor
Entfernungsmodul
eos
eos-Parameter
Epizykel
Ereignishorizont
erg
Ergosphäre
eV
Extinktion
Extradimension
extragalaktisch
extrasolar
extraterrestrisch
Exzentrizität
F
Falschfarbenbild
Fanaroff-Riley- Klassifikation
Faraday-Rotation
Farbindex
Farbladung
Farbsupraleitung
Feldgleichungen
Fermi-Beschleunigung
Fermionen
Fermionenstern
Fernparallelismus
Feynman-Diagramm
FFO
FIDO
Flachheitsproblem
FLRW-Kosmologie
Fluchtgeschwindigkeit
Frame-Dragging
f(R)-Gravitation
Friedmann-Weltmodell
G
Galaktischer Schwarz-Loch-Kandidat
Galaxie
Gamma Ray Burst
Gamma-Zerfall
Geodäte
Geometrisierte Einheiten
Geometrodynamik
Gezeitenkräfte
Gezeitenradius
Gluonen
Grad
Granulation
Gravastern
Gravitation
Gravitationskollaps
Gravitationskühlung
Gravitationslinse
Gravitationsradius
Gravitations- rotverschiebung
Gravitationswellen
Gravitomagnetismus
Graviton
GRBR
Große Vereinheitlichte Theorien
Gruppe
GUT
GZK-cutoff
H
Hadronen
Hadronen-Ära
Hamilton-Jacobi- Formalismus
Harvard-Klassifikation
Hauptreihe
Hawking-Strahlung
Hawking-Temperatur
Helizität
Helligkeit
Herbig-Haro- Objekt
Hertzsprung-Russell- Diagramm
Hierarchieproblem
Higgs-Teilchen
Hilbert-Raum
Hintergrundmetrik
Hintergrundstrahlung
HLX
HMXB
Holostern
Homogenitätsproblem
Horizont
Horizontproblem
Horn-Universum
Hubble-Gesetz
Hubble-Klassifikation
Hubble-Konstante
Hydrodynamik
hydrostatisches Gleichgewicht
Hyperladung
Hypernova
Hyperonen
I
IC
Inertialsystem
Inflation
Inflaton
intergalaktisch
intermediate-mass black hole
interplanetar
interstellar
Isometrien
Isospin
Isotop
ITER
J
Jahreszeiten
Jansky
Jeans-Masse
Jet
K
Kaluza-Klein-Theorie
Kaup-Grenzmasse
Kaonen
Kataklysmische Veränderliche
Keine-Haare- Theorem
Kepler-Gesetze
Kerr-de-Sitter- Lösung
Kerr-Lösung
Kerr-Newman- de-Sitter- Lösung
Kerr-Newman- Lösung
Kerr-Schild- Koordinaten
Killing-Felder
Killing-Tensor
K-Korrektur
Koinzidenzproblem
Kollapsar
Kompaktes Objekt
Kompaktheit
Kompaktifizierung
Kompaneets-Gleichung
konforme Transformation
Kongruenz
Koordinatensingularität
Kopenhagener Deutung
Korona
Korrespondenzprinzip
Kosmische Strahlung
Kosmische Strings
Kosmographie
Kosmologie
Kosmologische Konstante
Kosmologisches Prinzip
kovariante Ableitung
Kovarianzprinzip
Kreisbeschleuniger
Kretschmann-Skalar
Krümmungstensor
Kruskal-Lösung
Kugelsternhaufen
L
Laborsystem
Ladung
Lagrange-Punkte
Lambda-Universum
Lapse-Funktion
Laserleitstern
Lense-Thirring- Effekt
Leptonen
Leptonen-Ära
Leptoquarks
Leuchtkraft
Leuchtkraftdistanz
Levi-Civita- Zusammenhang
Licht
Lichtjahr
Lichtkurve
Lie-Ableitung
Linearbeschleuniger
LINER
Linienelement
LIRG
LMXB
LNRF
Lokale Gruppe
Loop-Quantengravitation
Lorentz-Faktor
Lorentzgruppe
Lorentzinvarianz
Lorentz-Kontraktion
Lorentz-Transformation
Lundquist-Zahl
Luxon
M
Machscher Kegel
Machsches Prinzip
Machzahl
Magnetar
magnetische Rotationsinstabilität
Magnetohydrodynamik
Magnitude
marginal gebundene Bahn
marginal stabile Bahn
Markariangalaxie
Maxwell-Tensor
Membran-Paradigma
Mesonen
Metall
Metrik
Mikroblazar
Mikrolinse
Mikroquasar
Milchstraße
Minkowski-Metrik
Missing-Mass- Problem
mittelschwere Schwarze Löcher
MOND
Monopolproblem
Morphismus
M-Theorie
Myonen
N
Neutrino
Neutronenreaktionen
Neutronenstern
Newtonsche Gravitation
No-Hair-Theorem
Nova
Nukleon
Nukleosynthese
Nullgeodäte
O
Öffnung
Olbers-Paradoxon
O-Prozess
Oppenheimer-Volkoff- Grenze
optische Tiefe
Orthogonalität
P
Paradoxon
Paralleluniversum
Parsec
partielle Ableitung
Pauli-Prinzip
Penrose-Diagramm
Penrose-Prozess
Pentaquark
Periastron
Perigäum
Perihel
periodisch
persistent
Petrov-Klassifikation
PG1159-Sterne
Phantom-Energie
Photon
Photonenorbit
Photosphäre
Pion
Pioneer-Anomalie
Planck-Ära
Planckscher Strahler
Planck-Skala
Planet
Planetarische Nebel
Poincarégruppe
Poincaré- Transformation
Polytrop
Population
Post-Newtonsche Approximation
Poynting-Fluss
pp-Kette
p-Prozess
Prandtl-Zahl
primordiale Schwarze Löcher
Prinzip minimaler gravitativer Kopplung
Protostern
Pseudo-Newtonsche Gravitation
Pulsar
Pulsierendes Universum
Pyknonukleare Reaktionen
Q
QPO
Quant
Quantenchromodynamik
Quantenelektrodynamik
Quantenfeldtheorie
Quantengravitation
Quantenkosmologie
Quantenschaum
Quantensprung
Quantentheorie
Quantenvakuum
Quantenzahlen
Quark-Ära
Quark-Gluonen- Plasma
Quarks
Quarkstern
Quasar
quasi-periodisch
Quasi-periodische Oszillationen
Quelle
Quintessenz
R
Radioaktivität
Radiogalaxie
Radion
Randall-Sundrum- Modelle
Randverdunklung
Raumzeit
Rayleigh-Jeans- Strahlungsformel
Ray Tracing
Reichweite
Reionisation
Reissner-Nordstrøm- de-Sitter- Lösung
Reissner-Nordstrøm- Lösung
Rekombination
relativistisch
Relativitätsprinzip
Relativitätstheorie
Renormierung
Reverberation Mapping
Reynolds-Zahl
RGB-Bild
Ricci-Tensor
Riemann-Tensor
Ringsingularität
Robertson-Walker- Metrik
Robinson-Theorem
Roche-Volumen
Röntgendoppelstern
Roter Riese
Roter Zwerg
Rotverschiebung
Rotverschiebungsfaktor
r-Prozess
RRAT
RR Lyrae-Sterne
Ruhesystem
S
Schallgeschwindigkeit
scheinbare Größe
Schleifen- Quantengravitation
Schwache Wechselwirkung
Schwarzer Körper
Schwarzer Zwerg
Schwarzes Loch
Schwarzschild-de-Sitter- Lösung
Schwarzschild-Lösung
Schwarzschild-Radius
Schwerkraft
Seltsamer Stern
Seltsamkeit
Seyfert-Galaxie
Singularität
skalares Boson
SNR
Soft Gamma-Ray Repeater
Sonne
Spektraltyp
Spezialität
Spezielle Relativitätstheorie
Spin
Spin-Netzwerk
Spinschaum
Spin-Statistik-Theorem
Spintessenz
s-Prozess
Standardkerzen
Standardmodell
Standardscheibe
Starke Wechselwirkung
Statisches Universum
Staubtorus
Stefan-Boltzmann- Gesetz
stellare Schwarze Löcher
Stern
Sternentstehung
Strange Star
Stringtheorien
Subraum
Supergravitation
supermassereiche Schwarze Löcher
Supernova
Supernovaremnant
Superstringtheorie
Supersymmetrie
Symbiotische Sterne
Symmetrie
Symmetriebrechung
Symmetriegruppe
Synchrotron
Synchrotronstrahlung
Synchrozyklotron
T
Tachyon
Tagbogen
Tardyon
Teilchen
Teilchenbeschleuniger
Tensorboson
Tensoren
Tetraden
Tetraquark
TeVeS
Thermodynamik
thermonukleare Fusion
Tiefenfeldbeobachtung
Tierkreis
TNO
Topologie
topologische Defekte
Torsionstensor
Trägheit
transient
Transit
Triple-Alpha-Prozess
T Tauri Stern
Tunneleffekt
U
ULIRG
ULX
Unifikation
Unitarität
Universum
Unruh-Effekt
Urknall
V
Vakuum
Vakuumstern
Vektorboson
Velapulsar
Veränderliche
Vereinheitlichung
Viele-Welten- Theorie
VLA
VLBI
VLT
VLTI
Voids
VSOP
W
Walker-Penrose- Theorem
Weakonen
Weinberg-Winkel
Weiße Löcher
Weißer Zwerg
Wellenfunktion
Weylsches Postulat
Weyl-Tensor
Wheeler-DeWitt- Gleichung
Wiensche Strahlungsformel
Wilson-Loop
WIMP
Wolf-Rayet-Stern
w-Parameter
Wurmlöcher
X
X-Bosonen
X-Kraft
X-ray burster
Y
Y-Bosonen
Yerkes- Leuchtkraftklassen
YSO
Yukawa-Potential
Z
ZAMO
Zeit
Zeitdilatation
Zodiakallicht
Zustandsgleichung
Zustandsgröße
Zwerge
Zwergplanet
Zwillingsparadoxon
Zyklisches Universum
Zyklotron